Grasfroschweibchen stellen sich tot um Männchen los zu werden



Bio-News vom 16.10.2023

Auch sehr häufige und gut untersuchte einheimische Arten halten immer noch große Überraschungen bereit. Die Forschenden Carolin Dittrich und Mark-Oliver Rödel vom Museum für Naturkunde Berlin konnten zeigen, dass Grasfroschweibchen, entgegen vorherigen Annahmen, Männchen ablehnen können und dafür verschiedene Abwehrverhalten entwickelt haben. Das Spektrum reicht vom Drehen des Körpers, „Lass-mich-Los-Grunz-Rufen“ und wenn alles nichts hilft: Tot stellen!

Als „explosiv“ ablaichende Art bezeichnet man Frösche oder Kröten mit einer sehr kurzen Fortpflanzungszeit. Das Brutgeschehen beschränkt sich dabei in der Regel im zeitigen Frühjahr auf wenige Tage bis zwei Wochen. In dieser Zeit versammeln sich hunderte bis tausende von Tieren am Teich.


Grasfröschepaarung - Hier scheints zu klappen!

Publikation:


Carolin Dittrich and Mark-Oliver Rödel
Drop dead! Female mate avoidance in an explosively breeding frog

Royal Society

DOI: 10.1098/rsos.230742



Da Grasfroschweibchen älter werden müssen, um sich fortzupflanzen und dies dann oft nicht jedes Jahr tun können, die Männchen sich aber jährlich am Teich einfinden, sind letztere in der großen Überzahl und konkurrieren um das seltenere Geschlecht. Die Männchen sind nicht wählerisch und umklammern mit großer Kraft alles, was sich bewegt. Wird ein anderes Männchen geklammert, ruft dieses, um den Fehler anzuzeigen.


In der Fortpflanzungszeit im Frühjahr während weniger Tage versammeln sich hunderte bis tausende von Tieren am Teich.

Bislang nahm man an, dass sich die Weibchen in diesen Laichgesellschaften nicht gegen die Nötigung durch die Männchen wehren können. Nicht selten klammern sogar viele Männchen ein Weibchen und es kommt zur Formierung eines „Paarungsballes“. In diesen stirbt das Weibchen häufig. Carolin Dittrich und Mark-Oliver Rödel vom Museum für Naturkunde Berlin konnten nun zeigen, dass die Weibchen sich sehr wohl zu wehren wissen, und zwar mit ganz unterschiedlichen Verhaltensweisen.

Das häufigste Verhalten, um dem Griff des Männchens zu entkommen, war das Drehen des Weibchens um die eigene Körperachse. Weiter beobachteten die Forschenden, das auch die Weibchen zwei verschiedene Rufe äußern: einen tieferen, niederfrequenten "Grunz"-Laut, der den ‚Loslass‘-Ruf des Männchens imitiert, und einen höherfrequenten "Quietsch"-Laut, bei dem nicht sicher ist was er genau bedeutet. Das letzte und erstaunlichste Verhalten war eine tonische Unbeweglichkeit, gemeinhin als Totstellen bezeichnet, bei der die Weibchen ihre Arme und Beine steif von ihrem Körper ausstrecken und solange unbeweglich bleiben, bis das Männchen loslässt.

„Ein Totstellen im Zusammenhang mit der Paarung ist außergewöhnlich und wird sehr selten beobachtet. Mir sind nur wenige Studien bekannt, in denen tonische Immobilität im Zusammenhang mit der Paarung festgestellt wurde, zum Beispiel bei Spinnen oder Libellen. Gemeinhin geht man davon aus, dass diese Strategie als letztes zur Anwendung kommt, um nicht von Raubtieren gefressen zu werden“ so Carolin Dittrich.

Ergänzend fügt Marc-Oliver Rödel hinzu „Wir vermuten daher, dass sich dieses Abwehrverhalten entwickelt hat, um das Weibchen vor der Bildung von Paarungsbällen zu schützen, welche oft zum Tod der Weibchen führen. Mit dem Rufen können die Weibchen zeigen, dass sie nicht paarungsbereit sind und wenn dies nichts nützt, können gestresste Weibchen in tonische Immobilität verfallen.“


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Museum für Naturkunde - Leibniz-Instituts für Evolutions- und Biodiversitätsforschung via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.


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