Kristallwachstumskinetik und Evolution - Neue Erkenntnisse über die Biomineralisation in Muschelschalen
Bio-News vom 24.09.2019
Die Arbeitsgruppe von Dr. Igor Zlotnikov vom Center for Molecular Bioengineering (B CUBE) der TU Dresden konstatiert in ihrer neuesten Publikation, dass die Materialphysik einen starken Einfluss auf die möglichen Strukturen hat, die Muschelschalen produzieren können. Diese Forschungsergebnisse zeigen, wie grundlegende physikalische Gesetze, wie Kristallwachstumskinetik und Thermodynamik, die Ausgänge der Evolution einschränken können und helfen zu erklären, warum wir im Laufe von Hunderten von Jahrmillionen wiederholt die Entwicklung bestimmter Strukturen sehen.
Muschelschalen bestehen aus einer Vielzahl von komplexen molekularen Feinstrukturen aus mineralisch-organischen Verbundmaterial, sogenannte Ultrastrukturen. Überraschenderweise enthalten Schalen verschiedener unabhängig voneinander entwickelter Arten in einigen Fällen ähnliche morphologische Muster auf vielen verschiedenen Längenskalen, vom Nano- bis zum Mikromaßstab.
Publikation:
Vanessa Schoeppler, Robert Lemanis, Elke Reich, Tamás Pusztai, László Gránásy, and Igor Zlotnikov
Crystal growth kinetics as an architectural constraint on the evolution of molluscan shells
PNAS
In den letzten Jahrzehnten gab es bedeutende Fortschritte bei der Untersuchung der wichtigsten biochemischen Mechanismen, die für die biogene Mineralbildung verantwortlich sind. Es ist jedoch wenig darüber bekannt, wie die Organismen die Form der einzelnen mineralischen Bausteine aus den verschiedenen Hüllenarchitekturen steuern und damit die Morphologie dieser artspezifischen mineralisch-organischen Zusammensetzungen bestimmen.
Die Forschungsgruppe Zlotnikov hat nun in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern des Wigner Research Centre for Physics in Budapest, Ungarn, einen umfassenden experimentellen und theoretischen Rahmen entwickelt, um den Prozess der ultrastrukturellen Morphogenese von Muschelschalen analytisch zu beschreiben. Sie zeigten vor allem, dass die Bildung dieses hochbiomineralisierten Gewebes gesteuert wird, indem die Organismen die chemischen und physikalischen Randbedingungen regulieren, die die Wachstumskinetik der mineralischen Phase steuern.
Durch die Darstellung eines direkten Zusammenhangs zwischen der Materialphysik und dem Prozess der biomineralisierten Gewebemorphogenese wirft das Team ein neues Licht auf den evolutionären Aspekt der Herstellung biologischer Materialien.
Diese Newsmeldung wurde via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.