Neurobiologisches Modell zum besseren Verständnis kreativer Prozesse



Bio-News vom 02.06.2022

„Viele glauben, dass die Kreativität nur einer einzigen Gehirnregion zugeordnet ist, das ist aber nicht der Fall“, sagt Radwa Khalil. Die Neurobiologin an der Jacobs University Bremen hat gemeinsam mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Südafrika und Australien ein computergestütztes Modell entwickelt, das kreative Prozesse einem Netzwerk im Gehirn zuordnet. Je nach Art der kreativen Aktivität können diese Netzwerke unterschiedlich ausgestaltet sein.

Kreativität wird als die Schaffung neuartiger, nützlicher und überraschender Lösungen verstanden. Die Forschenden argumentieren, dass die damit verbundenen kognitiven Prozesse wie die Fähigkeit zur Abstraktion, Improvisation oder zum divergenten Denken verschiedene Hirnareale umfassen, die miteinander verbunden sind. Zu diesen Arealen zählen das Kleinhirn, der Hippocampus, der präfrontale Cortex und die Basalganglien (siehe Abbildung).


So sieht ein Künstler das "kreativ denkende Gehirn"

Publikation:


Radwa Khalil, Ahmed A. Moustafa
A neurocomputational model of creative processes

Neuroscience & Biobehavioral Reviews (2022)

DOI: 10.1016/j.neubiorev.2022.104656



Je nach Art der Kreativität werden unterschiedliche Bereiche des Hirns aktiviert. Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen diesen Kreativitätstypen und ihren neuronalen Schaltkreisen beschreibt das Modell mithilfe von Algorithmen. Eine bedeutende Rolle in diesem Prozess spielt auch der Botenstoff Dopamin als Modulator für die Kontrolle und Optimierung der kreativen Nervenbahnen.


Vorgeschlagene Modellarchitektur eines neuronalen Netzes und Lernregeln zur Simulation kreativer Prozesse auf der Grundlage von Neuartigkeit, einschließlich DT, Abstraktion und Improvisation.

Mit diesem vorgeschlagenen neuronalen Netzwerkmodell liefern die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erstmals einen einheitlichen Rahmen für drei scheinbar ganz unterschiedliche Formen der Kreativität. „Wir hoffen, damit einen Beitrag zum besseren Verständnis von neuronalen Mechanismen geleistet zu haben“, sagt Khalil. „Je mehr wir über diese Mechanismen wissen, desto gezielter kann man die Kreativität fördern und möglicherweise zur besseren Behandlung von Menschen beitragen, bei denen entsprechende Hirnareale gestört sind.“

Dr. Radwa Khalil, Neurobiologin an der Jacobs University Bremen.

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler möchten mit ihrem Modell auch eine Diskussion über Neurobiologie und Kreativität anstoßen, ergänzt Radwa Khalil. Beteiligt an der Forschung waren Dr. Ahmed A. Moustafa von der Universität in Johannesburg sowie die School of Psychology der Bond University in Australien. Als Gastprofessor des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) wird Dr. Moustafa seine Kreativitätsforschung in diesem Sommer an der Jacobs University fortsetzten, wo er von Dr. Ben Godde, Professor für Neurowissenschaften betreut wird.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Jacobs University Bremen gGmbH via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.


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