Ohne Kunststoff zur Mikroplastik-Jagd: „Rocket“ verbessert Erfassung besonders kleiner Partikel



Bio-News vom 22.10.2018

Umweltforscher am Leibniz-Institut für Ostseeforschung Warnemünde (IOW) haben ein neuartiges mobiles Gerät zur Erfassung von Mikroplastik in Oberflächengewässern entwickelt. „Rocket“ nennen sie die Konstruktion, mit der sich je nach Schwebstoffanteil im Wasser bis zu 60 Liter pro Minute durch vier feine Kerzenfilter saugen lassen und die speziell für die Beprobung der feinen Fraktion des Mikroplastiks im Bereich bis 10 µm von großem Vorteil ist. Eine besondere Herausforderung bei der Entwicklung bestand darin, auf Kunststoff so weit wie möglich zu verzichten. Die erfolgreichen Ergebnisse der Testphase veröffentlichten die Warnemünder nun in der internationalen Fachzeitschrift „Water“.

Mikroplastik ist in der Umwelt allgegenwärtig. Ob im arktischen Eis, im Sand der Sahara oder den Sedimenten der Tiefsee – überall finden Umweltforscher diese künstlichen Partikel. Zahlen, wieviel davon in der Umwelt vorkommt, beruhen jedoch in der Regel auf Schätzungen, weil sich das Untersuchungsobjekt aufgrund seines variablen Verhaltens in der Umwelt, seiner Ähnlichkeit mit natürlichen Bestandteilen und dem Umstand, dass Mikroplastik häufig durch den Bewuchs mit Biofilmen maskiert auftritt, nur schwer und mit aufwändigen Methoden erfassen lässt. Erschwerend kommt hinzu, dass in unserer Plastikwelt auch das Postulat einer kontaminationsfreien Beprobung eine enorme Herausforderung bedeutet: Ob es die Kleidung des Beprobers, die Gerätschaften zur Entnahme oder die Probengefäße selbst sind: Bei der Erfassung von Mikroplastik muss jeglicher Kunststoff vermieden werden.

Robin Lenz und Matthias Labrenz, die Autoren des Artikels in der Fachzeitschrift „Water“, untersuchen in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierten Projekt (MicroCatch_Balt), welches die wesentlichen Eintragspfade für Mikroplastik in die Ostsee entlang eines Flusssystems sind und wo im Flussverlauf eingetragenes Mikroplastik auch wieder entzogen wird. Ihr „Modell-Fluss“ ist dabei die Warnow. Für die umfangreichen Beprobungskampagnen entwickelten sie nun ein Gerät, das in seiner silbrigen Alu-Kiste, mit Schläuchen und Hebeln ausgestattet, wie die Requisite eines 70er Jahre Science-Fiction-Streifens wirkt und deshalb den Spitznamen „The Rocket“ erhielt.


Franziska Kläger, Koordinatorin des BMBF-Projektes MicroCatch_Balt vor der "Rocket"

Publikation:


Lenz, R.; Labrenz, M.
Small Microplastic Sampling in Water: Development of an Encapsulated Filtration Device
Water 2018, 10, 1055

DOI: 10.3390/w10081055



„Rocket“ bietet gegenüber herkömmlichen Probennahmetechniken viele Vorteile. Vor allem zwei Effekte galt es zu vermeiden: Herkömmliche Techniken, die meist Planktonnetze für die Beprobung nutzen, sind besonders bei feinem Mikroplastik im Mikrometer-Bereich fehlerbehaftet. Entweder ist die Maschenweite der Netze zu groß gewählt, um auch die sehr kleine Mikroplastik Fraktion aufzufangen, oder, bei sehr kleiner Maschenweite, setzen sich die Netze rasch zu. Verwirbelungen im Bereich der Netzöffnung strudeln das Mikroplastik dann wieder aus dem Netz heraus. Mit den parallel geschalteten Kerzenfiltern in dem geschlossenen System „Rocket“ ist das nicht mehr möglich. Alle Partikel größer 10 µm werden aufgefangen. Aber noch ein Nachteil der Netz-Technik wurde mit der Rocket behoben: Das Gerät kommt fast völlig ohne Kunststoff aus. Nur eine einzige Plastikart, das relativ seltene PTFE (Polytetrafluoroäthylen), wurde im Inneren des geschlossenen Systems benutzt. Damit kann bezüglich aller anderen Plastik-Polymere von einer kontaminationsfreien Beprobung ausgegangen werden.

Das Projekt MicroCatch_Balt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) innerhalb des Forschungsschwerpunkts Plastik in der Umwelt gefördert. Der Forschungsschwerpunkt „Plastik in der Umwelt – Quellen, Senken, Lösungsansätze“ ist Teil der Leitinitiative Green Economy des BMBF-Rahmenprogramms „Forschung für Nachhaltige Entwicklung" (FONA3).


Diese Newsmeldung wurde mit Material des Informationsdienstes der Wissenschaft (idw) erstellt

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