Baldachinspinnen
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Baldachinspinnen | ||||||||||
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Systematik | ||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||
Linyphiidae | ||||||||||
Blackwall, 1859 | ||||||||||
Unterfamilien | ||||||||||
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Die Baldachinspinnen, Deckennetzspinnen oder Zwergspinnen (Linyphiidae) sind eine Familie der Spinnen. Zu ihr gehören weltweit etwa 4314 Arten in 569 Gattungen. Sie werden derzeit in sechs Unterfamilien eingeteilt. In Mitteleuropa sind ca. 500 Arten nachgewiesen.
Diese meist nur 1,5 bis 3 mm großen Spinnen werden meist nur im Morgentau anhand ihrer Netze wahrgenommen, die sie häufig in Bodennähe in Wiesen oder in der Strauchschicht, horizontal und leicht gewölbt wie ein Baldachin, weben. Auffällig sind auch die Fäden im Spätsommer und Herbst, mit denen sie sich im Wind fortbewegen; sowie die Winteraktivität einiger Zwergspinnen.
Lebensweise und Beutefang
Die Färbung der Baldachinspinnen tarnt sie gegenüber ihren Feinden, wenn sie unter ihrem horizontal gespannten Netz hängt. Ihre Bauchseite, die nach oben weist, ist dunkler gefärbt und gegen den Boden nur schwer zu erkennen. Ihr Rücken dagegen ist heller gefärbt, so dass er gegen den hellen Himmel ebenfalls eine Tarnung bietet.
Der Baldachin, in dessen Mitte die Deckennetzspinnen auf der Unterseite kopfüber sitzen, wird von unten durch Fäden gespannt. Nach oben ziehen die Spinnen klebrige „Absturzfäden“, in denen sich die Beute verfängt. Häufig schüttelt die Spinne ihre Beute auf das darunter liegende Netz; die Leimfäden in der Decke und in den Absturzfäden spielen nicht bei allen Gattungen eine gleich große Rolle. Sie beißt mit ihren Cheliceren durch das Netz in die Beute und betäubt sie. Dann beißt sie ein Loch in die Decke und zerrt ihre Beute zur extraintestinalen Verdauung nach unten. Die beschädigte Decke und die Absturzfäden werden erst nach der Nahrungsaufnahme repariert.
Das Netz der Baldachin- oder Deckennetzspinnen weist entfernte Ähnlichkeiten mit den Netzen der Trichterspinnen (Agelenidae), v.a. der Labyrinthspinnen (Agalena), die mehrere Decken übereinander weben und mit denen der Kugelspinnen (Haubennetzspinnen) (Theridiidae), die klebrige aufgelockerte und diffuse Decken weben, auf. Die Lauerstellung der Baldachinspinnen ist jedoch deutlich unterscheidbar.
Geschlechtsreife Männchen weben selten eigene Netze, sondern begeben sich auf die Suche nach einem Weibchen. Noch längere Zeit nach der mehrere Stunden dauernden Paarung lebt das Männchen mit dem Weibchen im selben Netz, allerdings sehr an den Rand gedrängt.
Lebensräume und „Luftschiffen“ als Ausbreitungsstrategie
Die Familie ist weltweit verbreitet und besiedelt ganz unterschiedliche Lebensräume aller Klimazonen vom Kongo (Labullula annulipes) über Strände (im Seetang), Himalaya (Piniphantes himalayensis) bis an die arktischen Küsten. Die mit Abstand artenreichsten und am weitesten verbreiteten sind die nahezu „allgegenwärtigen“ Gattungen Erigone, Bathyphantes, Leptyphantes und Walckenaeri (=Walckenaera). In Mitteleuropa außerordentlich häufig ist Erigone atra und Bathyphantes gracilis.
Im Unterschied zu anderen Arten, bei denen sich nur die Jungtiere mit Hilfe eines „Flugfadens“ vom Wind verfrachten lassen, um bei zu großer Populationsdichte der dicht gedrängt aufwachsenden Tiere dem Kannibalismus ihrer Artgenossen zu entgehen, fliegen bei den Arten in der Familie Linyphiidae auch die erwachsenen Tiere zu tausenden im Sommer bis in den Winter, so dass dies durchaus eine erfolgreiche Strategie zur Verbreitung darstellt.
Die Spinnen strecken dazu ihren Hinterleib in die Luft und produzieren einen Flugfaden. Ist der Faden lang genug, wird er vom Wind erfasst und transportiert die Spinne, „ballooning“ oder „Luftschiffen“ genannt. Erwärmt sich die ruhige Winterluft durch Sonneneinstrahlung im Winter rasch über dem Boden, lassen sich die Spinnen emporheben und verfrachten. Sie fallen dadurch besonders im Spätsommer („Altweibersommer“) und im Winter auf. Sie können massenhaft auftreten, um nur wenig später wieder verschwunden zu sein.
Sie erreichen dabei mehrere Tausend Meter Höhe und fliegen mehrere hundert Kilometer weit. So wurden sie aus Flugzeugen gefangen und Charles Darwin berichtete 1832 in seinem Tagebuch, 100 km vor der Küste Südamerikas hätten sich unzählige kleine Spinnen in der Takelage seines Forschungsschiffes verfangen. Inzwischen weiß man, dass sie die Höhe und Flugdauer durch die Länge ihres Fadens anpassen können. Allerdings überleben nur die wenigsten ihre Reisen. Die meisten landen auf dem Wasser, in ungeeignteten Lebensräumen oder werden, weniger zahlreich, von Vögeln gefressen. Nur bei ausreichend hoher Zahl können sie auch entfernt liegende Inseln neubesiedeln.
Der britische Volksmund kennt sie unter dem Namen money spider, die, wenn sie auf einem landet, finanzielles Glück beschert („neue Kleider webt“).
Systematik der Linyphiidae
Derzeit wird die Familie in sechs Unterfamilien eingeteilt nach Andrei V. Tanasevitch:
- Dubiaraneinae (Millidge, 1993), 87 Arten
- Erigoninae (Emerton, 1882), 2141 Arten
- Linyphiinae (Blackwall, 1859), 819 Arten
- Micronetinae (Hull, 1920), 1113 Arten
- Mynogleninae (Lehtinen, 1967), 115 Arten
- Stemonyphantinae (Wunderlich, 1986) 14 Arten
Kladogramm nach "Tree of Life Project":
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Quellen
- Heiko Bellmann: Spinnen: beobachten - bestimmen, Naturbuch Verlag, Augsburg 1992, ISBN 3-89440-064-1
- Dick Jones: Der Kosmos Spinnenführer. Kosmos, 1990, ISBN 3-440-06141-8
- Rainer F. Foelix: Biologie der Spinnen. Thieme, Stuttgart 1979, ISBN 3-13-575802-8
- Norman I. Platnick, 2006. The World Spider Catalog, Version 6.5. American Museum of Natural History.
- Theo Blick, Robert Bosmans, Jan Buchar, Peter Gajdoš, Ambros Hänggi, Peter Van Helsdingen, Vlastimil Růžička, Wojciech Staręga & Konrad Thaler, 2004. Checkliste der Spinnen Mitteleuropas. Checklist of the spiders of Central Europe. (Arachnida: Araneae). Version 1. Dezember 2004.
- Suresh P. Benjamin & Samuel Zschokke, 2004. Homology, behaviour and spider webs: Web construction behaviour of Linyphia hortensis and L. triangularis (Araneae Linyphiidae) and its evolutionary significance. Journal of Evolutionary Biology, 17: 120-130.