Cryptophyceae
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Rhodomonas salina | ||||||||||
Systematik | ||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||
Cryptophyceae | ||||||||||
Pascher 1913, emend. Schoenichen, 1925 |
Die Cryptophyceae sind eine Klasse einzelliger, mikroskopisch kleiner Algen, die in Süß- und Meerwasser vorkommen. Die Cryptophyceen bewegen sich mit Hilfe von zwei Geißeln durch das Wasser und können rötlich, bläulich oder bräunlich gefärbt sein [1]. Einige Cryptophyceen bilden dickwandige und kugelige Dauerstadien, um ungünstige Umweltbedingungen zu überdauern. Als ökologisch sehr wichtige Algengruppe dienen die Cryptophyceen vielen Protisten als Nahrung. Da zu den Cryptophyceen farblose und photosynthetisch aktive Gattungen oder Arten gehören, gibt es botanische und zoologische Klassifizierungen. Sie können daher auch zoologisch als Cryptomonaden bezeichnet werden. Von ihrer Evolutionsgeschichte und ihren daraus resultierenden Verwandtschaften her gehören sie systematisch jedoch weder zu den Tieren noch zu den Pflanzen (Nach momentanem Stand des Wissens werden im Reich Plantae die Rotalgen, Grünalgen und die Landpflanzen zusammengefasst.[2] Die nächsten Verwandten der Cryptophyceae sind die meist farblosen und phagotroph lebenden Katablepharidophyta.[3]
Die meisten Cryptophyceen mit Ausnahme der Gattung Goniomonas verfügen über zwei Zellkerne unterschiedlicher evolutionärer Herkunft und wurden daher für Evolutionsbiologen interessant. Die verschiedenen Zellkompartimente sind hierbei wie eine Matroschka ineinander verschachtelt. Das äußerste Kompartiment enthält den eigentlichen Zellkern und das Cytoplasma, in dem sich auch die Mitochondrien befinden. Das nächstkleinere sogenannte periplastidäre Kompartiment enthält den zweiten stark reduzierten Zellkern (= Nucleomorph), und Stärkekörner. Das innerste Kompartiment ist das eigentliche Photosynthese-Organell, der Plastid. Da auch Mitochondrien und Plastiden über eigene Genome verfügen, enthält eine Cryptophyceen-Zelle insgesamt vier Genome.
Erklärt wird die Vielzahl der Genome durch eine sekundäre Endosymbiose, bei der ein phagotropher Eukaryot einen photosynthetisch aktiven Eukaryoten aufnahm. Normalerweise werden aufgenommene Organismen verdaut. Bei einer Endosymbiose bleibt die aufgenommene Zelle jedoch erhalten und wandelt sich im Laufe der Zeit in ein unselbstständiges Organell um. Jedoch nur bei den Chlorarachniophyceae und den mit ihnen nicht verwandten Cryptophyceen ging der Zellkern der aufgenommenen Alge nicht verloren.
Die marine Cryptophycee Guillardia theta wurde als Modellorganismus ausgewählt, um die Genome von Nucleomorph und Plastid zu sequenzieren.[4][5] Beide Genomsequenzierungen ergaben, dass der Plastid der Cryptophyceen ursprünglich eine Rotalge gewesen sein muss. Weitere Belege für diese Theorie sind die Stärkesynthese und die 80S-Ribosomen im periplastidären Raum (dem ehemaligen Cytoplasma der aufgenommenen Rotalge) und die vier Hüllmembranen, die den Plastiden umgeben. Alle Plastiden, die aus einer primären Endosymbiose stammen (die Chloroplasten der Grünalgen und Landpflanzen, die Cyanellen der Glaucocystophyceen und die Rhodoplasten der Rotalgen), werden von nur zwei Hüllmembranen abgegrenzt und nicht von drei oder vier (= komplexe Plastiden).
Systematik der Cryptophyceae
Die systematische Einteilung der Cryptophyceen in verschiedene Gattungen erfolgte bisher hauptsächlich aufgrund von morphologischen Merkmalen und der Pigmentierung.
- Eines der wichtigsten Merkmale ist hierbei der Periplast. Der Periplast ist eine geschichtete Zellhülle -- Cryptophyceen bilden keine Zellwand -- bestehend aus einer inneren und einer äußeren Periplastenkomponente aus Proteinen. Dazwischen liegt die Plasmamembran der Zelle. Beide Periplastenkomponenten zeigen sehr feine Strukturierungen. Die innere Periplastenkomponente kann z. B. aus polygonalen Platten, sich überlappenden rektangulären Platten oder aus einer durchgehenden Schicht bestehen. Die äußere Periplastenkomponente kann sich auch aus Platten oder aus Rosettenschuppen und feinen Fibrillen zusammensetzen.
- Alle Cryptophyceen verfügen über eine Zelleinstülpung, die mit explosiven Organellen, den sog. Ejekto- oder Ejektisomen, ausgekleidet ist. Die Öffnung dieser Zelleinstülpung kann entweder klein sein mit einem dahinterliegenden blind endenden Sack (Schlund) oder länglich gestreckt der Zelleinstülpung folgend (Furche). Auch Kombinationen aus Furche und Schlund sind möglich.
- Bei einigen Gattungen liegt der Nucleomorph nicht frei im periplastidären Raum sondern ist in die Pyrenoid-Matrix eingebettet (räumlich abgetrennt durch die beiden inneren Hüllmembranen des Plastiden).
- Von den Phycobilisomen, den Lichtsammelkomplexen der Rotalgen (und Glaucocystophyceen und Cyanobakterien), die ursprünglich drei verschiedene blaue oder rote Pigmente enthielten, blieb bei den Cryptophyceen nur noch das Phycoerythrin übrig. Bei den Cryptophyceen evolvierten aus dem ursprünglich roten Phycoerythrin jedoch sieben verschiedene Phycoerythrin-Typen, von denen vier blau gefärbt sind und deshalb als Phycocyanine bezeichnet werden, obwohl sie mit den echten Phycocyaninen aus den Phycobilisomen nicht direkt verwandt sind.
- Die mikrotubulären Geißelwurzeln, mit denen die Geißeln in den Zellen verankert sind, weisen ebenfalls Unterschiede auf.
Aus der Kombination der verschiedenen Merkmale (1) Struktur des Periplasten, (2) Form der Zelleinstülpung, (3) Position des Nucleomorphs, (4) Pigment-Typ und (5) Struktur des Geißelwurzelapparates ergeben sich die verschiedenen Gattungen.
Die Erforschung der Verwandtschaftsverhältnisse innerhalb der Cryptophyceen mit Methoden der molekular-phylogenetischen Analyse (= Erstellung von Stammbäumen anhand von DNA-Sequenzen), ergaben jedoch ein wesentlich komplexeres Bild. Cryptophyceen sind wahrscheinlich dimorph, d. h. sie können zwei verschiedenen Zelltypen ausbilden. Daher wurden wahrscheinlich fälschlicherweise mehrfach zwei Zellformen einer Gattung für zwei verschiedene Gattungen gehalten. Sicher nachgewiesen wurde Dimorphismus bei den Gattungen Proteomonas und Cryptomonas [6][7] . Auch ein Leukoplast, ein farbloser Plastid, der die Fähigkeit zur Photosynthese verloren hat, ist kein sicheres Merkmal einer eigenständigen Gattung. Die ehemalige Gattung Chilomonas erwies sich als eine farblose Cryptomonas, von der außerdem mindestens drei verschiedene Evolutionslinien innerhalb von Cryptomonas existieren [7][8]. Auch die übrigen Gattungen der Cryptophyceen bedürfen wahrscheinlich einer Überarbeitung ihrer Systematik[9][10][11].
Gattungen der Cryptophyceen nach vorläufigem Stand der Forschung: Chroomonas, Cryptomonas (enthält die ehemals eigenständigen Gattungen Campylomonas und Chilomonas), Geminigera, Goniomonas, Guillardia, Hanusia, Hemiselmis, Komma, Plagioselmis, Proteomonas, Rhinomonas, Rhodomonas (Pyrenomonas), Teleaulax[12][13][14][6][15][16][17][7][18].
Literatur
- ↑ Linne von Berg K.-H., Hoef-Emden K., Marin B., Melkonian M. (2004): Der Kosmos-Algenführer. Die wichtigsten Süßwasseralgen im Mikroskop. Kosmos, Stuttgart. ISBN 3-440-09719-6
- ↑ Saunders G. W., Hommersand M. (2004). Assessing red algal supraordinal diversity and taxonomy in the context of contemporary systematic data. American Journal of Botany 91: 1494-1507
- ↑ Okamoto N., Inouye I. (2005): The Katablepharids are a distant sister group of the Cryptophyta: A proposal for Katablepharidophyta divisio nova/Kathablepharida phylum novum based on SSU rDNA and beta-tubulin phylogeny. Protist 156: S. 163-179
- ↑ Douglas S. E., Penny S. L. (1999): The plastid genome of the cryptophyte alga, Guillardia theta: complete sequence and conserved synteny groups confirm its common ancestry with red algae. Journal of Molecular Evolution 48: S. 236-244
- ↑ Douglas S.E., Zauner S., Fraunholz M., Beaton M., Penny S., Deng L. T., Wu X., Reith M., T. Cavalier-Smith, U.-F. Maier (2001): The highly reduced genome of an enslaved algal nucleus. Nature (London) 410: S. 1040-1041
- ↑ 6,0 6,1 D. R. A. Hill, R. Wetherbee (1986): Proteomonas sulcata gen. et sp. nov. (Cryptophyceae), a cryptomonad with two morphologically distinct and alternating forms. Phycologia 25: S. 521-543
- ↑ 7,0 7,1 7,2 Hoef-Emden K, Melkonian M (2003): Revision of the genus Cryptomonas (Cryptophyceae): a combination of molecular phylogeny and morphology provides insights in a long-hidden dimorphism. Protist 154: S. 371-409
- ↑ K. Hoef-Emden (2005): Multiple independent losses of photosynthesis and differing evolutionary rates in the genus Cryptomonas (Cryptophyeae): combined phylogenetic analyses of DNA sequences of the nuclear and nucleomorph ribosomal operons. Journal of Molecular Evolution 60: S. 183-195
- ↑ Deane JA, Strachan IM, Saunders GW, Hill DRA, McFadden GI (2002): Cryptomonad evolution: nuclear 18S rDNA phylogeny versus cell morphology and pigmentation. Journal of Phycology 38: S. 1236-1244
- ↑ Hoef-Emden K, Marin B, Melkonian M (2002): Nuclear and nucleomorph SSU rDNA phylogeny in the Cryptophyta and the evolution of cryptophyte diversity. Journal of Molecular Evolution 55: S. 161-179
- ↑ Marin B., Klingberg M., Melkonian M. (1998): Phylogenetic relationships among the Cryptophyta: analyses of nuclear-encoded SSU rRNA sequences support the monophyly of extant plastid containing lineages. Protist 149: S. 265-276
- ↑ Deane J. A., Hill D. R. A., Brett S. J., McFadden G. I. (1998): Hanusia phi gen. et sp. nov. (Cryptophyceae): Characterization of `Cryptomonas sp. theta´. European Journal of Phycology 33: S. 149-154
- ↑ Hill D. R. A. (1991a): A revised circumscription of Cryptomonas (Cryptophyceae) based on an examination of Australian strains. Phycologia 30: S. 170-188
- ↑ Hill D. R. A. (1991b): A Chroomonas and other blue-green cryptomonads. Journal of Phycology 27: S. 133-145
- ↑ Hill D. R. A., Wetherbee R. (1988): The structure and taxonomy of Rhinomonas pauca gen. et sp. nov. (Cryptophyceae). Phycologia 27: 355-365
- ↑ Hill D. R. A., Wetherbee R. (1989): A reappraisal of the genus Rhodomonas (Cryptophyceae). Phycologia 28: S. 143-158
- ↑ Hill DRA, Wetherbee R. (1990). Guillardia theta gen. et sp. nov. (Cryptophyceae). Canadian Journal of Botany 68: 1873-1876
- ↑ McFadden G. I., Gilson P. R., Hill D. R. A. (1994): Goniomonas: rRNA sequences indicate that this phagotrophic flagellate is a close relative of the host component of cryptomonads. European Journal of Phycology 29: S. 29-32