Extrakorporale Membranoxygenierung
Die Extrakorporale Membranoxygenierung (ECMO) auch Extrakorporale Lungenunterstützung (ECLA) ist eine intensivmedizinische Technik, bei der eine Maschine teilweise oder vollständig die Atemfunktion von Patienten übernimmt. Sie wird angewendet bei Patienten, deren Lungen schwerst geschädigt sind (ARDS) und den Gasaustausch nicht mehr in dem Maß ermöglichen, um die Atemfunktion sicherzustellen.[1] Sie wird oft bei Neugeborenen eingesetzt, die an Lungenschäden (Atemnotsyndrom, Mekoniumaspiration, persistierende pulmonale Hypertonie) leiden.
Die ECMO ist damit eine Form der extrakorporalen Organersatzverfahren und wird auch als Extracorporeal Life Support (extrakorporale Lebensunterstützung, ECLS) bezeichnet.
Die ECMO kann über Tage oder Wochen eine ausreichende Oxygenierung gewährleisten und gibt damit der Lunge Zeit, ohne aggressive Beatmung zu heilen. Trotzdem wird die ECMO wegen der hohen technischen und personellen Anforderungen, Kosten und Komplikationsrisiken (z. B. Blutungen) als eine letzte Therapiemöglichkeit (Ultima ratio) betrachtet[2].
Technik
Technisch gleicht ein ECMO-Gerät einer Herz-Lungen-Maschine. Um eine ECMO aufzunehmen, werden Kanülen in zwei große Blutgefäße eingebracht. Um eine Blutgerinnung zu vermeiden, setzt man gerinnungshemmende Mittel (Antikoagulanzien) zu, in der Regel Heparin[3]. Das ECMO-Gerät pumpt Blut kontinuierlich durch einen Membran-Oxygenator, der den Gasaustausch in der Lunge ersetzt: Er entfernt Kohlendioxid aus dem Blut und reichert es mit Sauerstoff an. Das so aufbereitete Blut wird dann zum Patienten zurückgeführt.
Varianten der ECMO
Es existieren verschiedene Formen der ECMO, die wichtigsten sind die Veno-Venöse ECMO (VV-ECMO), die Veno-Arterielle ECMO (VA-ECMO) und die pumpenlose Arterio-Venöse ECLA (pECLA). Entnommen wird das Blut bei den beiden ersten Versionen aus großen Venen (z. B. Vena femoralis oder Vena jugularis interna). Bei der VV-ECMO wird das oxygenierte Blut dann wieder in eine Vene eingeleitet, es ist bei schweren Lungenversagen mit noch ausreichender Funktion des Herzens indiziert. Bei der VA-ECMO hingegen wird das Blut am Herzen vorbei in eine Arterie (Arteria femoralis) geleitet, so dass ein Parallelkreislauf entsteht[4]. Da dadurch das Herz entlastet ist, wird diese Methode bei Patienten mit schlechter Pumpfunktion des Herzens (Herzinsuffizienz) eingesetzt. Die pECLA wird bei Patienten mit Ausreichender Herzfunktion eingesetzt, welche eine geringere Unterstützung beim Gasaustausch benötigen. Da keine Pumpe eingesetzt wird findet bei der pECLA im Allgemeinen eine geringere Blutschädigung statt.[5][6]
ECMO beim Erwachsenen
Die erste Anwendung eines kardiopulmonalen Bypasses zur Therapie eines Lungenversagens (ARDS) fand Anfang der 1970er Jahre statt.[7] Mit der Aussicht auf ein wirkungsvolles Therapieinstrument zur Behandlung des ARDS startete die National Institutes of Health (Oberste Gesundheitsbehörde der USA) eine ARDS-Multicenterstudie. Die Ergebnisse waren ernüchternd: Die Gruppe mit ECMO-Behandlung zeigte kein besseres Behandlungsergebnis, die Studie wurde vorzeitig abgebrochen.[8] Die Studie war trotz methodischer Mängel ein Rückschlag für die ECMO-Entwicklung. Die Forschung konzentrierte sich in Folge dessen wieder verstärkt auf die Verbesserung der herkömmlichen Beatmungsverfahren.
Erst in den 1980er Jahren gelang es einer italienischen Forschergruppe mit verbesserten Methoden einen Nutzen der ECMO zu zeigen, allerdings in einer nicht-kontrollierten Studie.[9] Bis heute gilt das Ergebnis dieser und anderer Folgeuntersuchungen, dass die ECMO beim ARDS des Erwachsenen von Nutzen sein kann, allerdings ohne bisher einen signifikanten Vorteil gegenüber einer Beatmungstherapie belegen zu können.[10] 2006 wurde in Großbritannien eine randomisierte Multicenterstudie mit 80 Zentren und 180 Patienten beendet, um den Stellenwert einer ECMO zur ARDS-Therapie festzustellen.[11] Vorab veröffentlichte Ergebnisse[12] scheinen für den Einsatz der Extrakorporalen Membranoxygenierung beim Lungenversagen des Erwachsenen günstig zu sein[13].
Die ersten erfolgreichen Anwendungen von extrakorporalem Gasaustausch (ECMO, ELA, ECLA, ECCO2-R) in Deutschland wurden bei akutem Lungenversagen des Erwachsenen in den Jahren 1971 und 1983 an der Universität Düsseldorf [14][15], sowie bei Verbrennungen erstmals 1975 von Rommelsheim und Birtel an der Klinik für Anästhesiologie der Universität Bonn durchgeführt [16][17].
ECMO beim Neugeborenen
Bartlett berichtete 1975 über die erste erfolgreiche neonatale ECMO-Anwendung in Kalifornien. Dem folgte die erste richtungsweisende Studie, die ein erhöhtes Überleben durch die Behandlung zeigte.[18][19] Das im Vergleich zum Erwachsenen deutlich bessere Ansprechen einer ECMO-Therapie beim Neugeborenen führte zu einer zunehmenden Zahl an ECMO-Behandlungsfällen und ECMO-Zentren, zunächst in den USA und später auch weltweit.
Im Februar 1987 wurde in der Mannheimer Kinderklinik die erste erfolgreiche ECMO-Anwendung bei einem Neugeborenen im deutschsprachigen Raum durchgeführt.[20] 1994 bis 1995 wurde in Großbritannien eine randomisierte Multicenterstudie bei Neugeborenen durchgeführt. Aufgrund der signifikant höheren Überlebensrate in der ECMO-Behandlungsgruppe wurde die Studie im November 1995 frühzeitig abgebrochen, da die Fortführung ethisch nicht vertretbar war.[21] Die Studie widerlegte auch in nachfolgenden Folgeuntersuchungen die Befürchtung, dass die höhere Überlebensrate in der ECMO-Behandlungsgruppe durch psychomotorischen Defizite „erkauft“ würde. Stattdessen bleibt der Nutzen der ECMO auch in der Nachuntersuchung der Kinder erhalten.[22]
Extracorporeal Life Support Organization (ELSO)
Gruppe | Fallzahl | überlebt | prozentual |
---|---|---|---|
neonatal respiratorisch | 26205 | 22145 | 85 % |
neonatal kardial | 4987 | 3058 | 61 % |
neonatal extrakorporale HLW | 851 | 540 | 63 % |
Pädiatrie respiratorisch | 5656 | 3692 | 65 % |
Pädiatrie kardial | 6225 | 4034 | 65 % |
Pädiatrie EHLW | 1745 | 948 | 54 % |
Erwachsene respiratorisch | 3761 | 2400 | 64 % |
Erwachsene kardial | 2884 | 1581 | 55 % |
Erwachsene EHLW | 876 | 325 | 37 % |
Total | 53190 | 38723 | 73 % |
Kumulative Übersicht und Outcome der bis 2012 der ELSO gemeldeten ECMO-Behandlungsfälle |
1989 wurde ein zentrales ECMO-Register in Ann Arbor, Michigan (USA) eingerichtet. Dort werden ECLS-Anwendungen zentral registriert und detailliert aufgeschlüsselt. Das erlaubt eine genaue Übersicht über die Effektivität und den Fallzahlverlauf der Therapie bei bestimmten Krankheitsbildern. Dadurch können therapiespezifische Verbesserungen oder Probleme im Bereich ECLS-Anwendungen rascher erkannt und an andere ECMO-Zentren weitergegeben werden. Bis Ende 2012 wurden weltweit mehr als 53.000 ECLS-Anwendungen der Extracorporeal Life Support Organization (ELSO) berichtet und statistisch ausgewertet. Derzeit (Stand: Januar 2013) sind der ELSO 200 aktive ECMO-Zentren weltweit gemeldet[23].
Mögliche Komplikationen während der Therapie
Wie eingangs schon erwähnt wird die ECMO aufgrund verschiedenster Faktoren heutzutage nur als Ultima-Ratio Therapie einsetzt. Eine dieser Faktoren sind die verschiedenen während einer ECMO Behandlung möglichen Komplikationen. Dazu zählen unter anderem das Ansaugen der Entnahmekanüle an die Gefäßwand, eine Dislokation einer der Kanülen, ein Defekt der eingesetzten Blutpumpe oder eine Luftembolie[24].
Literatur
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