Extrazelluläre polymere Substanzen


Extrazelluläre Polymere Substanzen (EPS) werden von Mikroorganismen gebildet und in ihre Umwelt abgegeben. Sie bilden die Matrix und Struktur mikrobieller Agglomerate wie Biofilme und Bakterienflocken und stellen den Hauptanteil ihrer Trockenmasse dar.[1] Die EPS dienen dem Anhaften an Oberflächen, formen den Raum zwischen den Mikroorganismen und halten sie in ihrer dreidimensionalen Anordnung zusammen.[2] Es werden meist große Unterschiede zwischen der Matrixstruktur der Mikroorganismen in der natürlichen und in der künstlich geschaffenen Umwelt gefunden. So ist oft der Polysaccharidanteil in den Naturhabitaten weit geringer als in Laborstudien.[3] Mikroorganismen einer Spezies ohne EPS sind von denen mit EPS zu unterscheiden, da diese unterschiedlich auf ihre Umwelt reagieren.

Die EPS wurden früher auch als extrazelluläre Polysaccharidstruktur oder als Glykokalyx bezeichnet.[4] Da es sich jedoch nicht ausschließlich um Polysaccharide handelt gelten diese Beschreibungen als inkorrekt.

Zusammensetzung

Die EPS bestehen vor allem aus Polysacchariden (z. B. Alginat, Cellulose, Dextran, Levan), einer Vielzahl von Proteinen, Lipiden, Phospholipiden, Glycoproteinen, Glycolipiden, oft extrazellulärer DNA (e-DNA),[3][5] Lipopolysacchariden (LPS)[6] und bis zu 97 % aus Wasser[7] Hinzu kommen adsorbierte und infiltrierte Substanzen (z. B. Minerale, Detritus, Humin- und Nährstoffe) aus der Umwelt.[8] Für die Stabilität sorgen vor allem hydrophobe Wechselwirkungen, Vernetzungen von multivalenten Kationen, e-DNA und die Verwicklungen der Polysaccharidstrukturen.[3] Die Polysaccharide bestehen aus Monosaccharidbausteinen. Oft sind es Uronsäuren wie z. B. D-Glucuron-, D-Galacturon- und D-Mannuronsäure.[7]

Die EPS bestimmen die Konditionen für das Leben im Biofilm durch die Hydrophobizität, Ladung, Wassergehalt, Substanzaufnahme, Dichte, Porosität und mechanische Stabilität.[3]

Bedeutung

Das Leben in einer EPS-Matrix ist mit einigen Vorteilen verbunden. Ein Raum wird geschaffen, der es ermöglicht, synergistische Wechselbeziehungen zwischen den Mikroorganismen einer oder verschiedener Spezies aufzubauen. In der Regel bieten die EPS eine bessere Versorgung an verwertbaren Substraten. So können durch ständige Adsorption und Anreicherung von Substraten längere Hungerperioden überstanden werden. Die EPS gewähren Schutz vor chemischen und mechanischen Einflüssen wie pH-Wert- und Temperaturschwankungen, Schadstoffe, UV-Strahlung[9] und begünstigt den Austausch von Genen.[10] Aufgrund der Standort und Spezies abhängigen Zusammensetzung der Matrix und den besonderen Lebensbedingungen, die sich für die in Biofilmen lebenden Mikroorganismen ergeben, lassen sich Phänomene z. B. der erhöhten Resistenz gegenüber chemischen Substanzen (Desinfektionsmittel, Antibiotika und Antiseptika)[2] oder synergistische Wechselwirkungen verschiedener Spezies z. B. bei Korrosionsprozessen (Biokorrosion), erklären.[11][12]

Einzelnachweise

  1. I. W. Sutherland: Exopolysaccharides in biofilms, flocs and related structures. Water Sci. Technol. 43 (6), 2001, S. 77–86.
  2. 2,0 2,1 S. Schulte, H. Flemming: Ursachen der erhöhten Resistenz von Mikroorganismen in Biofilmen. Chemie Ingenieur Technik 78 (11), 2006, S. 1683–1689.
  3. 3,0 3,1 3,2 3,3 H. Flemming, T. R. Neu, D. J. Wozniak: The EPS matrix: the “house of biofilm cells”. J. Bacteriol. 189 (22), 2007, S. 7945–7947.
  4. J. W. Costerton: Overview of microbial biofilms. J. Ind. Microbiol. 15 (3), 1995, S. 137–140.
  5. J. J. Harrison, R. J. Turner, L. L. R. Marques, H. Ceri: A new understanding of these microbial communities is driving a revolution that may transform the science of Microbiology. American Scientist 6, 2005, S. 508.
  6. H. Flemming: Biofouling in water systems – cases, causes and countermeasures. Appl. Microbiol. Biotechnol. 59 (6), 2002, S. 629–640.
  7. 7,0 7,1 I. Sutherland: Biofilm exopolysaccharides: a strong and sticky framework. Microbiology 147 (Pt 1), 2001, S. 3–9.
  8. M. Strathmann: Visualisierung und Charakterisierung von extrazellulären polymeren Substanzen in Biofilmen. Der Andere Verlag, Osnabrück 2003, ISBN 3-89959-083-X.
  9. U. Szewzyk, R. Szewzyk: Biofilme – die etwas andere Lebensweise. BIOspektrum 3, 2003, S. 253–255.
  10. M. Hausner, S. Wuertz High rates of conjugation in bacterial biofilms as determined by quantitative in situ Analysis. Appl. Environ. Microbiol. 65 (8), 1999, S. 3710–3713.
  11. H. Flemming: Biofouling und Biokorrosion – die Folgen unerwünschter Biofilme. Chemie Ingenieur Technik (67) 11, 1995, S. 1425–1430.
  12. H. T. Dinh, J. Kuever, M. Mussmann, A. W. Hassel, M. Stratmann, F. Widdel: Iron corrosion by novel anaerobic microorganisms. Nature 427 (6977), 2004, S. 829–832.

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