Flughaut


Der Flügel der ausgestorbenen Flugsaurier (1) und der Fledertiere (2) wird von einer Membran gebildet. Er ist funktional analog zum Vogelflügel (3), der aus Federn besteht.

Als Flughaut (Patagium), auch Flug- oder Gleitmembran wird eine als Tragfläche dienende Haut (mit oder ohne Stützkonstruktionen) bei Wirbeltieren bezeichnet.

Flughäute wurden in allen fünf Wirbeltierklassen entwickelt. Echte Membranflieger, die also zu aktiven Flug, dem Schlagflug, befähigt waren, brachten lediglich die Säugetiere - in Form der Fledertiere (Chiroptera) - und, in erdgeschichtlicher Vergangenheit, die Reptilien - in Form der Flugsaurier (Pterosauria) - hervor. Bei den übrigen rezenten und fossilen Arten dient die Membran dem passiven Gleit- oder Fallschirmflug, zum verlängerten Sprung von Baum zu Baum oder vom Baum auf den Boden, der oft durch flatternde Bewegung unterstützt wird. Auch können von diesen Richtung, Höhe und Dauer des Fluges nicht aktiv bestimmt werden. Die Strukturen, aus denen Flughäute gebildet wurden und deren Lage am Körper, sind je nach Art unterschiedlich.

Säugetiere

Bei Säugetieren unterscheidet man vier Körperbereiche, in denen eine Flughaut ausgebildet sein kann: Das Propatagium erstreckt sich zwischen Hals und Vorderextremität, das Plagiopatagium zieht entlang der Körperseite zwischen Vorder- und Hinterextremität und das Uropatagium reicht vom Schwanz zur Hinterextremität.

Fledermäuse (Chiroptera): An den Körperseiten bilden Oberhaut (Epidermis) und Lederhaut (Corium) die elastische, von Muskelfasern, Nerven und Blutgefäßen durchzogene Flughaut (Chiropatagium), als deren Stützskelett die stark verlängerten Mittelhand- und Fingerknochen (außer dem Daumen) sowie Ober- und Unterarm dienen.

  • Riesengleiter (Dermoptera): Pro-, Plagio- und Uropatagium
  • Gleithörnchen (Pteromyinae): Plagiopatagium; Pro- und Uropatagium sehr klein
  • Dornschwanzhörnchen (Anomaluridae): Plagio- und Uropatagium
  • Gleitbeutler (Petauridae): mit behaarten Gleithäuten zwischen Vorder- und Hinterbeinen (Plagiopatagium)

Vögel

Bei Vögeln verspannen Flughäute die verschiedenen Teile des Vogelflügels miteinander, füllen die Freiräume zwischen den Knochen aus und begrenzen den Flügelkern nach vorne und hinten. Am wichtigsten sind die vordere Flughaut, die hintere Flughaut und das große Randligamend zwischen Ellenbogen und Mittelhandknochen.[1]

Durch Schwungfedern wird die Flügelfläche weiter vergrößert. Die Schwungfedern sind die größten Federn am Flügel und werden nach Insertionsort in Handschwingen und Armschwingen unterteilt. Ein bindegewebiges Band hält sie in der richtigen Position. Sie greifen dachziegelartig ineinander.[2]

Reptilien

Gemeiner Flugdrache (Draco volans)

Flugdrachen (Draco; Agamidae) sind Gleitflieger und besitzen seitliche Hautlappen, die mit Hilfe verlängerter Rippen aufgespannt werden, während der Ruhe werden die Flughäute zusammengefaltet. Durch den abgeplatteten Körper werden zudem die aerodynamischen Eigenschaften verbessert, während der Schwanz als Steuerruder dient. Auf diese Weise können sie bis zu acht Meter weit gleiten.

Knochenfische

Fliegender Fisch
Thoracopterus magnificus

Fliegende Fische (Exocoetidae) schnellen sich durch kurze, rasche Schläge mit der im unteren Teil verlängerten Schwanzflosse aus dem Wasser und segeln mit den großen, flügelartigen spreizbaren Brustflossen meist einen Meter, bei günstigen Aufwinden auch bis fast 10 Meter hoch über die Wasseroberfläche. Schon vor 200 Millionen Jahren lebte im Tethys-Ozean, im Raum des heutigen Mittelmeers und der Alpen, Thoracopterus niederristi, ein primitiver Knochenfisch und der älteste bekannte gleitfähige Fisch. In den Fossilienfunden sind die stark verbreiterten Brustflossen und der verlängerte Unterteil der Schwanzflosse deutlich zu erkennen.

Amphibien

Wallace-Flugfrosch beim Gleitsprung (aus The Malay Archipelago, Wallace 1869)

Zwischen den Fingern und Zehen der Eigentlichen Ruderfrösche (Rhacophorus) aus Südostasien spannt sich eine Gleitmembran auf. Diese wird nach dem Absprung ausgebreitet und ermöglicht ein Gleiten von Baum zu Baum. Somit können die Tiere energiesparend und unter Vermeidung der gefährlichen Bodenregion ihren Lebensraum wechseln oder Fressfeinden entkommen.

Einzelnachweise

  1. Georg Rüppel: Vogelflug. Kindler, München 1975, ISBN 3-463-00611-1, S. 38.
  2. Gerhard Hummel: Anatomie und Physiologie der Vögel.Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3-8252-2144-X, S. 30–33 und 202–203.