Forstliches Gutachten
Im Forstlichen Gutachten, auch Vegetationsgutachten oder Verbissgutachten genannt, wird der Einfluss des Schalenwildes auf die Waldverjüngung beurteilt. In fast allen deutschen Bundesländern werden diese von den Forstbehörden in regelmäßigen Abständen erstellt. Insbesondere Verbiss der Leittriebe durch das Wild, aber auch Fegen von Rehbock oder Hirsch schädigen die jungen Waldbäume. Zudem können ältere Bäume vor allem vom Rotwild geschält werden. Bei hohen Schalenwilddichten können die Wildschäden dazu führen, dass empfindliche Baumarten wie die Tanne oder die Eichen komplett ausfallen und es zu einer Entmischung der Waldverjüngung kommt. Dies führt langfristig zu instabilen und schadanfälligen Reinbeständen, zum Beispiel Fichtenmonokulturen. Die Forstlichen Gutachten werden auf Jagdrevierebene oder für Hegegemeinschaften erstellt und stellen gutachtlich die Verbiss-, Fege- und Schälschäden fest. Die Gutachten dienen als wichtige Grundlage für die Aufstellung der Abschusspläne für Schalenwild.
In Österreich wird ein landesweites Wildeinflussmonitoring (WEM) durchgeführt. Die Schweizer Kantone wenden unterschiedliche Verfahren zur Beurteilung der Wildschäden an.
Bayern
Die Forstlichen Gutachten zur Situation der Waldverjüngung werden in Bayern alle drei Jahre von den unteren Forstbehörden für die rund 750 bayerischen Hegegemeinschaften gefertigt. Die Gutachten werden in einem zweistufigen System erstellt. Zu Beginn der Vegetationsperiode im Frühjahr führen die Forstbeamten auf über 25.000 systematisch ausgewählten Verjüngungsflächen eine Inventur zur Verjüngungssituation durch. Bei den Inventuraufnahmen werden in Probekreisen die Jungpflanzen der Waldbäume erfasst und auf Verbiss- und Fegeschäden durch Schalenwild untersucht. Auf Basis der Ergebnisse dieser statistisch abgesicherten Stichprobeninventur und anderer Erkenntnisse, wie zum Beispiel von Revierbegängen mit Waldbesitzern und Jägern oder von Weiserflächen, wird dann von den Fachleuten der Bayerischen Forstverwaltung das Gutachten für die Hegegemeinschaft erstellt. Es wird die Verbisssituation in vier Stufen bewertet (Verbissbelastung „günstig“, „tragbar“, „zu hoch“ oder „deutlich zu hoch“) und eine Abschussempfehlung für die kommende dreijährige Abschussplanperiode ausgesprochen („deutlich senken“, „senken“, „beibehalten“, „erhöhen“ oder „deutlich erhöhen“). Die Forstlichen Gutachten werden den betroffenen Vorständen der Jagdgenossenschaften, Eigenjagdbesitzern, Revierpächtern, unteren Jagdbehörden und Jagdbeiräten im Vorfeld der Drei-Jahres-Abschussplanung für Rehwild zur Verfügung gestellt. Im Verfahren der Forstlichen Gutachten werden die Jagdgenossen und Jäger intensiv eingebunden, so können sie an den Inventuraufnahmen teilnehmen und zu den Ergebnissen der Verjüngungsinventur Stellung nehmen. Mit der Einführung der Forstlichen Gutachten im Jahr 1986 als objektive Grundlage konnte die oft sehr emotional geführte Diskussion zwischen Jägern und Waldbesitzern um Verbissschäden und Abschusshöhen wesentlich versachlicht werden. Beim Forstlichen Gutachten 2012 wurden in Bayern etliche, mit den Verbänden der Grundbesitzer und Jäger vorher abgestimmte Weiterentwicklungen eingeführt. So werden zum Beispiel für die einzelnen Jagdreviere der Hegegemeinschaft ergänzende Revierweise Aussagen erstellt und den Gutachtern und Beteiligten zusätzliche Auswertungen der Verjüngungsinventur zur Verfügung gestellt.