Verbiss


Als Verbiss bezeichnet man das Abbeißen von Knospen, Blättern oder Zweigen vor allem an landwirtschaftlich oder forstwirtschaftlich erwünschten Pflanzen. Verbiss erfolgt durch Wild- und Nutztiere. Er kann den Wuchs von Pflanzen verzögern, Krüppelwuchs und Bonsaiformen verursachen oder eine Pflanze absterben lassen.

Verbiss durch Nutztiere

Verbiss durch Nutztiere wie Schafe und Ziegen kann die Vegetation nachhaltig beeinflussen. Beispiele sind spezielle Hutewälder für Weidetiere. Wenn der Verbiss das Wachstum erwünschter Vegetation nachhaltig hemmt oder verhindert, spricht man von Überweidung, die – insbesondere im Zusammenwirken mit anderen Umweltfaktoren – weitreichende ökologische Folgen haben kann. Viele Kulturlandschaften, beispielsweise Heiden, entstanden erst durch die Nutztierhaltung. Daher wird die Haltung von Schafen teilweise im Rahmen (und gelegentlich auch Burenziegen) der Landschaftspflege gefördert, um die Verbuschung zu verhindern.

Die Vermeidung von Verbiss und Vertritt hat jedoch auch zu einer Vielzahl von Landschaftselementen geführt. Traditionelle Flurformen wie etwa die Eschflur und die Blockflur waren mit Viehhaltung verbunden, wobei die Weideflächen eher am Rande der Gemarkung lagen. Das Vieh wurde häufig abends entlang der Äcker ins Dorf zurückgetrieben. Um Verbiss und Vertritt zu vermeiden, wurden die wertvollen Äcker mit Hecken geschützt. Knicks und Redder, die vor allem im Norden Deutschlands immer noch zu finden sind, verdanken ihre Entstehung dieser Vorsorgemaßnahme.

Wildverbiss

Die Spitze einer Fichte wurde abgebissen

Den Verbiss an Pflanzen durch Tierarten, die dem Jagdrecht unterliegen, bezeichnet man als Wildverbiss. Als Verursacher in Frage kommt vor allem wiederkäuendes Schalenwild (alle Schalenwildarten mit Ausnahme des Wildschweins). Nur örtlich bedeutend ist der Verbiss durch Feldhase und Wildkaninchen.

Untragbare Wildschäden zu verhindern ist in erster Linie Aufgabe der Jagd. So verlangt das Bundesjagdgesetz sinngemäß, dass die im Jagdrevier vorkommenden Hauptbaumarten im Wesentlichen ohne Schutzmaßnahmen verjüngt werden können. Direkte Schutzvorkehrungen sind der Bau von Forstkulturzäunen oder der Einzelschutz (Versehen der einzelnen Pflanze mit mechanischen oder chemischen Schutzmitteln).

Verbiss gehört zu den natürlichen Lebensäußerungen des Wildes und wird erst dann zum Problem, wenn er mit gesellschaftlichen Zielen (Waldfunktionen) oder Zielen des im Wald wirtschaftenden Menschen (seltener mit landwirtschaftlichen Zielen) in Konflikt gerät. Weil das Wild unter den Waldbäumen bestimmte Arten mehr oder weniger bevorzugt (Reihung in etwa Vogelbeere vor Eiche, Hainbuche, Edellaubholz, Tanne, Buche, Fichte, Kiefer, Birke), kommt es zu Konkurrenzvorteilen bei weniger verbissenen Pflanzen. Besonders Rehe wählen ihre Nahrung (Äsung) mit Vorliebe nach deren Stickstoffgehalt aus, der zum Beispiel in Knospen von Laubbäumen hoch ist. So kann entsprechend verteilter Wildverbiss ursprünglich gemischte Wälder in heutzutage unerwünschte Reinbestände verwandeln. Sehr hoher Verbissdruck verhindert die Verjüngung des Waldes (Nachwachsen einer jungen Waldgeneration) überhaupt.

An einer forstlichen Kultur oder an Naturverjüngungen kann Wildverbiss zu empfindlichen Schäden und hohen Ausgaben (z.B. für Nachpflanzungen) führen. Entsteht durch Schalenwild oder Kaninchen ein wirtschaftlicher Schaden, kann der Geschädigte in der Regel Schadensersatz verlangen.

Die Forstbehörden in den meisten deutschen Bundesländern beurteilen die Wildverbissschäden an der Waldverjüngung in sogenannten Forstlichen Gutachten.

Ähnliche Schäden

Von Abbissen oder Absprüngen wird gesprochen, wenn unter einem Baum Triebe in auffallender Menge liegen. An Fichten und Tannen werden diese von Eichhörnchen hervorgerufen. An Kiefern brechen die Triebe nicht selten an den Bohrstellen ab, welche der Kiefernmarkkäfer (Tomicus piniperda) an ihnen erzeugt hat.

Weitere Schäden werden verursacht durch Fegen mit dem Geweih und Schälen der Rinde. Bodenveränderungen und Schädigungen durch Vertritt treten vorwiegend durch Huftierherden auf.

Literatur

  • Wolfgang Schwenke (Hrsg.) u. a.: Die Forstschädlinge Europas. Ein Handbuch in 5 Bänden.
    • Band 5: Wirbeltiere. Parey, Hamburg 1986, ISBN 3-490-11516-3
  • Fritz Schwerdtfeger: Die Waldkrankheiten. Lehrbuch der Forstpathologie und des Forstschutzes. 4. Auflage. Parey, Hamburg 1981, ISBN 3-490-09116-7.