Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene


Der Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene (HAWIE, seit 2006 nur WIE) ist die auf Deutsch übersetzte und an deutschsprachigen Testteilnehmern normierte Adaptation des ursprünglich englischsprachigen Intelligenztests Wechsler Adult Intelligence Scale (WAIS) von David Wechsler. Das Verfahren ist eine der ältesten Testbatterien zur Messung der menschlichen Intelligenz. 1991 erschien es in einer revidierten Version HAWIE-R und 2006 erschien die deutsche Bearbeitung der aktuellen, englischsprachigen 3. Auflage (WAIS-III), die in der deutschen Auflage nur noch „Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene“ oder kurz WIE betitelt ist.[1]

Die Testbatterie besteht aus 11 Untertests (Subtests). Die einzelnen Untertests lassen sich in einen Verbalteil und einen Handlungsteil gruppieren. Anhand von Normtabellen lässt sich die Leistung eines Probanden mit den Leistungen der Altersgruppe vergleichen. Der Test wurde so konstruiert, dass keine systematischen Geschlechtsunterschiede gefunden wurden. Die Leistung wird relativ zur Altersgruppe als Intelligenzquotient (IQ) mit arithmetischem Mittel 100 und Standardabweichung 15 ausgedrückt. Ein IQ von 100 bedeutet demnach, dass der Proband ebenso gut abgeschnitten hat wie der Durchschnitt seiner Altersgruppe. Es kann also durchaus sein, dass zwei Probanden in unterschiedlichem Alter trotz selbem IQ unterschiedlich viele Aufgaben gelöst haben. Die Triple Nine Gesellschaft (Triple Nine Society) akzeptiert diesen Test für Mitgliedschaft, minimum = 146[2]

Skalen

Übersicht der Skalen[3]
Skalenname Abkürzung Anzahl der Fragen Aufgabengruppe
Allgemeines Wissen AW 24 Verbalteil
Zahlennachsprechen ZN 14
Wortschatz-Test WT 32
Rechnerisches Denken RD 14
Allgemeines Verständnis AV 13
Gemeinsamkeiten finden GF 16
Bilderergänzen BE 17 Handlungsteil
Bilderordnen BO 10
Mosaik-Test MT 9
Figurenlegen FL 4
Zahlen-Symbol-Test ZS 93

Aufgabenbeschreibung

Es wird abwechselnd eine Aufgabe aus dem Verbal- und eine aus dem Handlungsteil bearbeitet:

  1. Allgemeines Wissen: Hier werden Fragen zur Allgemeinbildung gestellt, beispielsweise zu Künstlernamen, Wissenschaftlern, Politik, Biologie. Es gibt keine Zeitbegrenzung.
  2. Bilderergänzen: Hier wird ein Bild gezeigt, in dem etwas fehlt. Es sind 20 Sekunden Zeit pro Bild, um das fehlende Teil zu benennen.
  3. Zahlen nachsprechen: Es wird eine Zahlenreihe vorgesprochen, die anschließend nachgesprochen werden soll. Die erste Zahlenreihe besteht aus drei Zahlen. Die nachfolgenden sind jeweils eine Zahl länger. Die längste Reihe besteht aus neun Zahlen.
  4. Bilder ordnen: Es gibt 10 Serien mit Bildern. Nacheinander wird je eine Serie ungeordnet präsentiert und soll zu einer Geschichte geordnet werden. Die Bearbeitungszeit beträgt je nach Schwierigkeit der Bilderserie zwischen 60 und 120 Sekunden je Serie.
  5. Wortschatztest: Hier soll die Bedeutung einiger Wörter genannt werden. Es gibt mehrere richtige Antworten, die im Anhang der Handanweisung aufgelistet sind. Pro richtige Antwort gibt es einen Punkt. Die Wörter sind nach steigender Schwierigkeit sortiert und es gibt keine Zeitbegrenzung.
  6. Mosaiktest: Mit Würfeln, auf denen auf jeder Seite ein anderes Muster abgebildet ist, soll ein vorgegebenes Muster nachgebildet werden. Die Würfel sollen dazu mit der richtigen Seite nach oben aneinandergelegt werden. Die Muster 1-5 müssen mit 4 Würfeln innerhalb von 60 Sekunden gelegt werden, die Aufgaben 6-9 mit 9 Würfeln in 120 Sekunden.
  7. Rechnerisches Denken: Teils mithilfe der Würfel, teils ohne werden mündlich Rechenaufgaben gestellt, die im Kopf gelöst werden sollen. Je nach Aufgabenschwierigkeit hat man zur Lösung 15-120 Sekunden Zeit.
  8. Figuren legen: Es sollen Bilder aus größeren Puzzleteilen gelegt werden. Die Stoßkanten der Teile sind gerade. Die Lösung ist in 120 bis 180 Sekunden pro Bild zu erbringen. Werden die Aufgaben schneller gelöst, gibt es zusätzliche Punkte (Zeitbonus).
  9. Allgemeines Verständnis: Hier werden Verständnisfragen gestellt. Verschiedenen Antwortmöglichkeiten sind in der Handanweisung unterschiedliche Punktzahlen zugeordnet, so dass je nach Qualität der Antwort 0, 1 oder 2 Punkte vergeben werden. Ohne Zeitbegrenzung.
  10. Zahlensymboltest: Innerhalb von 90 Sekunden soll unter jede Zahl das passende Symbol gezeichnet werden, das oberhalb in einem Muster zugeordnet ist.
  11. Gemeinsamkeiten finden: Zu einem vorgegebenen Wortpaar soll eine Gemeinsamkeit gefunden werden. Es gibt keine Zeitbegrenzung. Entsprechend den Lösungen, die in der Handanweisung aufgelistet sind, werden je nach Güte der Antwort 0, 1 oder 2 Punkte vergeben.

Geschichte

Der Autor des HAWIE-R Uwe Tewes schreibt: „Im Gedenken an meinen Lehrer Curt Bondy, dem das Verdienst zukommt, die Wechsler-Tests in den deutsch-sprachigen Bereich eingeführt zu haben, soll der ursprüngliche Testname beibehalten werden und der Test als HAWIE-R veröffentlicht werden.[4]“ „Die deutsche Fassung, der Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene (HAWIE), wurde von Hardesty und Lauber (1956) unmittelbar nach dem Erscheinen der WAIS veröffentlicht. Die jetzt vorgelegte Revision des HAWIE orientiert sich hinsichtlich der Aufgabeninhalte stärker an der WAIS-R als an der ursprünglichen Fassung des HAWIE.[5]

Erscheinungsjahr Testname Abkürzung Autoren
1939 revidiert 1942 Wechsler Bellevue Intelligence Scale WBIS David Wechsler
1949 Wechsler Intelligence Scale for Children WISC
1974 Wechsler Intelligence Scale for Children revised WISC-R
1955 Wechsler Adult Intelligence Scale WAIS
1981 Wechsler Adult Intelligence Scale revised WAIS-R
1997 Wechsler Adult Intelligence Scale - Third Edition WAIS-III
1967 Wechsler Preschool and Primary Scale of Intelligence WPPSI
1956 Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene HAWIE Curt Bondy[6], Anne Hardesty und Hans Lauber[7]
1991 Hamburg-Wechsler-Intelligenz-Test für Erwachsene Revision HAWIE-R Uwe Tewes
2006 Wechsler Intelligenztest für Erwachsene WIE M. von Aster, A. Neubauer und R. Horn

Normierung

Die Normstichprobe der aktuellen Auflage, dem WIE, wurde zwischen 1999 und 2005 erhoben (Deutschland: N = 1377; Österreich: N = 260; Schweiz: N = 260). Die Normstichprobe wird von 16 bis 89 Jahren in 13 Gruppen (meist Intervalle von 5 Jahren) aufgeteilt. Diese sind, abweichend von der Allgemeinbevölkerung, mit rund 140 Personen etwa gleich stark besetzt. Für diese Gruppen werden separat Normtabellen auf Subtestebene angeboten, die aber den Vergleich der Rohwertpunkte über die Lebensspanne hinweg erschweren.

Reliabilität (Zuverlässigkeit)

Die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) des Handlungsteils beträgt je nach Alter und Subtest zwischen α = 0,60 und α = 0,95. Die mittlere Konsistenz für den Handlungsteil liegt bei r = 0,90. Die interne Konsistenz (Cronbachs Alpha) der Untertests des Verbalteils beträgt je nach Alter und Subtest zwischen α = 0,57 und α = 0,92. Die mittleren Konsistenzen für den Verbalteil liegen bei r = 0,96. Für den Test insgesamt ergibt sich ebenso eine mittlere Konsistenz von α = 0,96.[8]

Einzelnachweise

  1. Informationen des Verlags
  2. Triple Nine Society
  3. Uwe Tewes: HAWIE-R. Hamburg-Wechsler-Intelligenztest für Erwachsene, Revision 1991 ; Handbuch und Testanweisung, Bern ; Göttingen ; Toronto ; Seattle : Verlag Hans Huber, 1994, ISBN 3-456-82472-6
  4. Handanweisung, S. 1 (Anmerkung: Curt Bondy war zum Zeitpunkt der ursprünglichen Testveröffentlichung der Leiter des Psychologischen Instituts der Universität Hamburg - daher der Namenszusatz „Hamburg“ im deutschen Testnamen)
  5. Handanweisung, S. 5
  6. Handanweisung, S. 1
  7. Handanweisung, S. 5
  8. Handanweisung, S. 21