Hepatitis E
Klassifikation nach ICD-10 | |
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B17.2 | Akute Virushepatitis E |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Die Hepatitis E ist eine virale, infektiöse Hepatitis beim Menschen, die durch das Hepatitis-E-Virus (HEV) verursacht wird. Besonders bei Überschwemmungen in Südostasien während der Monsunzeit kann sich Hepatitis E zu einer Epidemie entwickeln, da sie durch Wasser übertragen wird und auch im Zusammenhang mit Tieren als Reservoir des Erregers steht. In gemäßigten Breiten kommt sie nur vereinzelt als importierte Reiseerkrankung oder als sporadische Infektion unbekannter Quelle vor. Ein Impfstoff ist in der Volksrepublik China seit April 2012 zugelassen.
Erreger
Der Erreger ist das Hepatitis-E-Virus (HEV). Es handelt sich um ein unbehülltes Einzel(+)-Strang RNA-Virus von 32–34 nm Größe. Früher als Teil der Familie Caliciviridae betrachtet, wird ihm inzwischen die monotypische Familie der Hepeviridae zugesprochen (Emerson et al., 2004). Mehrere humanpathogene Subtypen des HEV sind beschrieben worden Die Erkrankung tritt meist in anikterischer Form auf und wurde erstmals 1980 in Indien entdeckt. Es wird diskutiert, ob das HEV eine Zoonose ist, da ähnliche Viren auch bei Schweinen, Affen, Rehen, Mäusen und Schafen nachgewiesen werden konnten. Neuere Untersuchungen[1] bringen den Verzehr von Wildschweinfleisch/Innereien mit Erkrankungen in Verbindung und zeigen, dass rund 15 % der Wildschweine in Deutschland das Hepatitis E-Virus tragen.[2]
Vorkommen
Die Hepatitis E ist die zweithäufigste Hepatitis in Nordafrika und Vorderasien, speziell im Sudan und Irak. Die Zahl der Hepatitis-E-Fälle stieg in den letzten Jahren an. Im Jahr 2009 wurden für Deutschland 106 Erkrankungen gemeldet.[3] 2007 und 2008 waren die Mehrzahl der in derselben Größenordnung liegenden Neuerkrankungen durch in Deutschland heimische Virusstämme verursacht.[4] 2011 wurden in Deutschland 238 Fälle gemeldet und für das Jahr 2012 bis August bereits 206 Infektionen registriert.[5] Die meisten Erkrankungen waren nach Auslandsreisen in Endemiegebiete aufgetreten.
Übertragung
Der Übertragungsweg ist per Kontaktinfektion beziehungsweise Schmierinfektion fäkal-oral und über das Wasser möglich. Die Transmission von Person zu Person (Tröpfcheninfektion) ist nicht nachgewiesen, so dass eine Verbesserung der sanitären Situation sowie das Aufkochen des Wassers beziehungsweise eine chemische Desinfektion die Krankheit verdrängt.
Klinischer Verlauf
Die Erkrankung hat eine Inkubationszeit von 30 bis 40 Tagen und ist klinisch nicht von der Hepatitis A zu unterscheiden. Sie ist jedoch schwerer im Verlauf, in 0,5 bis 4 % der Fälle sogar tödlich. Besonders Schwangere sollten nicht in Endemiegebiete reisen, da eine Infektion während der Schwangerschaft mit einer Sterblichkeit von rund 25 % bei der werdenden Mutter verbunden ist.[6] Nach Organtransplantation kann die Hepatitis E in eine chronische Verlaufsform übergehen.[7] und zur Leberzirrhose führen.[8]
Therapie
Eine kausale Therapie der Hepatitis-E-Infektion ist bisher nicht bekannt. Die Therapie beschränkt sich auf symptomatisch-unterstützende Maßnahmen.[9]
Impfung
Ein Impfstoff befindet sich in klinischer Erprobung. Die Effektivität konnte im März 2007 in einer Phase-2-Studie, die in Nepal durchgeführt wurde, nachgewiesen werden.[10] 2010 konnte in einer chinesischen Studie mit 56.302 Geimpften und einer ebenso großen Kontrollgruppe statistisch die Signifikanz des Impfstoffs nachgewiesen werden. Von den geimpften Personen erkrankte in zwölf Monaten niemand an der Erkrankung, während 15 Personen der Kontrollgruppe erkrankten.[11] Der Impfstoff erhielt als HEV 239 in der Volksrepublik China im April 2012 die Zulassung.[12]
Literatur
- Übersichtsartikel
- J. H. Hoofnagle, K. E. Nelson, R. H. Purcell: Hepatitis E. In: The New England journal of medicine. Band 367, Nummer 13, September 2012, S. 1237–1244, ISSN 1533-4406. doi:10.1056/NEJMra1204512. PMID 23013075.
- N. Kamar, R. Bendall, F. Legrand-Abravanel, N. S. Xia, S. Ijaz, J. Izopet, H. R. Dalton: Hepatitis E. In: Lancet. Band 379, Nummer 9835, Juni 2012, S. 2477–2488, ISSN 1474-547X. doi:10.1016/S0140-6736(11)61849-7. PMID 22549046.
Weblinks
- Hepatitis E – Informationen des Robert Koch-Instituts
Einzelnachweise
- ↑ O. Wichmann, S. Schimanski, J. Koch, M. Kohler, C. Rothe, A. Plentz, W. Jilg, K. Stark: Phylogenetic and case-control study on hepatitis E virus infection in Germany. In: The Journal of infectious diseases. Band 198, Nummer 12, Dezember 2008, S. 1732–1741, ISSN 0022-1899. doi:10.1086/593211. PMID 18983248.
- ↑ A. Schielke, K. Sachs, M. Lierz, B. Appel, A. Jansen, R. Johne: Detection of hepatitis E virus in wild boars of rural and urban regions in Germany and whole genome characterization of an endemic strain. In: Virology journal. Band 6, 2009, S. 58, ISSN 1743-422X. doi:10.1186/1743-422X-6-58. PMID 19442307. PMC 2689194 (freier Volltext).
- ↑ Hepatitis E-Virus in deutschen Wildschweinen. Information Nr. 012/2010 des BfR, 1. März 2010.
- ↑ Hepatitis E – Epidemiologie und Risikofaktoren in Deutschland. In: Epidemiologisches Bulletin des RKI. Nr. 49/2008, 5. Dezember 2008.
- ↑ Robert-Koch-Institut: SurvStat-Abfrage.
- ↑ A. Kumar, M. Beniwal, P. Kar, J. B. Sharma, N. S. Murthy: Hepatitis E in pregnancy. In: International journal of gynaecology and obstetrics. Band 85, Nummer 3, Juni 2004, S. 240–244, ISSN 0020-7292. doi:10.1016/j.ijgo.2003.11.018. PMID 15145258.
- ↑ N. Kamar, J. Selves, J. M. Mansuy, L. Ouezzani, J. M. Péron, J. Guitard, O. Cointault, L. Esposito, F. Abravanel, M. Danjoux, D. Durand, J. P. Vinel, J. Izopet, L. Rostaing: Hepatitis E virus and chronic hepatitis in organ-transplant recipients. In: The New England journal of medicine. Band 358, Nummer 8, Februar 2008, S. 811–817, ISSN 1533-4406. doi:10.1056/NEJMoa0706992. PMID 18287603.
- ↑ R. Gérolami, V. Moal, P. Colson: Chronic hepatitis E with cirrhosis in a kidney-transplant recipient. In: The New England journal of medicine. Band 358, Nummer 8, Februar 2008, S. 859–860, ISSN 1533-4406. doi:10.1056/NEJMc0708687. PMID 18287615.
- ↑ Gerd Herold et al. : Innere Medizin, Köln, 2012, S. 525f.
- ↑ M. P. Shrestha, R. M. Scott, D. M. Joshi, M. P. Mammen, G. B. Thapa, N. Thapa, K. S. Myint, M. Fourneau, R. A. Kuschner, S. K. Shrestha, M. P. David, J. Seriwatana, D. W. Vaughn, A. Safary, T. P. Endy, B. L. Innis: Safety and efficacy of a recombinant hepatitis E vaccine. In: The New England journal of medicine. Band 356, Nummer 9, März 2007, S. 895–903, ISSN 1533-4406. doi:10.1056/NEJMoa061847. PMID 17329696.
- ↑ F. C. Zhu, J. Zhang, X. F. Zhang, C. Zhou, Z. Z. Wang, S. J. Huang, H. Wang, C. L. Yang, H. M. Jiang, J. P. Cai, Y. J. Wang, X. Ai, Y. M. Hu, Q. Tang, X. Yao, Q. Yan, Y. L. Xian, T. Wu, Y. M. Li, J. Miao, M. H. Ng, J. W. Shih, N. S. Xia: Efficacy and safety of a recombinant hepatitis E vaccine in healthy adults: a large-scale, randomised, double-blind placebo-controlled, phase 3 trial. In: Lancet. Band 376, Nummer 9744, September 2010, S. 895–902, ISSN 1474-547X. doi:10.1016/S0140-6736(10)61030-6. PMID 20728932.
- ↑ A. Proffitt: First HEV vaccine approved. In: Nature Biotechnology. 30, 2012, S. 300–300, doi:10.1038/nbt0412-300a.