Kupfersteinzeit


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Steinzeit

Als Kupfersteinzeit oder Kupferzeit (Chalkolithikum, Äneolithikum) wird in Teilen Europas und Vorderasiens ein Zeitabschnitt zwischen der Jungsteinzeit und der frühen Bronzezeit bezeichnet, in dem der Kupferbergbau und grundlegende Techniken der Metallurgie erfunden wurden.

Kupfer in der Jungsteinzeit

Bis heute gibt es keinen einheitlichen Namen für den Zeithorizont der frühen Kupferverarbeitung, was an der regional sehr unterschiedlichen Einführung der Kupferverarbeitung liegt. Der Zugang zum Rohmaterial Kupfer war von lokalen Vorkommen und dem unterschiedlichen Zugang zu Handelsnetzen abhängig. Die Archäologie definiert den Beginn der Kupferzeit vor allem über die wirtschaftliche Bedeutung des Metalls, was meist mit dem Kupferbergbau einhergeht, in Einzelfällen aber auch über die lokale Verarbeitung importierten Kupfers definiert wird. In der mitteleuropäischen Gliederung des Neolithikums von Jens Lüning entsprechen die Unterstufen Jungneolithikum, Spätneolithikum und Endneolithikum der Kupferzeit.[1]

Frühe Kupferverhüttung ist bereits in der frühen Vinča-Kultur des späten 6. vorchristlichen Jahrtausends nachgewiesen.[2] In den letzten Jahren bei Ausgrabungen geborgene Kupferwerkzeuge (Äxte und Meißel) sowie Schlacken der serbischen Fundplätze Pločnik (Okrug Toplica)[3][4] und Belovode (Okrug Braničevo) gelten als die frühesten verhütteten Kupferobjekte in Europa. Der zugehörige Bergbau wurde anhand von spezifischen Blei-Isotopen im Kupfer in der Region um Rudna Glava identifiziert.[5] Sie sind bis zu 800 Jahre älter als die Kupfer- und Goldobjekte aus dem Gräberfeld von Warna und die wahrscheinlich zugehörige Kupfermine von Ai-Bunar (nördlich von Stara Sagora, Bulgarien).

Die ersten Metallkulturen Südosteuropas – dort meist als Äneolithikum bezeichnet – sind neben der Vinča-Kultur (Serbien, Westbulgarien) die Cucuteni-Tripolje-Kultur (Ostrumänien, Ukraine) und die Theiß-Kultur in Ungarn. Im Vorderen Orient reicht das Äneolithikum von der späten Halaf-Zeit bis zur Obed-Zeit. Gegenstände aus kalt gehämmertem, gediegenem Kupfer sind jedoch bereits aus dem Präkeramischen Neolithikum bekannt. Auf der Iberischen Halbinsel ist die erste Kupferverhüttung in der Siedlung Cerro Virtud (Almería, Südostspanien) belegt. Hier wurden verziegelte Reste der Ofenwandung eines Schmelzofens gefunden, was auf ein Reduktionsverfahren hindeutet.[6] Der Befund datiert ins frühe 5. vorchristliche Jahrtausend, ebenso wie die meisten Fundplätze Südosteuropas. Die Los Millares-Kultur führt die metallurgische Tradition in Spanien fort.

In Mitteleuropa kommen erste importierte Gegenstände aus Kupferblech in Gräbern der Rössener Kultur in der ersten Hälfte des 5. Jahrtausends v. Chr. vor, die jedoch keine wirtschaftliche Bedeutung haben.[7] Objekte wie Äxte und Beile treten erst mit der westlichen Lengyel-Kultur in Mähren und Österreich auf, was sich auch in süd- und mitteldeutschen Kulturen (Münchshöfener Kultur, Gaterslebener Kultur, Baalberger Kultur) in Form von Importen niederschlägt. Eigenständige Kupferverarbeitung von importiertem Metall gibt es um 4200 v. Chr. in der schlesischen Jordansmühler Kultur, was durch einzelne noch erhaltene Gussformen im Fundplatz Jordansmühl belegt ist.

Der erste nachweisbare Kupferbergbau Mitteleuropas wurde von der Bevölkerung der Mondseekultur (3770 - 3200 v. Chr.) betrieben, da deren Kupfergegenstände teilweise aus Kupferkiesvorkommen am Mitterberg bei Mühlbach am Hochkönig (Österreich) stammen.

Metallbearbeitung

Die Metallbearbeitung wurde zunächst an gediegenen (elementar vorkommenden) Metallen wie Gold, Silber und Kupfer entwickelt. Die ältesten gediegenen Schmuckplättchen aus Kupfer datieren aus dem 8. Jahrtausend v. Chr. und stammen aus Anatolien, zum Beispiel vom Fundplatz Çayönü.

Der wohl bekannteste Mensch der Kupferzeit ist der als Kältemumie erhaltene Ötzi, der um 3300 v. Chr. lebte. Er trug bei seinem Tode ein fast komplett erhaltenes Kupferbeil mit sich.

Vor der Entwicklung der Bronze waren Metallgegenstände nur begrenzt waffenfähig einsetzbar, da Kupfer in kaltem Zustand verbiegt und schnell abstumpft. Erst das Gießen ermöglichte außerdem die Serienfertigung gleichartiger Objekte.

Während der Kupferzeit wurden Techniken der Prospektion und Gewinnung von Erzen, vornehmlich in offenen Gruben entwickelt. Die Entwicklung der Verhüttung von Kupfer entschärfte den Engpass an gediegenem Kupfer. Auch Blei wurde bereits verhüttet und wird oft im Zusammenhang mit der Gewinnung des Silbers gesehen. Zusammen mit dem Abbau von Zinn legte dies die technische Basis für die nachfolgende Bronzezeit.

Der kupferzeitliche Verhüttungsprozess ging vor allem von oxidischen bzw. karbonatischen Erzen Malachit und Azurit aus. Diese ließen sich in einem einstufigen Prozess unter Erhitzung in einer reduzierenden Atmosphäre verhütten: die Erze entstehen in der Oxidationszone der Erzgänge und können Mächtigkeiten bis zu 30 m aufweisen. Neben oxidischen Erzen wurden teils auch komplexere Erze, wie Chalkopyrit (Kupferkies, CuFeS2) und Chalkosin (Kupferglanz, CuS) verhüttet. Bei ihnen liegt das Kupfer als Sulfid vor und musste zunächst geröstet werden, um den Schwefel in Schwefeldioxid zu überführen. In einem separaten Prozess erfolgte dann die Reduktion zu Kupfer. Für sie brauchte man Holzkohle, da der Kohlenstoff das Kohlenmonoxid der reduzierenden Atmosphäre liefert. Das Schmelzen für den Kupferguss benötigt ebenfalls Holzkohle, da Kupfer erst bei 1083 °C schmilzt.

Kulturell brachte die Kupferzeit mehrere Veränderungen: Siedlungen in Mitteleuropa wurden tendenziell kleiner, dafür stärker befestigt. Sie lagen vor allem auf Anhöhen. Insbesondere im Mittelmeerraum führte die Entwicklung der Kupferbearbeitung zu einem verstärkten Fernhandel. Kupfer aus dem Balkan wurde zum Teil bis nach Deutschland gehandelt, wie eine am Bodensee gefundene Kupferscheibe beweist.

Wahrscheinlich führte die Nutzbarmachung von Metall zu einem starken sozialen Wandel. Die ersten Oberschichten begannen sich zu bilden – sie kontrollierten den Abbau und die Verhüttung des Metalls. Hierauf weist das Gräberfeld von Warna an der Westküste des Schwarzen Meers in Bulgarien hin, wo eine Oberschicht mit extrem reichen Goldbeigaben (Waffen, Werkzeug, Schmuck, Keramik mit Goldauflage) begraben liegt.

In Südamerika gab es ab dem 1. Jahrhundert eine Parallelentwicklung in der Mochica-Kultur, die im Bereich der Pazifikküste des nördlichen Peru siedelte. Auf einem schmalen, aber rund 600 km langen Streifen in der Küstenwüste betrieben die Mochica einen ertragreichen Bewässerungsfeldbau mit Guanodüngung. Die Keramik war hoch entwickelt, ebenso die Metallverarbeitung. Neben Gold und Silber verarbeiteten die Mochica auch Kupfer und stellten Kupferlegierungen her, vor allem Tumbago. Technologisch bemerkenswert ist überdies ihr Verfahren, Kupfer zu vergolden.

Kulturen und Fundorte

  • Spielberg bei Melk (Österreich): Siedlung
  • Bisamberg (Niederösterreich): Fragment eines Gusslöffels
  • Götschenberg bei Bischofshofen (Salzburg): Bergbausiedlung, Kupfererz, Werkstücke aus Kupfer
  • Jevišovice-Kultur
  • Mitterberg bei Mühlbach am Hochkönig

Weblinks

Commons: Kupfersteinzeit – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Jens Lüning: Erneute Gedanken zur Benennung der neolithischen Perioden. In: Germania. Band 74, 1996, S. 233 ff.
  2. Miljana Radivojević et al.: On the origins of extractive metallurgy: new evidence from Europe. In: Journal of Archaeological Science, Band 37, Heft 11, 2010, S. 2775-2787 doi:10.1016/j.jas.2010.06.012
  3. 7500 Jahre alte Werkzeuge Nachricht auf n-tv, 22. September 2009 (abgerufen am 3. Januar 2011)
  4. Archäologen rätseln über 7000 Jahre alte Kupferfunde Spiegel Online vom 27. Dezember 2010 (abgerufen am 3. Januar 2011)
  5. Dušan Borić: Absolute Dating of Metallurgical Innovations in the Vinča Culture of the Balkans. In: T. K. Kienlin & B. W. Roberts (eds.): Metals and Societies. Studies in honour of Barbara S. Ottaway. Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie. Bonn: Habelt, 2009, S. 191-245.
  6. Ruiz-Taboada A., Montero-Ruiz I.: The oldest metallurgy in western Europe. In: Antiquity 73/282, 1999, 897ff.
  7. F. Niquet: Das Gräberfeld von Rössen, Kreis Merseburg. Veröffentlichungen der Landesanstalt für Volkheitskunde, Band 9. Halle/S., 1938