Luigi Luca Cavalli-Sforza


Luigi Luca Cavalli-Sforza (2010)

Luigi Luca Cavalli-Sforza (* 25. Januar 1922 in Genua) ist ein italienischer Populationsgenetiker, der seit 1970 als Professor an der Stanford University in Kalifornien lehrt. Bekannt wurde er durch Studien, in denen er zeigte, dass es Parallelen gibt zwischen dem genetischen Verwandtschaftsgrad verschiedener Völker und dem Verwandtschaftsgrad der Sprachen, die sie sprechen. Dies führte Cavalli-Sforza zu Rückschlüssen auf frühe Wanderbewegungen in der menschlichen Vorgeschichte.

Leben

Cavalli-Sforza wurde am 25. Januar 1922 in Genua geboren. Er begann ein Medizinstudium an der Universität Pavia 1938 und promovierte 1944. Nach kurzer Tätigkeit als Arzt forschte er nach 1945 an der University of Cambridge auf dem Gebiet der Genetik der Bakterien. 1950 verließ er Cambridge und war bis 1957 Forschungsdirektor für Mikrobiologie am "Istituto Sieroterapico Milanese" in Mailand. Für weitere drei Jahre hielt er Vorlesungen an den Universitäten von Parma und Pavia. 1960 wurde er Professor für Genetik in Pavia, von 1962 bis 1970 lehrte er als Professor für Genetik und Statistik an den Universitäten von Parma und Pavia. 1970 wechselte er an die Stanford University, wo er 1992 emeritiert wurde.

Cavalli-Sforza ist mit Alba Buzzati verheiratet und hat vier Kinder. Mit seinem Sohn Francesco publizierte er mehrere Bücher, darunter Unterrichtsmaterialien für italienische Mittelschulen.

Forschungen

Cavalli-Sforza forschte hauptsächlich über die Abstammung des Menschen. Als die genetische Struktur der Vererbung (DNA) bekannt wurde, war er einer der ersten Wissenschaftler, die fragten, ob die Gene der heutigen Populationen auch geschichtliche Informationen über den Verlauf der Vererbung enthalten. Seine Studien zur genetischen Drift in der Region von Parma schlugen sich nieder in dem Buch Consanguinity, Inbreeding and Genetic Drift in Italy. Cavalli-Sforza verband demographische Studien, die auf linguistischen, kulturellen und archäologischen Daten aufbauten, mit genetischen Daten, wie zum Beispiel der Verteilung der Blutgruppen. Daher unternahm er zahlreiche Expeditionen, um Blutproben und genetisches Material zu sammeln (z. B. bei den Pygmäen in Afrika). So konnte er evolutionäre Stammbäume aufstellen, die auf genetischen, kulturellen, linguistischen, anthropologischen und archäologischen Daten basierten. Zudem entwarf er genetische Landkarten, die die Verteilung und Ausbreitung der Gene über die Kontinente zeigten.

Cavalli-Sforza wandte sich gegen die Einteilung der Menschen in Rassen, da der Mensch eine nur kurze evolutionäre Entwicklung hinter sich habe und die genetischen Unterschiede innerhalb einer Gruppe weit größer seien als zwischen verschiedenen Volksgruppen: „Die äußeren Merkmale mögen unterschiedlich erscheinen, aber unter der Haut sind die Menschen alle eng verwandt“.

Er schlägt stattdessen eine fließende Unterteilung in sieben Großgruppen vor: "Afrikaner, Europäer, Nordostasiaten, Südostasiaten, Pazifikbewohner, Australier und Bewohner Neuguineas."[1]

Cavalli-Sforza war Begründer des Human Genome Diversity Projects.

Auszeichnungen

  • Mitglied der Royal Society in London
  • National Academy of Sciences in den USA
  • Antonio-Feltrinelli-Preis 1981
  • Balzan-Preis 1999 für die "Naturwissenschaftliche Erforschung der Herkunft des Menschen"

Literatur

Kritisch zu Cavalli-Sforza Theorien

  • Mark Terkessidis (1999): Psychodarwinismus. Selektion und Schicksal: die Soziobiologen an der Seite des postmodernen Kapitalismus. In: Der Tagesspiegel vom 14. August 1999.

Werke

  • mit Walter F. Bodmer: The Genetics of human Populations. Freeman, San Francisco CA 1971, ISBN 0-7167-1018-8.
  • mit Walter F. Bodmer: The Genetics, Evolution and Man. Freeman, San Francisco CA 1976, ISBN 0-7167-0573-7.
  • mit Marcus W. Feldman: Cultural Transmission and Evolution. A quantitative Approach (= Monographs in Population Biology. Vol. 16). Princeton University Press, Princeton NJ 1981, ISBN 0-691-08280-4.
  • mit Albert J. Ammerman: Neolithic Transition and the Genetics of Populations in Europe. Princeton University Press, Princeton NJ 1984, ISBN 0-691-08357-6.
  • mit Paolo Menozzi, Alberto Piazza: The History and Geography of Human Genes. Princeton University Press, Princeton NJ 1994, ISBN 0-691-08750-4.
  • mit Francesco Cavalli-Sforza: Chi Siamo. La Storia della Diversità umana. Mondadori, Mailand 1993, ISBN 88-04-36901-9 (In deutscher Sprache als: Verschieden und doch gleich. Ein Genetiker entzieht dem Rassismus die Grundlage. Droemer Knaur, München 1994, ISBN 3-426-26804-3; in englischer Sprache als: The Great Human Diasporas. The History of Diversity and Evolution. Addison-Wesley, Rading 1995, ISBN 0-201-44231-0).
  • Geni, Popoli e Lingue (= Piccola Biblioteca Adelphi. Vol. 367). Adelphi, Mailand 1996, ISBN 88-459-1200-0 (In deutscher Sprache als: Gene, Völker und Sprachen. Die biologischen Grundlagen unserer Zivilisation. Hanser, München u. a. 1999, ISBN 3-446-19479-7; in englischer Sprache: Genes, Peoples and Languages. Allen Lane, London u. a. 2000, ISBN 0-7139-9486-X).
  • mit Francesco Cavalli-Sforza: La Scienza della Felicità. Ragioni e Valori della nostra Vita. Mondadori, Mailand 1997, ISBN 88-04-41061-2 (In deutscher Sprache als: Vom Glück auf Erden. Antworten auf die Frage nach dem Guten Leben. Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 2000, ISBN 3-498-00917-6.
  • mit Antoni Moroni, Gianna Zei: Consanguinity, Inbreeding, and Genetic Drift in Italy (= Monographs in Population Biology. Vol. 39). Princeton University Press, Princeton NJ u. a. 2004, ISBN 0-691-08992-2.
  • Il Caso e la Necessità. Ragioni e Limiti della Diversità Genetica. Di Renzo Editore, Rom 2007, ISBN 88-8323-165-1.
  • Linda Stone, Paul F. Lurquin: A Genetic And Cultural Odyssey. The Life And Work Of L. Luca Cavalli-Sforza. Columbia University Press, New York NY u. a. 2005, ISBN 0-231-13396-0

Weblinks

Belege

  1. Wiedergegeben nach: Marvin Harris, Menschen.Wie wir wurden was wir sind. Deutscher Taschenbuch Verlag:München, 1997, S.108

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