Luv und Lee
Luv ist ein Begriff aus der Seemannssprache und beschreibt die dem Wind zugekehrte Seite des Bootes, z. B. in der Schifffahrt (siehe auch: Segeln).
Lee bezeichnet dementsprechend die dem Luv entgegengesetzte, also vom Wind abgewandte Seite. Bei Segelbooten in Fahrt ist Lee die Bootsseite, auf der das Segel (Großsegel) steht.
Wie viele Begriffe der Seemannssprache kommt auch Luv aus dem Niederländischen. Mit loefzijde ist die Ruderseite gemeint, weil an dieser Seite eine Art Hilfsruder dafür sorgen musste, dass das Schiff sich nicht in den Wind drehte. Lee kommt ebenfalls aus dem Niederländischen (lijzijde) und bedeutet „laue Stelle“.
Beide Begriffe setzten sich ab dem 17. Jahrhundert auch in anderen Gebieten durch, wie beispielsweise der Meteorologie oder der Geographie. Hier bezeichnet Luv die windzugewandte Seite eines topographischen Hindernisses (Wetterscheide) mit einem aufsteigenden Wind und damit oft verbundenen Niederschlägen (orografischer Steigungsregen). Lee bezeichnet dementsprechend die windabgewandte Seite des Hindernisses, an der der Wind absinkt und zum Föhn werden kann, und weniger Niederschläge fallen.
Luv- bzw. Leestellung
Für die taktische Führung von Segelkriegsschiffen war der Begriff der Luvstellung bzw. Leestellung von besonderer Bedeutung, das heißt die relative Stellung eines Schiffes oder einer Flotte zum/zur jeweils gegnerischen:
- Wenn Schiff B sich auf der Luvseite von Schiff A befindet, so hat es die „Luvstellung“. Schiff B kann nach Belieben manövrieren und das Gefecht erzwingen, da Schiff A gegen den Wind ankreuzen müsste, um den Abstand zwischen den Schiffen aus eigener Kraft zu verringern.
- Umgekehrt befindet sich Schiff A auf der Leeseite von B, es hat also die Leestellung. Aus dieser heraus kann A normalerweise kein Gefecht erzwingen, sich dafür aber besser vom anderen Schiff entfernen.
Eine Flotte versuchte in der Regel also stets, die Luvstellung gegenüber der feindlichen Flotte zu erlangen, um selbst freier manövrieren zu können. Eine unterlegene Flotte, die dem Kampf auszuweichen versuchte, musste meistens genau dies verhindern. Es gibt dabei Ausnahmen, etwa in der Schlacht von Les Saintes.
Außerdem spielt die Luv- oder Leestellung eine Rolle bei den Ausweichregeln zwischen Segelfahrzeugen.
„Lee machen“ in der Seefahrt
In der Seefahrt wird die Tatsache, dass die See in Lee des Rumpfes merkbar ruhiger ist als in Luv, genutzt, beispielsweise wenn ein Lotse versetzt oder ein Boot ausgesetzt oder an Bord genommen werden muss. Das Manöver, bei dem das Schiff so zu Wind und See gedreht wird, dass es die See bestmöglich beruhigt, nennt man „Lee machen“. Bei einer Rettungsinsel, die im Ernstfall (d.h. beim Sinken eines Schiffes) ins Wasser gelassen wird, öffnet sich automatisch ein sogenannter Treibanker, der verhindert, dass das Boot Richtung Lee wegtreibt und das Boot im Seegang gehalten wird.
Auch Schiffe, die Wasserflugzeuge an Bord haben, die im Wasser landen müssen (Flugzeugmutterschiffe), erleichtern deren Landung, indem sie erst gegen den Wind fahren und dann eine 90° Kurve steuern. Dies ermöglicht dem Wasserflugzeug, gegen den Wind zu landen und das ruhige, sichelförmige Kielwasser des Schiffes zu nutzen.
Luv und Lee in der Luftfahrt
In der Luftfahrt werden die Begriffe Luv und Lee für die dem Wind zugekehrte bzw. abgewandte Seite eines Hindernisses oder Flugzeuges benutzt.
Sonstiges
Im Animationsfilm Findet Nemo aus dem Jahr 2003 tritt in einer Nebenrolle der Vierbinden-Preußenfisch (Dascyllus melanurus) Lee & Luv auf. Der Zusammenhang zwischen dem zwiespältigen Charakter der Figur und der Zwiespältigkeit des Konzepts von Luv und Lee wird ähnlich deutlich wie beim englischen Originalnamen Deb & Flo, der auf Ebb and Flow, also Ebbe und Flut, anspielt.
Siehe auch
- Luv- und Leegierigkeit
- Ausweichregeln zwischen Segelfahrzeugen
- Liste seemännischer Fachwörter