Magnetoenzephalographie
Die Magnetoenzephalographie (von griechisch encephalon Gehirn, gráphein schreiben), abgekürzt MEG, ist eine Messung der magnetischen Aktivität des Gehirns, vorgenommen durch äußere Sensoren, die sogenannten SQUIDs. Dabei werden die Magnetfelder meistens zuerst durch ebenfalls supraleitende Spulen oder Spulensysteme erfasst und dann durch die SQUIDs gemessen. MEGs sind komplexe und vergleichsweise teure Geräte. Für den Betrieb werden z. B. monatlich ca. 400 l flüssiges Helium zur Kühlung benötigt.
Messung der Felder
Die magnetischen Signale des Gehirns betragen nur wenige Femtotesla (1 fT = $ 10^{-15} $ T) und müssen von äußeren Störungen möglichst vollständig abgeschirmt werden. Dafür wird das MEG meistens in einer elektromagnetisch abschirmenden Kabine montiert. Die Abschirmkammer dämpft den Einfluss niederfrequenter Störfelder wie sie von Autos oder Fahrstühlen hervorgerufen werden und schützt vor elektromagnetischer Strahlung. Frequenzen oberhalb von einem Kilohertz ($ >10^{3} $ Hz) werden allerdings mit dem MEG bisher kaum untersucht. Magnetfelder äußerer Störungen unterscheiden sich von denen des Gehirns auch durch eine wesentlich geringere Ortsabhängigkeit ihrer Stärke auf Grund der größeren Entfernung zum Entstehungsort. (Die Intensität nimmt mit der Entfernung quadratisch ab.) Mit Hilfe der oben erwähnten Spulensysteme können die Felder mit geringerer Ortsabhängigkeit sehr stark unterdrückt werden. Daher hat z. B. der Herzschlag der untersuchten Person bei modernen MEGs nur noch einen geringen Störeffekt. Das Erdmagnetfeld ist zwar ca. 100 Millionen mal stärker als die durch das MEG erfassten Felder, aber es ist zeitlich sehr konstant und nur sehr schwach gekrümmt. Sein Einfluss ist erst dann störend, wenn das gesamte MEG mechanischen Schwingungen ausgesetzt wird.
Die magnetischen Signale des Gehirns werden durch die elektrischen Ströme aktiver Nervenzellen verursacht, welche in den Messspulen des MEG-Aufnehmers elektrische Spannungen induzieren. Daher kann man insbesondere mit dem MEG Daten aufzeichnen, die ohne zeitliche Verzögerung Ausdruck der momentanen Gesamtaktivität des Gehirns sind. Moderne Ganzkopf-MEGs verfügen über eine helmartige Anordnung von bis zu 300 Magnetfeldsensoren. Man unterscheidet zwischen sogenannten Magnetometern und Gradiometern. Magnetometer besitzen eine einfache Aufnahmespule. Gradiometer besitzen heutzutage meist zwei Aufnahmespulen, die im Abstand von 1,5 bis 8 cm angeordnet und entgegensetzt gewickelt sind. Hierdurch werden elektromagnetische Störeinflüsse mit geringer Ortsabhängigkeit bereits vor der Messung unterdrückt. Die sehr hohe Zeitauflösung (besser als 1 ms ($ <10^{-3} $ Sekunde)), die leichte Anwendbarkeit der hohen Kanalanzahl bei genau bekannten Sensorpositionen, sowie die numerisch einfachere Modellierung sind die wichtigsten Vorteile des MEG bei der Lokalisation der Gehirnaktivität im Vergleich zum EEG. Der wohl größte Nachteil der MEG-Lokalisation besteht in der Nichteindeutigkeit des Inversen Problems. Kurz zusammengefasst bedeutet es, dass die Lokalisation nur dann richtig sein kann, wenn das zu Grunde liegende Modell im Wesentlichen richtig ist (Anzahl der Zentren und deren grobe örtliche Anordnung). Hier liegen die Vorteile der metabolischen funktionellen Methoden wie fMRT, NIRS, PET oder SPECT. Die Gehirnforschung liefert durch den Vergleich und die Kopplung der unterschiedlichen funktionellen Methoden immer genauere Erkenntnisse über die korrekte Modellierung einzelner Gehirnfunktionen.
Neue entwickelte Mini-Sensoren sind in der Lage Messungen bei Raumtemperatur durchzuführen und Feldstärken von 1 Picotesla zu messen. Damit eröffnen sich neue konstruktive Möglichkeiten und deutliche Preisreduktionen im Betrieb der Geräte.[1]
Das MEG ist ein diagnostisches Verfahren mit guter räumlicher und sehr hoher zeitlicher Auflösung, das andere Verfahren zur Messung der Gehirnaktivität (funktionelle Verfahren), wie das EEG und das funktionale Magnetresonanzverfahren (fMRT), ergänzt. In der Medizin wird das MEG u. a. eingesetzt um Hirnareale, die epileptische Anfälle auslösen, lokalisieren zu können oder um komplexe Schädeloperationen z. B. bei Patienten mit Hirntumoren zu planen.
Geschichte
Das erste MEG wurde 1968 von David Cohen am Massachusetts Institute of Technology (MIT) aufgenommen.
Literatur
- Cohen, David: Magnetoencephalography: evidence of magnetic fields produced by alpha rhythm currents. Science 161 (1968) 784-786
- Cohen, David: Magnetoencephalography: Detection of brain's electric activity with a superconducting magnetometer Science 175 (1972) 664-666
- Cohen, David: Boston and the history of biomagnetism. Neurology and Clinical Neurophysiology 2004; 30: 1.
- Cohen, D., Halgren, E. (2004): „Magnetoencephalography“. In: Encyclopedia of neuroscience / ed. by George Adelman and Barry H. Smith. 3. ed., rev. and enlarged. [New York u.a.] : Elsevier Science, c2004
- Hämäläinen, M., Hari, R., Ilmoniemi, R., Knuutila, J. and Lounasmaa, O. V. (1993): Magnetoencephalography – theory, instrumentation, and applications to noninvasive studies of signal processing in the human brain. Reviews of Modern Physics 65 (1993) 413–497
- Andrä,W., Nowak,H. (Hrsg.): Magnetism in Medicine: A Handbook , Wiley-VCH Weinheim, 2.Aufl. 2006 (englisch) ISBN 3-527405-58-5
Einzelnachweise
- ↑ NIST Mini-Sensor Measures Magnetic Activity in Human Brain (in engl.) http://www.nist.gov/pml/div688/brain-041912.cfm
Weblinks
- American Clinical MEG Society (english)
Siehe auch
- Computertomografie (CT)
- Positronen-Emissionstomografie (PET)
- Magnetresonanztomografie (MRT)
- funktionelle Magnetresonanztomografie (fMRT)
- Elektroenzephalographie (EEG)