Nervenzelle


Mikroskopische Aufnahme der Großhirnrinde einer Maus. Einige Neuronen wie das Pyramiden-Neuron mit großem Dendritenbaum in der Bildmitte exprimieren grün fluoreszierendes Protein.
Rot gefärbt sind GABA-produzierende Interneuronen zu sehen.
(Länge des Maßstabs unten rechts: 100 µm)
Zwei Purkinjezellen und fünf Körnerzellen aus dem Kleinhirn einer Taube,
gezeichnet von Santiago Ramón y Cajal, 1899

Eine Nervenzelle oder ein Neuron (von griechisch νεῦρον neũron ‘Flechse’, ‘Sehne’; ‘Nerv’) ist eine auf Erregungsleitung spezialisierte Zelle. Dieser Zelltyp kommt bei Gewebetieren vor, welche alle mehrzelligen Tiere außer den Schwämmen und Trichoplax adhaerens umfassen. Die Gesamtheit aller Nervenzellen eines Tieres bildet zusammen mit den Gliazellen das Nervensystem.

Eine typische Säugetier-Nervenzelle ist aus Dendriten, dem Zellkörper und einem Axon (faserartiger Fortsatz einer Nervenzelle) aufgebaut. Dieser Zellfortsatz kann bis zu einem Meter lang sein und ermöglicht eine Erregungsleitung über weite Strecken. Dabei läuft ein elektrisches Signal durch das Axon, welches erzeugt wird, indem bestimmte Ionen gezielt durch die Zellmembran geschleust werden.

Das Axonende steht über Synapsen, an denen das Signal chemisch (seltener elektrisch) weitergegeben wird, mit anderen Nervenzellen oder Empfängerzellen (neuromuskuläre Endplatte) in Verbindung. Bestimmte Nervenzellen, z. B. im Hypothalamus oder modifizierte Neuronen im Nebennierenmark, dienen direkt der Sekretion von Neurohormonen.

Schätzungsweise besteht das menschliche Gehirn aus 100 Milliarden bis zu einer Billion Nervenzellen.[1]

Entdeckung und Begriff 'Neuron' gehen auf Heinrich Wilhelm Waldeyer 1881 zurück.

Überblick über den Aufbau einer Nervenzelle

Aufbau einer Nervenzelle
Typischer Aufbau eines Neurons. Das Schema zeigt die Ultrastruktur einer Wirbeltiernervenzelle, von der zumindest das Axon in der Peripherie liegt. Im zentralen Nervensystem wird die Myelinscheide durch Oligodendrozyten gebildet.

Der Zellkörper

Hauptartikel: Perikaryon

Jede Nervenzelle besitzt einen Körper, der auch als Soma oder Perikaryon bezeichnet wird. Der Nervenzellkörper umfasst hier den plasmatischen Bereich um den Zellkern, ohne die Zellfortsätze wie Dendriten und Axon. Der Zellkörper enthält neben dem Zellkern verschiedene Organellen, so das (raue und glatte) endoplasmatische Retikulum, Mitochondrien, den Golgi-Apparat und andere. Charakteristisch für den Zellkörper von Neuronen ist das verdichtete Auftreten des Endoplasmatischen Retikulums und dessen Ansammlung als Nissl-Substanz zu so genannten Nissl-Schollen, die dagegen in den Fortsätzen und auch im Axonhügel fehlen. Im Soma werden alle Proteine und weitere wichtige Substanzen gebildet, die für die Funktion der Nervenzelle notwendig sind; abhängig von Typ und Größe des Neurons misst sein Perikaryon zwischen 5 µm und mehr als 100 µm.

Die auf Dendritenfortsätze übertragenen Erregungen breiten sich als elektrische Spannungsänderungen aus und laufen im Bereich des Perikaryons zusammen, wo sie gesammelt und weiter verarbeitet werden. Das geschieht durch räumliche und zeitliche Summation der verschiedenen Änderungen des Membranpotentials. Vom Ergebnis dieser Summation an einem bestimmten Ort – meist handelt es sich um den Axonhügel – hängt es nun ab, ob hier das Schwellenpotential überschritten und ein Aktionspotential generiert wird (siehe Alles-oder-nichts-Gesetz) oder nicht. Auch wenn kein Aktionspotential entsteht und über den Axonfortsatz weitergeleitet wird, vermag allein die synaptische Aktivierung am Dendriten schon Veränderungen zu bewirken, die auch noch lange anhalten können (siehe synaptische Plastizität).

Die Dendriten

Dendrit mit mehreren Dornfortsätzen („dendritic spines“)
Hauptartikel: Dendrit

Vom Zellkörper einer Nervenzelle gehen verschiedene plasmatische Fortsätze aus. Die Dendriten (griechisch: δένδρον dendron 'Baum') sind fein verästelte Nervenzellfortsätze, die vom Soma auswachsen und Kontaktstellen bilden für andere Zellen, deren Erregung hier auf die Nervenzelle übertragen werden kann. Über eine Synapse wird das Neuron mit einer bestimmten Zelle verknüpft und nimmt Signale an der postsynaptischen Membranregion seines Dendriten auf. Der Dendritenbaum einer einzigen Nervenzelle kann mehrere Tausend synaptische Kontakte aufweisen, über die verschiedene Signale zufließen. Die einzelnen Kontaktstellen können jeweils unterschiedlich gestaltet werden; bei manchen Neuronen finden sich dafür besondere Ausbildungen in Form dendritischer Dornen.

Der Axonhügel

Hauptartikel: Axonhügel

An das Soma angesetzt ist der Axonhügel. Er ist der Ursprungskegel des Axons und damit die Ursprungsstelle des Axons am Soma der Nervenzelle. Das Schwellenpotential des Axonhügels ist stark reduziert. Es wirkt dadurch als Initialsegment. Hier wird das postsynaptische Potential (auch: Generatorpotenzial) des Perikaryons in Aktionspotenziale umcodiert. Durch das niedrige Schwellenpotential und Vorhandensein des Axonhügels direkt am Zellkörper ist sichergestellt, dass bei einer Erregung der Zelle das Aktionspotential nur an einem Ort entsteht und weitergeleitet wird. Das ist wichtig für die gerichtete Erregungsleitung, da eine Nervenzelle bei ausreichender Reizintensität an jeder Stelle erregt werden kann und Aktionspotentiale in jede Richtung leitet.

Das Axon

Hauptartikel: Axon, Nervenfaser

Das Axon (von griech. axon = Achse) ist ein langer Fortsatz der Nervenzellen, der am Axonhügel entspringt. Es ist in der Regel mehr oder weniger stark verzweigt (Axonkollaterale) und mündet in präsynaptischen Endigungen. Ein Axon kann je nach Typ der Nervenzelle von 1 µm bis 1 m und länger sein. Die Axone der Nervenzellen von Säugetieren weisen etwa eine Dicke von 0,5 bis 10 μm auf. Das Axon ist von mehreren aufeinander folgenden Myelinscheiden (im ZNS werden diese von Oligodendrozyten, im PNS von Schwannschen Zellen gebildet) umhüllt. Zwischen diesen Myelinscheiden sind jeweils kleine Lücken (Ranvierscher Schnürring). Axon und Hülle zusammen bilden die Nervenfaser. Man spricht hier von einer markhaltigen Nervenfaser im Gegensatz zu den marklosen Nervenfasern (vor allem bei wirbellosen Tieren), bei denen die Axone keine Myelinscheide haben.

Das Axon ist zuständig für die Übertragung des Aktionspotentials einer Nervenzelle und leitet dieses zu den Synapsen und damit an andere Nervenzellen weiter. Des Weiteren wandern die Stoffe, die im Soma gebildet werden (Neurotransmitter, Enzyme), durch das Axon zur Synapse, wo sie die ihnen zufallenden Aufgaben erfüllen. Auch in umgekehrter Richtung, also von der Synapse in Richtung Zellkörper, findet Stofftransport statt („retrograder Transport“).

Die Myelinscheide

Hauptartikel: Myelinscheide

Eine Schwannsche Zelle ist eine Gliazelle, die um ein Axon gewickelt ist, sie produziert Myelin. Myelin ist ein Gemisch aus Phospholipiden und Proteinen. Exakt aus diesen Substanzen sind auch die Biomembranen der Zellen aufgebaut. Gliazellen sind Zellen des Neuroderms. Die Myelinscheiden entstehen, indem sich die Gliazellen dicht um das Axon wickeln. Da die Gliazellen Myelin produzieren, entsteht zwischen den Wicklungen eine Schicht, die aus Myelin besteht. Jede Schwannsche Zelle umhüllt der Länge nach jeweils rund einen Millimeter des Axons. Die Myelinscheide sorgt für die Isolation der Erregungsleitung.

Getrennt werden die Myelinscheiden durch den Ranvierschen Schnürring, einer kleinen Lücke zwischen den einzelnen Myelinscheiden entlang des Axons, etwa alle ein bis zwei Millimeter. Er spielt eine wichtige Rolle in der Übertragung des Aktionspotentials entlang der Nervenzelle. An myelinisierten Axonen springen dort die Nervenimpulse von Schnürring zu Schnürring (saltatorische Erregungsleitung), während die Erregung bei nicht myelinisierten Nervenfasern die Axonmembran auf ihrer ganzen Länge depolarisieren muss, was sehr viel langsamer ist. Bei gleichem Durchmesser leiten mit Myelin umhüllte Axone die Nervenimpulse etwa 10-mal schneller als Axone, die nicht von Myelinscheiden umhüllt sind.

Das Endknöpfchen

Hauptartikel: Präsynaptische Endigung

Ein Axon und jede seiner Aufzweigungen zu Kollateralen endet mit einem sogenannten Endknöpfchen (auch als Endkölbchen beziehungsweise Endplatte bezeichnet), dem präsynaptischen Teil einer Synapse. Synapsen verknüpfen Nervenzellen untereinander oder mit anderen Zellen so, dass eine Erregung auf einzelne nachgeschaltete Zellen übertragen werden kann. Das Endknöpfchen am terminalen Axon bildet hierbei den präsynaptischen Membranbereich der „Senderzelle“ und enthält in umhüllten Bläschen (Vesikel) abgepackt einen Neurotransmitter, der bei Erregung in den synaptischen Spalt abgegeben wird. Auf der gegenüberliegenden Seite befindet sich der postsynaptische Membranbereich der „Empfängerzelle“, die hier mit Rezeptoren bestückt ist, an welche die Transmittermoleküle binden. Daraufhin werden Ionenkanäle geöffnet, was an der postsynaptischen Membran zu einer Änderung der elektrischen Spannung führt, die sich auf benachbarte Regionen ausbreitet. Der synaptische Spalt zwischen den beiden Zellen ist als etwa 30 nm schmaler Zwischenraum ein Teil des Extrazellularraums, in dem sich die Transmittermoleküle per Diffusion verteilen.

Die Synapse

Chemische Synapse
Neuromuskuläre Endplatte.
1. Axon
2. Motorische Endplatte
3. Muskelfaser
4. Muskelfibrille
Hauptartikel: Synapse

Funktion

Die Synapse ist die Stelle, an der Erregung von einer Zelle auf eine andere übertragen werden kann. Dabei wird zumeist ein Neurotransmitter benutzt, um die schmale Lücke zwischen den Zellen, synaptischer Spalt genannt, zu überbrücken. Synapsen lassen sich als Schnittstellen zwischen Zellen auffassen, über die Nervenzellen mit anderen Zellen kommunizieren.

Doch sind die Neuronen als Teile des Nervensystems hier nicht unmittelbar verbunden; und auch die Bedingungen der Signalübertragung sind nicht völlig festgelegt, sondern in gewissen Grenzen formbar. Auf diese Weise miteinander verknüpft, bilden Neuronen insgesamt ein formbares (plastisches) neuronales Netzwerk, das sich genauer betrachtet durch jeden Akt seiner Nutzung in der Wirkung etwas verändert.

Eine einzelne Nervenzelle kann über zahlreiche Synapsen mit anderen Zellen in Beziehung sein, sowohl bezüglich der bei ihr eingehenden Signale als auch bezogen auf die von ihr ausgehenden Signale. Eine Purkinjezelle des Kleinhirns beispielsweise nimmt über rund 100.000 dendritische Synapsen Eingangs-Signale anderer Neuronen auf. Eine Körnerzelle im Kleinhirn sendet über mehrere hundert Synapsen Ausgangs-Signale an andere Neuronen, auch Purkinjezellen. Die Gesamtzahl an Synapsen im menschlichen Gehirn wird auf etwas unter einer Billiarde geschätzt.

Neurotransmitter

Die Transmitter, auch chemische Botenstoffe genannt, haben die Aufgabe, Erregung von einer Zelle auf eine andere zu übertragen. Sie werden von der „Senderzelle“ ausgeschüttet und von der „Empfängerzelle“ empfangen.

Ein Rezeptor ist hier ein für bestimmte Reize empfindliches Zielmolekül einer Zelle, das eine bestimmte chemische Struktur aufweist und damit für einen anderen Stoff (Botenstoff, Transmitter) reaktionsfreudig ist oder nicht. Die Neurotransmitter binden nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip, das heißt, ein bestimmter Rezeptor ist immer nur für einen bestimmten Neurotransmitter zuständig. Passt die räumliche Struktur nicht oder sind alle verfügbaren Rezeptoren belegt oder blockiert, dann kann der Neurotransmitter nicht andocken und so auch keine Veränderung der postsynaptischen Membran verursachen.

Sobald der Transmitter seine Aufgabe erledigt hat und nicht mehr gebraucht wird, sorgen Enzyme im synaptischen Spalt für die Trennung von Transmitter und Rezeptor. Der Spalt wurde auf diese Weise chemisch überbrückt und die Information der vorgeschalteten Zelle auf die nachfolgende übertragen.

Arbeitsweise einer Nervenzelle

Impulsfortleitung an einer myelinisierten Nervenzelle.
Verlauf des Aktionspotentials

Eine Nervenzelle erhält ein Signal, indem Neurotransmitter, die beispielsweise von einer vorgelagerten Zelle ausgeschüttet wurden, an spezielle Rezeptoren in der postsynaptischen Membran in den Dendriten oder auch des Somas der zu erregenden Zelle anbinden. Ist die Erregung auf diese Weise übertragen, wird sie über die Dendriten an das Soma der Nervenzelle und von dort zum Axonhügel weitergeleitet. Jede der eingehenden Depolarisationen an den verschiedenen Synapsen der Nervenzelle verändert dabei das Membranpotential an der axonalen Membran, wo bei Überschreiten eines Schwellenwertes ein Aktionspotential ausgelöst wird. Generell gilt: Je näher eine Synapse am Soma ansetzt, desto stärker ist ihr Einfluss auf die Nervenzelle, je länger der Weg, den die Erregung zurücklegen muss, desto schwächer wird der Einfluss. Eine stärkere Reizung eines Dendriten resultiert also in einer stärkeren Depolarisierung (siehe zweiten Graph im Bild rechts). Nahezu gleichzeitig einlaufende Reize addieren sich in ihrer Wirkung, was bedeutet, dass sich innerhalb der Zelle und am Axonhügel ein Erregungspotential aufbaut (Summation).

Im Axonhügel entscheiden nun bestimmte Faktoren nach den Regeln des Alles-oder-nichts-Gesetzes über das Auslösen eines Aktionspotentials, wobei entschieden wird, ob das Schwellenpotential erreicht und überschritten wurde. Ist dies der Fall, kommt es jetzt zur Freisetzung des Aktionspotentials entlang des Axons durch die Depolarisation des Axons. Das wiederum geschieht an der Biomembran, dem sogenannten Axolemm, welches den intrazellulären Bereich (Innen) vom extrazellulären Bereich (Außen) abgrenzt.

Im Inneren des Axons wie auch außerhalb der Membran befinden sich Ionen. Die Biomembran des Axons bewirkt, dass zwischen Innen und Außen verschiedene Konzentrationen der Ionen bestehen, so dass an der Außenwand des Axons eine andere elektrische Ladung anliegt als Innen - das Zellinnere ist negativ geladen. Man spricht von einer Polarisation oder einem Ruhepotential. Die Herstellung und Aufrechterhaltung der Polarisation verrichtet die Axolemm mit Hilfe einer Natrium-Kalium-Pumpe, benannt nach den Ionen der Elemente Natrium und Kalium, die bei der Erregungsübertragung eine wichtige Rolle spielen. Diesen Vorgang nennt man aktiven Transport, da bei ihm Energie zugeführt werden muss. Wandert nun ein Aktionspotential durch die Änderung des Konzentrationsgefälles der Ionen innerhalb des Axons am Axon entlang bis zum Endknöpfchen, so stößt dieser elektrische Impuls am Ende des Axons an eine Grenze, da eine Übertragung des elektrischen Signals durch den synaptischen Spalt zwischen den beiden Zellen nicht möglich ist. Der Reiz wird chemisch über die Synapsen weitergeleitet und analog dem schon beschriebenen Vorgang auf eine andere Zelle übertragen.

Sobald ein Aktionspotential ausgelöst wurde, braucht die Zelle Zeit, um das Membranpotential wieder aufzubauen (Repolarisation). Während dieser Pause, auch Refraktärphase genannt, kann kein neues Aktionspotential ausgelöst werden. Wenn also von nacheinander einlaufenden Reizen einer so stark ist, dass die Zelle ein Aktionspotential bildet und der nachfolgende Reiz während der Refraktärzeit einläuft, bildet die Zelle dafür kein neues Aktionspotential aus.

Je mehr Aktionspotentiale die Zelle pro Sekunde abfeuert, desto stärker ist der Reiz. Die Erregungsleitung ist grundsätzlich in beide Richtungen möglich. Bedingt durch die Inaktivierung der Natrium-Kanäle erfolgt die Weiterleitung der Aktionspotentiale bevorzugt in eine Richtung. Man sagt auch, die Nervenzelle feuert. Dies kann sie in einer Sekunde bis zu 500 mal.

Voraussetzung für die Funktion des Neurons ist also seine Fähigkeit, einen elektrischen Impuls zu empfangen und weiterzuleiten. Dabei spielen wichtige Faktoren eine Rolle: die elektrische Erregbarkeit (den Impuls empfangen), das Ruhepotential (die Möglichkeit, ihn zu integrieren), das Aktionspotential (ihn weiterzuleiten und zu übertragen) und die Erregungsleitung (ihn zielgerichtet zu übertragen).

Unterscheidung der Nervenzellen in Bau und Funktion

Morphologische Unterscheidung

Die im Nervensystem befindlichen Neuronen unterscheiden sich auf mehrere Weise in Aufbau und Funktion. Optisch lassen sie sich dabei sehr gut durch die Art und Anzahl ihrer Fortsätze klassifizieren.

Unipolare Nervenzellen

Es gibt unipolare Nervenzellen, die nur mit einem einzigen, kurzen Fortsatz ausgestattet sind. In der Regel entspricht dieser dem Axon. Man findet sie beispielsweise als primäre Sinneszellen in der Netzhaut des Auges.

Bipolare Nervenzellen

Eine Bipolare Nervenzelle ist ein Neuron mit zwei Fortsätzen. Bipolare Zellen sind spezialisierte Sensorneuronen für die Vermittlung bestimmter Sinne. Als solche sind sie Teil der sensoriellen Informationsübertragung für Geruchssinn, Sehsinn, Geschmackssinn, Tastsinn, Gehör und Gleichgewichtssinn.

Als Beispiele werden meistens die bipolaren Zellen der Retina und die Ganglien des Hör-Gleichgewichtsnervs angegeben. Wenn genauere Angaben fehlen, bezieht sich der Begriff gewöhnlich auf die zur Netzhaut gehörenden Zellen.

Pseudounipolare Nervenzellen

Ebenfalls über zwei Fortsätze verfügen die pseudounipolaren Nervenzellen. Dort jedoch gehen Axon und Dendrit an ihren Mündungsstellen ineinander über. Man findet sie bei sensiblen Nervenzellen, deren Perikaryen in den Spinalganglien liegen. Die Erregung erreicht das Perikaryon nicht sofort, sie geht zunächst direkt vom dendritischen Axon auf das neuritische Axon über.[2]

Multipolare Nervenzellen

Als vierte und sehr häufig vorkommende Gruppe sind die multipolaren Nervenzellen zu erwähnen. Sie besitzen zahlreiche Dendriten und ein Axon. Diesen Zelltyp findet man zum Beispiel als motorische Nervenzelle im Rückenmark.

Unterscheidung nach Myelinisierung

Eine weitere optische Unterscheidungsmöglichkeit ist die Ausprägung der Schwannschen Zellen im Bereich des Axonstranges. Es existiert hier sowohl eine markhaltige als auch eine marklose Form, wobei diejenigen als markhaltig bezeichnet werden, deren Axone mit einer starken Myelinscheide umhüllt sind. Ist diese Myelinscheide sehr dünn werden die betroffenen Neuronen als markarm oder marklos bezeichnet (bei einer ausdifferenzierten, d. h. voll entwickelten, Zelle).

Funktionelle Unterscheidung

Eine weitere Möglichkeit der Unterscheidung bieten die einzelnen Funktionen der Nervenzellen. Wir unterscheiden hier die motorischen Nervenzellen, die sensorischen Nervenzellen und die Interneuronen.

  • Interneuronen bilden die größte Menge an Neuronen im Nervensystem und sind nicht spezifisch sensorisch oder motorisch. Sie verarbeiten Informationen in lokalen (örtlichen) Schaltkreisen, oder vermitteln Signale über weite Entfernungen zwischen verschiedenen Körperbereichen. Sie haben eine Vermittlerfunktion. Man unterscheidet hier zwischen lokalen und intersegmentalen Interneuronen.

Pathologie der Nervenzelle

Pigmentablagerungen

In den Zellkernen bestimmter Nervenzellen werden im Normalzustand Ablagerungen von Pigment beobachtet. Besonders auffällig ist das Neuromelanin in der Substantia nigra und dem Locus caeruleus, die den Neuronen ihr charakteristisches braun-schwarzes Aussehen verleiht und bereits mit bloßem Auge zu erkennen ist. Der Anteil des gelblichen Lipofuszin nimmt mit dem Alter zu und wird insbesondere im Nucleus dentatus des Kleinhirns und dem unteren Kern der Olive beobachtet. Bei bestimmten dementiellen Erkrankungen, wie dem Morbus Alzheimer werden charakteristische eosinophile Einschlusskörperchen der Nervenzellen beobachtet.

Wirkung von Giften

Nervengifte wirken in der Regel auf die vorhandenen Eiweißstrukturen der Zelle und stören auf diese Weise den Informationsaustausch unter den Neuronen. Es gibt zahlreiche Beispiele für solche Neurotoxine, eins davon ist Diisopropylfluorophosphat (DFP). Gelangt DFP in den Körper, so bindet es dort irreversibel an das Enzym Acetylcholinesterase, welches für den Abbau von Acetylcholin in der Synapse von beispielsweise Motoneuronen verantwortlich ist. Dadurch steigt die Konzentration des Transmitters Acetylcholin im synaptischen Spalt und es kommt zu einer Dauererregung der innervierten Muskelzelle. Die folgende Übererregung kann im betroffenen Organismus zu schweren Krämpfen und bis zum letalen Ausgang (Tod) führen.

Tetrodotoxin (TTX, Gift des Kugelfisches) blockiert Natriumkanäle. Tetraethylammonium (TEA) blockiert Kaliumkanäle.

Einige bekannte Gifte sind:

Gift Vorkommen
Alkylphosphate Pflanzengifte, Kampfgase
Ameisensäure Brennnesseln
Hyoscyamin Tollkirschen
Botulinumtoxin verdorbene Lebensmittel
Curare Pflanzengift
Nikotin Pflanzen
Muskarin Pilzgifte

Beispiele spezialisierter Nervenzelltypen

Abbildung Name Lokalisation
nix Ganglienzellen Retina
  Motoneuronen Rückenmark, Muskeln
nix Pyramidenzellen Cortex, Hippocampus
  Körnerzellen Cortex, Hippocampus, Kleinhirn, Riechkolben
nix Purkinjezelle Kleinhirn
  Riechzellen Epithel der Nasenschleimhaut

Einzelnachweise

  1. Richard F. Thompson: Das Gehirn, Spektrum Akademischer Verlag GmbH, 2001
  2. Welsch: Lehrbuch Histologie, 2. Auflage, Elsevier, München 2006

Siehe auch

Literatur

  • Robert F. Schmidt, Gerhard Thews, Florian Lang (Hrsg.): Physiologie des Menschen. 28. Aufl. Springer, Berlin 2000 (Springer-Lehrbuch) ISBN 3-540-66733-4 . Seiten: 199-206.

Weblinks

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