Molekularer Schalter für Suchtverhalten



Bio-News vom 15.12.2021

Ein molekularer Schalter hat Einfluss auf das Suchverhalten und bestimmt, wie stark die Reaktion auf einen süchtig machenden Stoff ausfällt. Herausgefunden hat dies ein Forscherteam anhand von Mäusen, die Kokain erhielten. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass das Protein Npas4 die Struktur und Funktion von Nervenzellen reguliert, die das Suchtverhalten in Mäusen steuern. Wurde die Menge an Npas4 im Experiment reduziert, reagierten die Tiere deutlich schwächer auf Kokain.

„Im Tiermodell agiert Npas4 wie ein molekularer Regler für die Sensibilität gegenüber Drogen. Wir hoffen, dass unsere Forschungsergebnisse zu einem besseren Verständnis von Suchterkrankungen beim Menschen und zu neuen Therapieansätzen beitragen werden“, so Erstautor Thomas Lissek. Der Arzt und Wissenschaftler forscht im Rahmen seiner Promotion am Interdisziplinären Zentrum für Neurowissenschaften (IZN) der Universität Heidelberg zu molekularen Signalmechanismen, die neuronale Aktivität und Gentranskription verbinden. Die aktuellen Erkenntnisse untermauern auch, so der Heidelberger Forscher, dass für Suchtverhalten ähnlich wie bei Diabetes oder Herzkreislauferkrankungen eine biologische Grundlage existiert.


Symbolbild Sucht.

Publikation:


T. Lissek, A. Andrianarivelo, E. Saint-Jour, M.C. Allichon, H.G. Bauersachs, M. Nassar, C. Piette, P. Pruunsild, Y.W. Tan, B. Forget, N. Heck, J. Caboche, L. Venance, P. Vanhoutte, H. Bading
Npas4 regulates medium spiny neuron physiology and gates cocaine-induced hyperlocomotion
EMBO

DOI: 10.15252/embr.202051882



Das Protein Npas4 wirkt als sogenannter Transkriptionsfaktor. „Wir können uns Npas4 als einen Dirigenten vorstellen, der koordiniert, welche anderen Moleküle und wie viele davon in einer Zelle hergestellt werden“, erklärt Thomas Lissek. Die Zielmoleküle von Npas4 regulieren im Gehirn vor allem die elektrischen Aktivitätsmuster sowie die Struktur von Nervenzellen und beeinflussen die Zahl der Kontaktstellen zwischen ihnen. Reduzierten die Wissenschaftler die Menge von Npas4, führte dies zur Verringerung der Kontakte zwischen den Nervenzellen. In der Folge zeigten die Mäuse eine schwächere Reaktion auf Kokain als bei einer höheren Npas4-Menge.


Neuronen aus dem Striatum von Mäusen in Zellkultur.

Die aktuellen Ergebnisse der Forscher aus Heidelberg und Paris zeigen auch, dass Npas4 einem besonderen Regulationsmechanismus unterliegt. Das Protein kann nur durch Reize hochreguliert werden, die die Kalziumkonzentration im Zellkern der Nervenzellen ansteigen lassen. So trägt zum Beispiel die Aktivierung von Dopaminrezeptoren – ein vieldiskutierter Mechanismus in der Suchtentstehung – nicht dazu bei, die Menge an Npas4 zu erhöhen. Die Wissenschaftler um Hilmar Bading und Peter Vanhoutte konnten diese Besonderheit auch in menschlichen, aus Stammzellen hergestellten Neuronen bestätigen.

Der ungewöhnliche Regulationsmechanismus von Npas4 ist sowohl für die biologische Grundlagenforschung als auch für die Entwicklung von Therapieansätzen zur Behandlung von Suchterkrankungen interessant. „Npas4 und der damit verbundene Signalweg zur Kontrolle des Suchtverhaltens sind vielversprechende therapeutische Ansätze“, so Prof. Bading, Leiter des Instituts für Neurobiologie am IZN.



Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Heidelberg via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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