Nebenhoden
Unter dem Nebenhoden (Epididymis) (griechisch epi „auf“ und didymos „doppelt“, „Zwilling“) versteht man ein dem Hoden aufliegendes Geschlechtsorgan, das hauptsächlich aus dem auf engstem Raum stark gewundenen, insgesamt 4 bis 6 m langen Nebenhodengang (Ductus epididymidis) besteht.
Jeder Nebenhoden steht mit dem zugehörigen Hoden über die Ductuli efferentes in Verbindung, dient der Reifung und Lagerung der vom Hoden produzierten Samenzellen und geht in den Samenleiter über. Nebenhodengang und Samenleiter sind Abkömmlinge des Urnierengangs.
Anatomie
Anatomisch wird der Nebenhoden in einen Kopf (Caput epididymidis), Körper (Corpus epididymidis) und Schwanz oder Schweif (Cauda epididymidis) unterteilt. Er liegt dem Hoden hinten oben in Längsrichtung auf, wobei der Nebenhodenkopf dem oberen Pol des Hodens aufliegt. Mit dem Hoden selbst ist der Nebenhoden über ein Gekröse, die Mesepididymis, eng verbunden. Der bis zu 6 m lange Gang ist auf 6 cm zusammengeknäuelt. Die Gänge sind von zweireihigem hochprismatischem Zylinderepithel ausgekleidet, das dicht mit Stereozilien besetzt ist. Im mikroskopischen Schnitt finden sich im Lumen des Gangs meist Ansammlungen unreifer Spermien. Um das Epithel herum findet sich kontraktiles Gewebe, in Kopf und Körper Myofibroblasten (kontraktile Bindegewebszellen), im Schwanz glatte Muskelzellen.
Nebenhoden wie Hoden sind aufgrund des Descensus testis von einer doppelten Peritonealhülle bedeckt, der Tunica vaginalis testis. Ein Fortsatz der Peritonealhülle steigt neben den Hoden herab. Beide Blätter der Hülle – das äußere Periorchium und das innere Epiorchium – sind miteinander verbunden, schließen die spaltförmige Cavitas peritonealis scroti ein, eine Exklave der Bauchhöhle.
Embryologisch entsteht der Nebenhodengang aus dem Urnierengang (Wolff-Gang), der sich direkt unterhalb der Einmündung der aus den Urnierenkanälchen abstammenden Ductuli efferentes stark verlängert. Im weiteren Verlauf bildet der Wolff-Gang den Samenleiter (Ductus deferens).
In der Umgebung des Nebenhodenkopfes lassen sich oft drei Relikte der Embryonalentwicklung finden: Als Fortsetzung des Nebenhodenkopfes zieht ein bläschenförmiges, gestieltes Anhängsel über den Hodenpol, die Appendix epididymidis, das obere Endstück des Urnierengangs. Neben dem Nebenhodenkopf liegt im Bindegewebe des Samenstrangs der Paradidymidis oder Beihoden, kurze, verschlossene Kanälchen, Reste der Urnierenkanälchen. Auf dem oberen Hodenpol, nahe dem Nebenhodenkopf, findet sich des Weiteren meist ein der Appendix epididymidis ähnlicher, aber ungestielter Anhang, die Appendix testis (Morgagni-Hydatide), die das obere Ende des Müller-Gangs darstellt, aus dem sich bei der Frau die inneren Geschlechtsorgane entwickeln.
Funktion
Die Samenzellen erlangen erst über ihren intensiven Kontakt mit der Wand des Nebenhodens, dem Nebenhodenepithel, und den von diesem gebildeten Substanzen mittels vielfältiger Prozesse ihre Motilität, jedoch noch nicht ihre Befruchtungsfähigkeit, die sie erst mit der Kapazitation im weiblichen Genitaltrakt als der Endphase der Spermienreifung erreichen.
Die Zellen des Nebenhodenepithel resorbieren Flüssigkeit und sezernieren unter anderem Glykoproteine, die an der Oberfläche der Spermien adsorbiert werden. Kopf und Körper dienen der Reifung, der Schwanz der Speicherung. Die Spermatozooen werden in einer Zeitspanne von etwa 12 Tagen durch Kontraktion der Myofibroblasten durch Kopf und Körper in den Schwanz befördert. Die glatte Muskulatur des Schwanzes ist innerviert und kontrahiert sich genau wie der Samenleiter während der Emission zur Beförderung der Spermien in die Harnröhre.
Erkrankungen
Die weitaus häufigste Erkrankung des Nebenhodens ist die Entzündung desselben, die sogenannte Epididymitis. Diese führt zu einer sehr schmerzhaften, oft massiven Vergrößerung des Nebenhodens. Selten treten gutartige Tumoren wie Zystadenome des Nebenhodens bei der Von Hippel-Lindau-Erkrankung und Adenomatoidtumoren auf.
Siehe auch
- Sexualität
- Zeugung