Nebengelenktiere
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Nebengelenktiere | ||||||||||||
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Großer Ameisenbär (Myrmocophaga tridactyla) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Xenarthra | ||||||||||||
Cope, 1889 | ||||||||||||
Ordnungen | ||||||||||||
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Die Nebengelenktiere (Xenarthra), gelegentlich auch noch als Zahnarme (Edentata) geführt, bilden eine Überordnung der höheren Säugetiere. Sie umfasst die beiden Ordnungen der Zahnarmen (Pilosa - bestehend aus Ameisenbären und Faultieren) und der Gepanzerten Nebengelenktiere (Cingulata), die heute nur noch durch die Gürteltiere vertreten sind. Namengebend sind ihre zusätzlichen Wirbelfortsätze am Rückgrat. Früher selbst als Ordnung geführt, gelten sie heute als eine der vier Hauptgruppen der höheren Säugetiere und wurden daher zur Überordnung aufgewertet. Anders als im Falle der drei anderen Gruppen ist ihre enge Verwandtschaft traditionell unumstritten und morphologisch untermauert.
Merkmale
Aufgrund ihrer Spezialisierung auf unterschiedliche Habitate und Lebensweise unterscheiden sich die drei Gruppen der Nebengelenktiere deutlich in ihrem Äußeren. Die Länge der rezenten Arten variiert von 12,5 Zentimetern bei den Gürtelmullen bis zu 120 Zentimeter beim Großen Ameisenbär. Das Gewicht schwankt dementsprechend zwischen 85 Gramm und 40 Kilogramm – die ausgestorbenen Riesenfaultiere waren allerdings deutlich größer.
Konvergenzen der spezialisierten Ameisenfresser
Im Vergleich mit den anderen Überordnungen gibt es einige interessante Fälle konvergenter Evolution: So haben beispielsweise die zu den Ursäugern gehörigen Ameisenigel (Tachyglossidae), die zu den Laurasiatheria gehörigen Schuppentiere (Pholidota) wie die den Nebengelenktieren zugerechneten Gürteltiere (Cingulata) als Anpassung an den Verzehr von Insekten und Würmern ihre Zähne verloren und dafür eine verlängerte Zunge ausgebildet.
Verbreitung
Die Nebengelenktiere kommen heute, von dem auch im Süden Nordamerikas zu findenden Neunbinden-Gürteltier (Dasypus novemcinctus) abgesehen, ausschließlich in den Tropen Mittel- und Südamerikas vor, obwohl sie in vorgeschichtlicher Zeit möglicherweise auch in Afrika, Nordamerika und Europa zu finden waren. Im erdgeschichtlichen Zeitalter des Eozän waren sie auch auf Antarktika verbreitet.
Evolution und Systematik
Stammesgeschichte
Die Entstehung der Nebengelenktiere wird heute vor allem aufgrund von serologischen und molekularbiologischen Untersuchungen in der Kreidezeit vor etwa 90 bis 100 Millionen Jahren angenommen. Der Fossilbefund für die heute lebenden drei Taxa setzt dagegen erst im späten Paläozän (vor etwa 55 Millionen Jahren) für die Gürteltiere, im mittleren Eozän (vor etwa 45 Millionen Jahren) für die Faultiere und im frühen Miozän (vor etwa 20 Millionen Jahren) für die Ameisenbären ein.
Aufgrund des frühesten erhaltenen Fossilfundes eines Ameisenbären in Europa, des Eurotamandua joresi aus dem mittleren Eozän in der Grube Messel bei Darmstadt, wird angenommen, dass sich die Nebengelenktiere entweder in Afrika oder im Bereich der Bruchlinien des späteren Südamerika und Antarktika bildeten und über die Tethys auch Europa erreichten. Diese These ist umstritten, wodurch die Frage nach der Herkunft des europäischen Ameisenbären noch weitestgehend offen ist, eine phylogenetische Untersuchung auf der Basis morphologischer Merkmale rezenter und fossiler Taxa aus dem Jahr 1998 platziert Eurotamandua joresi an der Basis der Ameisenbären oder alternativ an der Basis aller Zahnarmen[1]. Andere Untersuchungen legen stattdessen nahe, dass E. joresi identisch ist mit dem ebenfalls aus der Grube Messel stammenden und als Schuppentier identifizierten Fossil Eomanis krebsi[2], letzteres stufen sie als Jungtier von E. joresi ein. Dem wird vom Entdecker beider Fossilien, Gerhard Storch und seinen Mitarbeitern, widersprochen, indem er auf diverse gravierende Unterschiede der Knochen hinweist[3].
Wenn die Nebengelenktiere nicht schon aus Südamerika stammen, sind sie vermutlich um die Wende von Kreidezeit und Tertiär aus Antarktika dorthin eingewandert. Auf dem Kontinent kam es zur Ausbildung einer relativ großen Artenvielfalt innerhalb dieser Tiergruppe. Fossil sind über 200 Arten belegt, darunter Riesenformen wie die Riesenfaultiere oder die Glyptodontidae. Einige Forscher vertreten die Ansicht, auch die Südamerikanischen Huftiere (Meridiungulata), eine ausgestorbene Gruppe pflanzenfressender Tiere, könnten mit den Nebengelenktieren verwandt sein.
Externe Systematik
Die Nebengelenktiere gelten heute vor allem auf der Basis molekularbiologischer Untersuchungen neben den Afrotheria, den Euarchontoglires und den Laurasiatheria als eines der vier großen Taxa innerhalb der Höheren Säugetiere (Eutheria)[4].
Während die Laurasiatheria und die Euarchontoglires mit sehr großer Wahrscheinlichkeit die gemeinsame Gruppe der Boreoeutheria bilden, ist die Position der Nebengelenktiere und der Afrotheria in Relation zu den Boreoeutheria noch nicht vollständig geklärt, alle drei möglichen Varianten werden diskutiert und finden Bestätigung in unterschiedlichen molekularbiologischen Untersuchungen.
Eine Variante positioniert die Nebengelenktiere als ursprünglichste Gruppe an die Basis der Höheren Säugetiere und somit als Schwestergruppe aller anderen Taxa, die in dem Fall als Epitheria zusammengefasst werden. Diese Variante wird sowohl molekularbiologisch als auch morphologisch, auf der Basis des Aufbaus des Innenohres, vorgeschlagen.
Höhere Säugetiere (Eutheria) |
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Alternativ werden jedoch auch die Afrotheria als ursprünglichste Gruppe vorgeschlagen.
Höhere Säugetiere (Eutheria) |
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Eine dritte Theorie schließlich fasst die Afrotheria und die Nebengelenktiere als ein Taxon namens Atlantogenata zusammen und stellt dieses den Boreoeutheria gegenüber.
Höhere Säugetiere (Eutheria) |
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Interne Systematik
Die Monophylie der Nebengelenktiere gilt als unstrittig und wird durch eine Reihe von morphologischen Merkmalen, darunter die namensgebenden zusätzlichen Gelenkungen der Wirbelsäule, Becken- und Schädelmerkmale, und durch verschiedene molekularbiologische Studien unterstützt. Entgegen den bekannten fossilen Arten ist die Artenanzahl der rezenten Nebengelenktiere nur sehr begrenzt. Sie stellen heute mit nur 29 Arten lediglich 1,2 % der Artenvielfalt der höheren Säugetiere. Sie werden in zwei Ordnungen unterteilt:
- die Zahnarmen (Pilosa), welche die fünf Arten der Faultiere (Folivora) und die vier Arten der Ameisenbären (Vermilingua) umfassen;
- Faultiere (Folivora)
- Dreifinger-Faultiere (Bradypodidae) mit drei Arten der Gattung Bradypus
- Zweifinger-Faultiere (Megalonychidae) mit zwei Arten der Gattung Choloepus
- Ameisenbären (Myrmecophagidae)
- Zwergameisenbär (Cyclopes didactylus)
- Großer Ameisenbär (Myrmecophaga tridactyla)
- Tamanduas (Tamandua) mit zwei Arten: den Nördlichen Tamandua (T. mexicana) und den südlichen Tamandua (T. tetradactyla).
- Faultiere (Folivora)
- die Gepanzerten Nebengelenktiere (Cingulata), zu denen die heutigen Gürteltiere (20 Arten) und die ausgestorbenen Glyptodontidae zählen.
- Dasypodinae (Langnasengürteltiere)
- Langnasengürteltiere (Dasypus) mit 6 Arten, darunter das Neunbinden-Gürteltier (D. novemcinctus)
- Chlamyphorinae (Gürtelmulle)
- Gürtelmull (Chlamyphorus truncatus)
- Burmeister-Gürtelmull ('Calyptophractus retusus)
- Euphractinae
- Zwerggürteltier (Zaedyus pichiy)
- Sechsbinden-Gürteltier (Euphractus sexcinctus)
- Borstengürteltiere (Chaetophractus) mit 3 Arten
- Tolypeutinae
- Riesengürteltier (Priodontes maximus)
- Kugelgürteltiere (Tolypeutes) mit 2 Arten
- Nacktschwanzgürteltiere (Cabassous) mit 4 Arten
- Dasypodinae (Langnasengürteltiere)
Ein Kladogramm der heute lebenden Nebengelenktiere sieht entsprechend wie folgt aus:
Nebengelenktiere (Xenarthra) |
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Quellenverweise
Literatur
- Gerhard Storch: Xenarthra (Edentata), Nebengelenktiere, Zahnarme. In: W. Westheide und R. Rieger: Spezielle Zoologie. Teil 2: Wirbel- oder Schädeltiere. Spektrum Akademischer Verlag, München 2004, S. 574–575, ISBN 3-8274-0307-3.
- Ronald M. Nowak: Walker’s Mammals of the World. 2. Auflage. The Johns Hopkins University Press, Baltimore 1999, S. 147–168, ISBN 0-8018-5789-9.
Weblinks
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ Timothy J. Gaudin and Daniel G. Branham: The Phylogeny of the Myrmecophagidae (Mammalia, Xenarthra, Vermilingua) and the Relationship of Eurotamandua to the Vermilingua. Journal of Mammalian Evolution 5 (3), 1998; Seiten 237-265 (Abstract)
- ↑ F. S. Szalay, F. Schrenk: The middle Eocene Eurotamandua and a Darwinian phylogenetic analysis Kaupia 7, 1998; Seiten 97-186
- ↑ Inés Horovitz, Gerhard Storch, Thomas Martin: Ankle structure in Eocene pholidotan mammal Eomanis krebsi and its taxonomic implications. Acta Palaeontologica Polonica 50 (3), 2005; 545-548
- ↑ William J. Murphy, Eduardo Eizirik, Stephen J. O'Brien, Ole Madsen, Mark Scally, Christopher J. Douady, Emma Teeling, Oliver A. Ryder. Michael J. Stanhope, Wilfried W. de Jong, Mark S. Springer: Resolution of the Early Placental Mammal Radiation Using Bayesian Phylogenetics, in Science 294, 2001; Seiten 2348-2351