Nitropenta


Strukturformel
Strukturformel von Nitropenta
Allgemeines
Name Nitropenta
Andere Namen
  • Pentaerythrityltetranitrat (INN)
  • 1,3-Bis(nitryloxy)-2,2-bis(nitryloxy-methyl)-propan (IUPAC)
  • Pentaerythrittetranitrat
  • Pentaerythritoltetranitrat
  • Bis((nitrooxy)methyl)propandioldinitrat
  • PETN
Summenformel C5H8N4O12
Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 78-11-5
PubChem 6518
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Arzneistoffangaben
ATC-Code

C01DA05

Wirkstoffklasse

Vasodilatator

Eigenschaften
Molare Masse 316,15 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,778 g·cm−3 (22 °C, PETN-I)[1]

Schmelzpunkt

141 – 142,9 °C [1]

Siedepunkt

Zersetzung 163 – 170 °C [1]

Dampfdruck

67 mPa (95,3 °C)[2]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
Bitte die Befreiung von der Kennzeichnungspflicht für Arzneimittel, Medizinprodukte, Kosmetika, Lebensmittel und Futtermittel beachten
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung aus EU-Verordnung (EG) 1272/2008 (CLP) [4]
Gefahrensymbol

Gefahr

H- und P-Sätze H: 200
P:
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Nitropenta (PETN, Pentrit, Pentaerythrityltetranitrat) ist ein Sprengstoff und Arzneistoff. Analog zu Nitroglycerin ist die Substanz im chemischen Sinn keine Nitroverbindung, sondern ein Nitrat, also ein Ester der Salpetersäure.

Geschichte

Bernhard Tollens und P. Wigand gelang 1891 die Synthese von Pentaerythrit durch alkalische Kondensation von Acetaldehyd und Formaldehyd.[5] Nitropenta wurde durch anschließende Veresterung mit Salpetersäure (Nitrierung) 1894 durch die Rheinisch-Westfälische Sprengstoff AG (Köln) hergestellt [6] und erstmals von Thieme als Zusatz zu rauchschwachen Pulvern empfohlen.[7] Die Verwendung von Nitropenta in Zündverstärkern wurde 1912 von Claessen zum Patent angemeldet.[8] Dennoch wurde es erst nach dem Ersten Weltkrieg zunehmend im zivilen und militärischen Bereich eingesetzt.[1][9][10]

Gewinnung und Darstellung

Die technische Darstellung erfolgt durch Eintragen von Pentaerythrit in konzentrierte Salpetersäure.[3]

Nitropenta synthesis.svg

Eigenschaften

Physikalisch-chemische Eigenschaften

Nitropenta tritt in zwei polymorphen Formen als farblose Kristalle auf, dem gebräuchlichen tetragonalen PETN-I (α-PETN) und dem orthorhombischen PETN-II (β-PETN), in das PETN-I bei 130 °C übergeht.[1] Die Dichte liegt bei 1,778 (22 °C, PETN-I) bzw. 1,716 (136 °C, PETN-II).[1] Nitropenta ist unlöslich in Wasser, wenig löslich in Ethanol, Diethylether und Benzol, aber gut löslich in Aceton und Methylacetat.[3]

Explosionskenngrößen

Nitropenta zählt zu den leistungsstarken, hochbrisanten und zudem relativ unempfindlichen sowie chemisch sehr stabilen Sprengstoffen.[3] Wichtige Explosionskennzahlen sind:

  • Explosionswärme: 6311 kJ·kg−1 (H2O (l)), 5856 kJ·kg−1 (H2O (g)).[3]
  • Detonationsgeschwindigkeit: 8400 m·s−1 bei der Maximaldichte[3]
  • Normalgasvolumen: 823 l·kg−1.[3]
  • Spezifische Energie: 1204 kJ·kg−1[3]
  • Verpuffungspunkt: 202–205 °C[3]
  • Bleiblockausbauchung: 52,3 cm3·g−1[3]
  • Schlagempfindlichkeit: 3 J[3]
  • Reibempfindlichkeit: 60 N Stiftbelastung[3]
  • Stahlhülsentest: Grenzdurchmesser 6 mm[3]

Verwendung

Explosivstoff

Etwa ab 1926 war eine technische Anwendung durch großtechnische Produktion des Ausgangsstoffes Pentaerythrit möglich. Es begann die Verwendung als Bestandteil von Sprengkapseln, -schnüren und als hochbrisante Geschossfüllungen in Kombination mit TNT als Pentolit in kleineren Kalibern. Heute werden Nitropenta-Sprengschnüre im gewerblichen Bereich eingesetzt. In Verbindung mit Plastifizierungsmitteln wird Nitropenta als Plastiksprengstoff, beispielsweise unter dem Namen Semtex, eingesetzt oder mit Phlegmatisierungsmitteln wie Wachs zu Ladungen für Handgranaten verarbeitet.

Ab 2009/2010 setzen Terroristen (vermeintlich Al-Qaida-nah) Nitropenta beim Bau von Sprengsätzen ein.[11]

Medizinischer Wirkstoff

In der Medizin wird Nitropenta unter dem Namen „Pentalong“ als gefäßerweiterndes Medikament bei Angina Pectoris eingesetzt, analog zu Glycerintrinitrat. Produktionsbedingt erhält man bei der Herstellung ein Gemisch aus Pentaerythrimono-, -di-, -tri- und -tetranitrat. Studien an Ratten hatten Hinweise ergeben, dass durch PETN keine Toleranzen im Körper entwickelt werden.[12] Allerdings existieren keine randomisierten, kontrollierten Studien, die für Pentaerythrityltetranitrat einen Vorteil bezüglich der Toleranzentwicklung beim Menschen zeigen.

Stand 2007 "...ist nicht einmal klar, ob PETN den Standardnitraten überhaupt gleichwertig ist. PENTALONG ... in Deutschland nach wie vor nur als fiktiv zugelassene Altarzneimittel im Handel..." (Zitat arzneimittel-telegramm 08/2007).[13] Im Januar 2012 erhielten niedergelassene Ärzte von ihren Kassenärztlichen Vereinigungen erneut einen Hinweis über die fehlende gesetzliche Verpflichtung der Krankenkassen, die Kosten des Medikamentes zu erstatten.[14]

Rechtliche Hinweise

Umgang, Verkehr und Einfuhr von PETN unterliegen in Deutschland dem Sprengstoffgesetz.

Verwandte Sprengstoffe

Chemisch ähnlich aufgebaute Sprengstoffe, die aus einem mit Salpetersäure veresterten mehrwertigen Alkohol bestehen, sind beispielsweise:

Handelsnamen

Monopräparate: Pentalong (D)[15]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 1,4 1,5 Thieme Chemistry (Hrsg.): RÖMPP Online – Version 3.11. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 2011. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag. Der Name „roempp“ wurde mehrere Male mit einem unterschiedlichen Inhalt definiert.
  2. Eintrag zu Nitropenta in der GESTIS-Stoffdatenbank des IFA (JavaScript erforderlich).
  3. 3,00 3,01 3,02 3,03 3,04 3,05 3,06 3,07 3,08 3,09 3,10 3,11 3,12 3,13 3,14 J. Köhler, R. Meyer, A. Homburg: Explosivstoffe, zehnte, vollständig überarbeitete Auflage, Wiley-VCH, Weinheim 2008, ISBN 978-3-527-32009-7.
  4. 4,0 4,1 Referenzfehler: Es ist ein ungültiger <ref>-Tag vorhanden: Für die Referenz namens ESIS wurde kein Text angegeben.
  5. B. Tollens, P. Wigand (1891): Ueber den Penta-Erythrit, einen aus Formaldehyd und Acetaldehyd synthetisch hergestellten vierwerthigen Alkohol. In: Justus Liebigs Annalen der Chemie, 265 (3), S. 316–340; doi:10.1002/jlac.18912650303.
  6. Jonas A. Zukas, William P. Walters: Explosive effects and applications. Springer New York, 1998 (Eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche), S. 41.
  7. G. Bugge, Schiess- und Sprengstoffe und die Männer die sie schufen, Franckh'sche Verlagshandlung, Stuttgart,1942, S. 57.
  8. C. Claessen, Verfahren zur Herstellung von Zündsätzen für Sprengkapseln, Zündhütchen und Geschosszündungen, DE265025A, 8. Dezember 1912; online.
  9. A. Stettbacher, Spreng- und Schiesstoffe, Rascher Verlag, Zürich, 1948, S. 67.
  10. Lexikon der deutschen Explosivstoffmischungen. Abgerufen am 30. Dezember 2009.
  11. Spiegel Online: Ermittler finden 24 verdächtige Luftfrachtpakete.
  12. Ärzte Zeitung Online: Warum das Nitrat PETN keine Toleranz macht April 2007, PDF abgerufen am 24. April 2011.
  13. NITRATE BEI ANGINA PECTORIS - PETN (PENTALONG U.A.) OHNE TOLERANZ?, arznei-telegramm August 2007, abgerufen am 5. Januar 2012
  14. Prüfanträge bei der Verordnung von Pentalong möglich, Rundschreiben der KVWL, Januar 2012.
  15. Rote Liste online, Stand: April 2012.

Literatur

  • T. Urbanski: Chemistry and technology of explosives. 1961
  • R. Haas, J. Thieme: Synonymverzeichnis der Explosivstoffe
  • J. Gartz: Kulturgeschichte der Explosivstoffe, E. S. Mittler & Sohn. Hamburg 2006.
  • G. Hommel: Handbuch der gefährlichen Güter

Weblinks

Wiktionary: Nitropenta – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen