Prioritätsregel (Biologie)


Die Prioritätsregel dient in der biologischen Nomenklatur der Stabilität und Eindeutigkeit wissenschaftlicher Benennungen der Taxa. Sie besagt im Grundsatz, dass ältere Namen Vorrang vor jüngeren (später publizierten) Namen haben.

Die Regel ist nötig, da es immer wieder vorkommt, dass ein Taxon (z. B. eine Gattung oder Art) mehrfach in verschiedenen Publikationen mit einem neuen Namen beschrieben wird. International sollte nur einer dieser Namen auf Dauer akzeptiert werden. Vor Anwendung der Prioritätsregel wird geprüft, ob die Publikation eines neuen Taxons die allgemeinen (in Botanik und Zoologie leicht unterschiedlichen) Kriterien zur Gültigkeit der Publikation erfüllt. Namen die nicht gültig publiziert wurden, werden von der Prioritätsregel nicht erfasst.

Bei miteinander konkurrierenden, verfügbaren Namen gilt der Grundsatz, dass der zuerst veröffentlichte Name eines Taxons Priorität erhält. Er erhält Vorrang gegenüber späteren, nach objektiven oder subjektiven Kriterien dasselbe Taxon benennenden Namen und wird damit zum "gültigen" Namen. Abweichungen hierzu können gemäß den Regeln für die Zoologische Nomenklatur nur durch Vollmacht der Internationalen Kommission für Zoologische Nomenklatur beschlossen werden: Wenn zum Beispiel ein Name für einen wirtschaftlich bedeutenden Organismus lange Zeit stabil verwendet wurde und nun aufgrund neuer Erkenntnisse geändert werden müsste, kann aufgrund eines Vorschlags und nach einer Abstimmung der lange verwendete Name „konserviert“ bzw. der eigentlich die Priorität besitzende Name "unterdrückt" werden. Die möglichen Ausnahmen und Vorgehensweisen sind ebenfalls in den internationalen Nomenklaturregeln beschrieben.

Eine Besonderheit der Prioritätsregel ist, dass es einen frühestmöglichen Zeitpunkt der Gültigkeit gibt. Veröffentlichungen, die älter als diese Prioritätsgrenze sind, sind nicht zu berücksichtigen. Festgelegt wurden diese Prioritätsgrenzen vor allem durch die Standardwerke von Linnaeus. Für die Pflanzen ist der 1. Mai 1753 als festgelegtes Erscheinungsdatum der Species Plantarum von Linnaeus der Beginn der gültigen Nomenklatur. Und entsprechend in der Zoologie der 1. Januar 1758 für die 10. Auflage der Systema Naturae von Linnaeus, allerdings mit einer Besonderheit, dass hier für die Gruppe der Spinnen eine Ausnahme gemacht wurde. Das Werk Svenska spindlar von Clerck (1757) wird von den Zoologen als nach der 10. Auflage der Systema Naturae erschienen erachtet und ist damit verfügbar für die Nomenklatur. Weitere Regelungen sind etwa für Moose, Pilze, Algen, fossile Pflanzen oder Bakterien zu berücksichtigen.