Proteom
Die Gesamtheit aller Proteine in einem Lebewesen, einem Gewebe, einer Zelle oder einem Zellkompartiment, unter exakt definierten Bedingungen und zu einem bestimmten Zeitpunkt, wird als Proteom bezeichnet (zum Beispiel Proteom des Menschen, der Kartoffelknolle, der Bakterienzelle, des Zellkerns).
Das Proteom steht in einem Gleichgewicht ständiger Neusynthese von Proteinen bei gleichzeitigem Abbau nicht mehr benötigter Proteine. Damit ist das Proteom im Gegensatz zum relativ statischen Genom ständig Änderungen in seiner Zusammensetzung unterworfen. Diese Änderungen werden über komplexe Regulationsprozesse gesteuert und werden maßgeblich durch Umweltstimuli, Krankheiten, Wirkstoffe und Medikamente beeinflusst. Das Proteom ist somit Spiegel seiner Umwelt und hoch dynamisch.
In Bakterienzellen umfasst das Proteom je nach Art um die 1000 bis 10.000 verschiedene Arten von Proteinmolekülen, beim Menschen rechnet man mit 500.000 bis 1.000.000 Proteinspezies. Es kann durchaus vorkommen, dass von einer proteincodierenden Gensequenz durch mRNA Splicing (nicht bei Bakterien) und nachträgliche Modifikationen des Primärproteins durch Enzyme bis zu mehrere Hundert Proteinspezies (Modifikationsformen) synthetisiert werden. Diese sogenannten posttranslationalen (nach der Proteinsynthese stattfindenden) Modifikationen können mit Hilfe von Techniken der Proteomanalyse erforscht werden.
Methoden
Für die Erforschung von Proteomen steht eine Vielzahl von Technologien zur Verfügung. Dabei kann zwischen Methoden für die Separation der einzelnen Proteinspezies und solchen für die Charakterisierung und Identifizierung derselben unterschieden werden. Die Wissenschaft von der Erforschung des Proteoms wird Proteomik (engl. {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) genannt.
Separation
- serielle Extraktionen
- serielle Fällungen
- Chromatographie
- Elektrophorese
- Zentrifugation
Identifikation und Charakterisierung
- Massenspektrometrie
- NMR-Spektroskopie
- Proteinsequenzierung per Edman-Abbau
- Anfärbung mit Antikörpern oder anderen selektiven Liganden
- direkte oder gekoppelte enzymatische Nachweise (z. B. colorimetrisch mit chromogenen Substraten)
- phänotypische Nachweise
Mit der Erforschung des Proteoms beschäftigt sich das Human Proteome Project (kurz HUPO) sowie in Deutschland die Deutsche Gesellschaft für Proteomforschung. Kommerziell wird die Protein-Muster-Diagnostik, außerhalb der klinischen Praxis, im Rahmen von Krebsdiagnostik und zur Diagnostik von Nierenerkrankungen angewandt.
Nach der weitestgehend abgeschlossenen Sequenzierung des gesamten menschlichen Genoms verspricht man sich von der Erforschung des Proteoms z. B. eine tiefe Einsicht in die Entstehung vieler Krankheiten und in weiterer Folge die Entwicklung kausal wirkender Medikamente. Die Ergebnisse der Proteomforschung finden sich in speziellen Proteom-Datenbanken, z. B. UniProt, GenBank, KEGG, Protein Data Bank, Reactome, Mascot und IEDB.
Geschichte
Der Begriff Proteom wurde 1994 vom Australier Marc R. Wilkins auf einem wissenschaftlichen Kongress zur Proteomforschung im italienischen Siena, in Anlehnung und Analogie zu den Begriffen Genom und Transkriptom, geprägt.
Ergebnisse zum Proteom des Menschen
In einer ersten umfassenden Studie wurde das Proteom von sieben menschlichen Zelllinien untersucht und die Schnittmenge daraus bestimmt, das so genannte zentrale Proteom. Dieses umfasste 1124 verschiedene Proteine, die oberhalb der Nachweisgrenze lagen. Von zehn Prozent der Proteine war bei der Veröffentlichung die Funktion nicht bekannt. Die vom zentralen Proteom abgedeckten Stoffwechselbestandteile sind Proteinbiosynthese, Primärstoffwechsel, Zellzyklus und Apoptose. Die Daten werden auf proteomecommons.org zur Verfügung gestellt.[1]
Siehe auch
- Bioinformatik
- Medizinische Datenbank
Einzelnachweise
- ↑ PMID 21269460