Rotbauchunke



Rotbauchunke

Rotbauchunke (Bombina bombina)

Systematik
Klasse: Lurche (Amphibia)
Ordnung: Froschlurche (Anura)
Überfamilie: Discoglossoidea
Familie: Bombinatoridae
Gattung: Unken (Bombina)
Art: Rotbauchunke
Wissenschaftlicher Name
Bombina bombina
(Linnaeus, 1761)

Die Rotbauchunke (Bombina bombina), manchmal auch Tieflandunke oder Feuerkröte genannt, gehört innerhalb der Ordnung der Froschlurche zur „urtümlichen“ Familie Bombinatoridae und zur Gattung der Unken.

Merkmale

Bauchseite eines Jungtieres - neben der orange-roten Färbung sind auch die vielen weißen Punkte typisch
Oberseite eines sehr hellen und lebhaft gezeichneten Jungtieres - dasselbe wie auf dem Bauchseitenfoto
Oberseite eines dunkel gefärbten Jungtieres

Die Kopf-Rumpf-Länge von Männchen und Weibchen erreicht nur 45 (53) Millimeter, wobei die mitteleuropäischen Tiere meistens kleiner bleiben. Unken sind damit neben dem Laubfrosch und der etwas näher verwandten Geburtshelferkröte die kleinsten mitteleuropäischen Froschlurche. Auffällig im Vergleich etwa zu Echten Kröten sind der flache Kopf mit relativ eng zusammenstehenden Augen, der insgesamt abgeflachte Körper, das Fehlen von äußerlich sichtbaren Trommelfellen und Ohrdrüsen (Parotiden) sowie die herzförmigen bis dreieckigen Pupillen. Zur Paarungszeit lassen sich die Männchen durch dunkle Brunstschwielen am Unterarm und an den ersten beiden Fingern von Weibchen unterscheiden, außerdem besitzen sie (im Gegensatz zur Gelbbauchunke) innere Schallblasen, die als Kehlblasen sichtbar werden.

Die Oberseite des Körpers ist mit flachen Warzen besetzt, die kleine schwarze Hornstacheln aufweisen (nicht so deutlich wie bei der Gelbbauchunke), hell- bis dunkelgrau oder graubraun mit dunklen Flecken. Viele Individuen weisen auch grüne Nackenflecken auf. Die Unterseite inklusive der Arm- und Beininnenseiten ist dunkelgrau bis schwarz mit auffallenden orangen bis roten Flecken, die manchmal nur ein Fünftel der Fläche einnehmen, im Extremfall aber auch den größten Anteil. Meistens liegt der Anteil rötlicher Flecken bei etwas unter 50 Prozent. Die dunklen Partien sind mit vielen weißen Punkten besetzt.

Die innersten Finger und Zehen sowie insgesamt die Gliedmaßenspitzen sind im Gegensatz zur Gelbbauchunke nicht farbig gefleckt. Das bauchseitige Zeichnungsmuster ist individuell wie ein Fingerabdruck. Bei Bedrohung bildet die Rotbauchunke ein Hohlkreuz und biegt ihre Arme und Beine nach oben, so dass die rote Färbung der Unterseite teilweise zum Vorschein kommt. Diese sogenannte Kahnstellung oder auch Unkenreflex soll Feinden gegenüber als Warnsignal dienen („Vorsicht, giftig/ungenießbar!“).

Rufe

Die Männchen besitzen innere Schallblasen. Rotbauchunken lassen ihre eigentümlichen, melancholisch klingenden Rufe bei Tag (vor allem nachmittags) und in der ersten Nachthälfte ertönen. Die zeitliche Abfolge der Rufe („uuh..uuh..uuh...“) übersteigt normalerweise nicht 40 pro Minute – dies ist weniger als bei der Gelbbauchunke und zugleich sind die Rufe tiefer und lauter. Eine Mindestwassertemperatur von 12 Grad ist erforderlich, um die Rufbereitschaft auszulösen. Bei steigender Wassertemperatur nimmt die Anzahl der Rufe pro Minute zu, außerdem erhöht sich die Tonhöhe, dagegen nimmt die Dauer der Rufe ab. Auch die Körpergröße übt einen Einfluss auf die Rufe aus. Bei zunehmender Körperlänge steigt die Dauer der Rufe, während die Tonhöhe sinkt. Die Wiederholungsrate der Rufe ist von der Körpergröße und damit vom Alter der Männchen unabhängig.[1] Der Schwerpunkt der Rufaktivität liegt zwischen Ende April und Juni, wobei Starkregen und kurzfristige Hochwasserereignisse spontane Balzaktivitäten auch noch im Sommer hervorrufen können. Die Rufe werden manchmal mit denen der Zwergohreule, des Sperlingskauzes oder der Zwergrohrdommel verglichen.

Der Mechanismus, mit dem die Männchen die Laute erzeugen, unterscheidet sich von dem der „modernen“ Froschlurche (Neobatrachia) wie Kröten, Fröschen oder Laubfröschen. Erst blasen sich die auf dem Wasser treibenden oder im Flachwasser sitzenden Tiere ballonartig auf, indem sie ihre Lungen füllen. Dann strömt die Luft in die Kehlblasen und stülpt diese hervor. Nun erst werden die Laute erzeugt, indem die Luft durch den Kehlkopf in die Lungen gepresst wird – bei anderen Gattungen werden die Laute auf dem umgekehrten Weg gebildet. Die Männchen besetzen ein Revier von zwei bis drei Metern Durchmesser. Bei der Paarung werden die Weibchen von den Männchen in der Lendengegend umklammert („Amplexus lumbalis“).

Laich und Larven

Ein Weibchen bringt mehrere Laichklümpchen von je bis zu 30 Eiern hervor (insgesamt bis zu 300 Eier pro Saison), deren Gallerthüllen einen Durchmesser von fünf bis acht Millimetern je Ei haben. Diese werden in geringer Wassertiefe an Pflanzen geheftet. Die Larven (Kaulquappen) werden bis 55 Millimeter lang. Ihr oberer Flossensaum ist hoch und reicht bis auf das vordere Rückendrittel; der Schwanz erreicht etwa das anderthalbfache der Kopf-Rumpf-Länge. Das Mundfeld ist fast dreieckig (bei Gelbbauchunkenlarven oval); charakteristisch sind zwei in Längsrichtung des Körpers verlaufende helle Streifen.

Verbreitung und Lebensraum

Verbreitungskarte gemäß IUCN-Daten
Qualmwassergeprägter Auentümpel an der mittleren Elbe als typisches Rotbauchunken-Biotop

Das Verbreitungsgebiet konzentriert sich im östlichen und mittleren Europa (= kontinentale biogeografische Region); nordwestlich reicht es bis nach Südschweden, Dänemark, Ostholstein und Nordost-Niedersachsen, im Süden bis nach Bulgarien. Die Hauptverbreitungsareale innerhalb Deutschlands liegen in Sachsen-Anhalt, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. An ihrer nordwestlichen Verbreitungsgrenze hat die Rotbauchunke starke Bestandseinbußen zu verzeichnen. In Niedersachsen beispielsweise beschränken sich die rezenten Nachweise mittlerweile auf die Elbtalniederung. Der höchstgelegene Fundort im Gesamtareal liegt auf 730 m NN in Westböhmen. Gemeinsame Vorkommen mit der Gelbbauchunke schließen sich in vielen Regionen unter anderem wegen der unterschiedlichen Lebensraumansprüche aus – Ausnahmen sind etwa der Osten Österreichs (beispielsweise das Burgenland), Tschechien und Rumänien.

Bevorzugte Biotope sind besonnte, vegetationsreiche, fischfreie Flachgewässer mit starker jahreszeitlicher Wasserstandsdynamik (saisonale Überschwemmungen); diese werden vom Frühling bis zum Herbst besiedelt. Im jungpleistozänen nordostdeutschen Tiefland bilden sogenannte Sölle typische Lebensräume. Im September/Oktober erfolgt die Rückwanderung in die Winterquartiere über Distanzen von bis zu einem Kilometer. Überwinterungsplätze sind vor allem Gehölze mit Totholz und Laub sowie gelegentlich Lesesteinhaufen. Der Reproduktionserfolg unterliegt starken jährlichen Schwankungen, abhängig von Temperatur und Niederschlag.

Nahrung

Die Larven ernähren sich vor allem von organischem Aufwuchs (Algen, Bakterien) an Pflanzenstängeln und Steinen im Wasser. Entwickelte Unken nehmen ausschließlich lebende tierische Nahrung (zum Beispiel Insekten) auf, die sie überwiegend im oder am Gewässer fangen. Die Eignung eines Gewässers als Sommerlebensraum für Unken hängt entscheidend von Art und Umfang seiner Bioproduktion ab, weshalb Laichplatz und Sommerlebensraum nicht immer identisch sind. Unken pendeln daher (meist nachts) auch zwischen unterschiedlichen Gewässern.

Gefährdung

Rotbauchunke

Eine Gefährdung der Rotbauchunke entsteht vor allem durch den Lebensraumverlust infolge von Flussbegradigungen und Deichbau sowie großräumiger Flächenentwässerung. Auch direkte Gewässerzerstörung durch Verfüllung wirkt sich auf die Tiere aus, ebenso wie eine intensive Landwirtschaft und eine Verinselung, also eine Fragmentierung der Habitate, beispielsweise durch Straßen. Vor allem an der westlichen und nordwestlichen Arealgrenze ist die Art meist stark bedroht. Die Internationale Rote Liste der IUCN stuft sie dagegen als least concern, also ungefährdet ein.[2] Grund dafür ist unter anderem die noch recht gute Bestandssituation in Ost-/Südosteuropa.

Gesetzlicher Schutzstatus (Auswahl)[3]

  • Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL): Anhänge II und IV (es sind eigens Schutzgebiete auszuweisen / streng zu schützende Art)
  • Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG): streng geschützt

Nationale Rote Liste-Einstufungen (Auswahl)[4][5]

  • Rote Liste Bundesrepublik Deutschland: 2 – stark gefährdet
  • Rote Liste Österreichs: VU (entspricht: gefährdet)
  • Rote Liste der Schweiz: (diese Art kommt hier nicht vor)

Quellen

Hauptquelle des Artikels ist die folgende Literatur:

  • Andreas & Christel Nöllert: Die Amphibien Europas. – Franckh-Kosmos, Stuttgart 1992. ISBN 3-440-06340-2

Darüber hinaus werden folgende Einzelnachweise aufgeführt:

  1. Klaus Lörcher: Vergleichende bio-akustische Untersuchungen an der Rot- und Gelbbauchunke, Bombina bombina (L.) und Bombina v. variegata (L.). Oecologia (Berlin) 3, S. 84-125, 1969
  2. IUCN 2010. IUCN Red List of Threatened Species. Version 2010.4. Bombina bombina
  3. Rotbauchunke bei www.wisia.de
  4. Bundesamt für Naturschutz (Hrsg.): Rote Liste der gefährdeten Tiere, Pflanzen und Pilze Deutschlands 1: Wirbeltiere. Landwirtschaftsverlag, Münster 2009, ISBN 978-3784350332
  5. Online-Übersicht bei www.amphibienschutz.de

Weblinks

Commons: Rotbauchunke – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien