Teleneurologie
Die Teleneurologie setzt für die Medizin adaptierte und zugelassene Videokonferenztechnologie ein, um die Versorgung von Schlaganfallpatienten auch in kleineren Krankenhäusern ohne eigene Neurologie zu verbessern.
Prinzip
Der Einsatz telemedizinischer Techniken entwickelt sich in der Neurologie in Form der Teleneurologie. Teleneurologie darf nicht mit Teleradiologie verwechselt werden. Während bei letzterem Verfahren z. B. CT-Bilder über eine Datenleitung einem räumlich entfernten Krankenhaus bzw. Teleradiologen übermittelt werden, beinhaltet die Teleneurologie neben der Betrachtung von CT-Bildern die körperliche Untersuchung des Patienten am Bildschirm durch einen Teleneurologen. Dazu wird eine speziell für die Medizintechnik zugelassene Videokonferenztechnologie mit entsprechenden Bandbreiten der verwendeten Datenleitung eingesetzt, die sowohl im regionalen Krankenhaus als auch in einem neurologischen Zentrum wie einem Schlaganfall-Zentrum installiert sein müssen. Ein Teleneurologe kann somit einem internistischen Kollegen vor Ort bei der Untersuchung beobachten, begleiten und anleiten sowie den Patienten selbst und seine Angehörigen befragen.
Zielsetzung und Verfahren
Die Zielsetzung der Teleneurologie besteht darin, eine Ferndiagnostik von Schlaganfallpatienten mittels Video- und Tonübertragung durchführen zu können: primär geht es darum, die qualitativ bestmögliche Versorgung der Schlaganfallpatienten mit interdisziplinärer Kompetenz zu gewährleisten. Als sekundäres Ziel wird die weitere Steigerung der Schlaganfallexpertise formuliert.
Im Vergleich zu anderen telemedizinischen Verfahren ist die Teleneurologie derzeit das am weitesten entwickelte und praktizierte Verfahren, Diagnose und Therapie von Schlaganfallpatienten aktiv mit Hilfe von räumlich entfernten Teleneurologen auch in kleineren Krankenhäusern über weite Entfernungen in kürzestmöglicher Zeit zu verbessern.
Die Teleneurologie wird insbesondere für die neurologische Akutexpertise, bei diffizilerem neurologischen Untersuchungsstatus vor allem im Bereich der Hirnstammsymptomatik und Differenzialdiagnostik eingesetzt. Ein weiteres Einsatzgebiet stellt die Systemische Fibrinolyse vor Ort dar, bei der ein Internist und Neurologe erforderlich sind.
Als Voraussetzungen für Teleneurologie werden aus medizinischer Sicht u. a. angesehen:
- eine ständig verfügbare cerebrale Bildgebung, in der Regel Computertomographie oder Magnetresonanztomographie (Verbindung mit Radiologie und Neurologie)
- Schlaganfallmonitoring
- Schlaganfallexpertise in internistischer Abteilung
- Interdisziplinäre Kooperation
- Kooperationsvereinbarung mit regionaler Neurochirurgie für Blutungen (insbesondere auch Lysekomplikationen), Kraniotomien
Die digitale Videoübertragung ermöglicht die neurologische Beurteilung von Patienten an dezentralen Standorten, wodurch Patient und Neurologe wertvolle Zeit im Akutfall gewinnen.
Apparative und technische Ausstattung
Aus technischer Sicht stellt Teleneurologie eine für die Medizin adaptierte Videokonferenztechnologie dar, mit der eine Fernbeurteilung von neurologischen Patienten per Videoübertragung und Unterstützung der vor Ort tätigen Mediziner bei der Versorgung der Patienten erfolgt. Die digitalen Videodaten einschließlich Ton werden verschlüsselt über das EDV-Netzwerk der beteiligten Krankenhäuser sowie über DSL-Leitungen oder breitbandige Internetverbindungen übertragen.
Eine Videokonferenz stellt eine audiovisuelle Telekommunikationstechnologie dar, die (Bewegt-)Bilder und Ton sowie optional Anwenderdateien (z. B. Dokumente) zwischen zwei und mehreren Standorten überträgt. Der Teleneurologe steuert nach Verbindungsaufbau von einem Arbeitsplatz eine mobile Aufnahmeeinheit am Bett des Patienten. Die Anlagen bestehen im Wesentlichen aus Kamera und Mikrofon als Eingabegeräte sowie Bildschirm und Lautsprecher als Ausgabegeräte. In den medizinischen Anwendungen werden Röntgenbilder im DICOM-Format auf die Arbeitsstation des Teleneurologen übertragen.
Literatur
- Claus Schwing, Teleradiologie: Umfassende Schlaganfalldiagnostik mit CT möglich, Trends in der Medizintechnik, KU spezial Nr. 31 – 10/2005, Baumann Fachverlage, S. 19 – 22