Ökologischer Fußabdruck
Unter dem Ökologischen Fußabdruck (oder Ecological Footprint)[1][2] wird die Fläche auf der Erde verstanden, die notwendig ist, um den Lebensstil und Lebensstandard eines Menschen (unter Fortführung heutiger Produktionsbedingungen) dauerhaft zu ermöglichen. Das schließt Flächen ein, die zur Produktion seiner Kleidung und Nahrung oder zur Bereitstellung von Energie, aber z. B. auch zur Entsorgung oder Recyclings des von ihm erzeugten Mülls oder zum Binden des durch seine Aktivitäten freigesetzten Kohlendioxids benötigt werden. Die Werte werden in Hektar pro Person und Jahr angegeben.
Das Konzept wurde 1994 von Mathis Wackernagel und William Rees entwickelt. 2003 wurde von Wackernagel das Global Footprint Network gegründet, das u. a. von der Nobelpreisträgerin Wangari Maathai, dem Gründer des Worldwatch Institute Lester R. Brown und Ernst Ulrich von Weizsäcker unterstützt wird.
Das Konzept des ökologischen Fußabdrucks wird häufig verwendet, um im Zusammenhang mit dem Konzept der Bildung für nachhaltige Entwicklung auf gesellschaftliche und individuelle Nachhaltigkeitsdefizite hinzuweisen.
Daten von Kontinenten und Staaten
Region | Bevölkerung* | Ökologischer Fußabdruck** |
Biokapazität** | Ökologisches Defizit oder Reserve** |
---|---|---|---|---|
Welt | 6.739,6 | 2,7 | 1,8 | 0,7 |
Afrika | 938,4 | 1,4 | 1,5 | 1,1 |
Mittlerer Osten und Zentralasien |
382,6 | 2,5 | 0,9 | 0,4 |
Asien-Pazifik | 3.725,2 | 1,6 | 0,9 | 0,6 |
Südamerika | 390,1 | 2,7 | 7,4 | 2,7 |
Zentralamerika und Karibik |
66,8 | 1,7 | 1,0 | 0,6 |
Nordamerika | 448,9 | 6,2 | 4,1 | 0,7 |
EU | 495,1 | 4,7 | 2,2 | 0,5 |
Europa (ohne EU) | 238,1 | 4,0 | 4,9 | 1,2 |
Land | Bevölkerung* | Ökologischer Fußabdruck** |
Biokapazität** | Ökologisches Defizit oder Reserve** |
Amerika | ||||
Brasilien | 191,5 | 2,9 | 9,6 | 6,7 |
Kanada | 33,3 | 6,4 | 14,9 | 8,5 |
USA | 305,0 | 7,2 | 3,9 | 3,3 |
Asien | ||||
VR China | 1.358,8 | 2,1 | 0,9 | 1,3 |
Indien | 1.190,9 | 0,9 | 0,5 | 0,4 |
Israel | 7,1 | 4,0 | 0,3 | 3,7 |
Japan | 126,5 | 4,2 | 0,6 | 3,6 |
Katar | 1,4 | 11,7 | 2,1 | 9,6 |
Europa | ||||
Belgien | 10,6 | 7,1 | 1,3 | 5,8 |
Dänemark | 5,5 | 8,3 | 4,8 | 3,4 |
Deutschland | 82,5 | 4,6 | 2,0 | 2,6 |
Finnland | 5,3 | 6,2 | 12,2 | 6,0 |
Frankreich | 62,1 | 4,9 | 3,0 | 1,9 |
Norwegen | 4,8 | 4,8 | 5,4 | 0,6 |
Schweden | 9,2 | 5,7 | 9,5 | 3,8 |
Schweiz | 7,6 | 5,0 | 1,2 | 3,8 |
UK | 61,5 | 4,7 | 1,3 | 3,4 |
* Millionen
** ha/Person und Jahr
Die weltweite Inanspruchnahme zur Erfüllung menschlicher Bedürfnisse überschreitet nach Daten des Global Footprint Network und der European Environment Agency derzeit also die Kapazität der verfügbaren Flächen um insgesamt 50 %. Danach werden gegenwärtig pro Person 2,7 ha (Hektar) verbraucht, es stehen allerdings lediglich 1,8 ha zur Verfügung. Dabei verteilt sich die Inanspruchnahme der Fläche sehr unterschiedlich auf die verschiedenen Regionen: Europa (EU25) beispielsweise benötigt 4,7 ha pro Person, kann aber nur 2,2 ha selber zur Verfügung stellen. Dies bedeutet eine Überbeanspruchung der europäischen Biokapazität um über 100 %. Frankreich beansprucht dabei annähernd das Doppelte, Deutschland knapp das Zweieinhalbfache und Großbritannien mehr als das Dreifache seiner jeweils vorhandenen Biokapazität. Ähnliche Ungleichgewichte finden sich auch zwischen Stadt und Land.
Ecological Debt Day
Anhand des ökologischen Fußbadrucks lässt sich der "Ecological Debt Day" bzw. “Earth Overshoot Day" berechnen, der im Deutschen auch als "Ökoschuldentag" oder "Welterschöpfungstag" bezeichnet wird. Dieser gibt den Kalendertag jeden Jahres an, ab welchem die von der Menschheit konsumierten Ressourcen die Kapazität der Erde übersteigen, diese zu generieren. Berechnet wird der Ecological Debt Day durch Division der weltweiten Biokapazität, also der während eines Jahres von der Erde produzierten natürlichen Ressourcen, durch den ökologischen Fußbabdruck der Menschheit multipliziert mit der Zahl 365, der Anzahl von Tagen im Gregorianischen Kalender. Im Jahr 2012 lag er am 22. August. Der jährliche Trend zeigt eine Vorverlegung zu einem früheren Datum, wobei es jedoch aufgrund der Methodik sowie neuer Erkenntnisse zu einer gewissen Schwankungsbreite kommt.[5][6]
Siehe auch
- Anthropozän
- Die Grenzen des Wachstums
- Happy Planet Index
- "Menschlicher Fußabdruck Index" (Human footprint index) im Sinne der Studie "Last of the wild"
- Ökologischer Rucksack
- Material-Input pro Serviceeinheit
- Umweltraum
- Virtuelles Wasser, Water Footprint
Veröffentlichungen
Weblinks
- Online-Rechner zur Bestimmung des ökologischen Fußabdrucks des eigenen Lebensstils
- BUNDjugend: Passt dein Fuß auf diese Erde? (Deutschland)
- Bundesministerium für Land und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft: Footprint-Rechner (Österreich)
- WWF: Fußabdruck-Test (Österreich)
- Sonstiges
- Global Footprint Network
- Ecological Footprint Atlas 2010 (PDF-Datei; 16 MB)
- Plattform Footprint - "Eine für alle" - das österreichischen Netzwerk von Umwelt-, Entwicklungs- und Sozialorganisationen zum Thema ökologischer Fußabdruck
- Lexikon der Nachhaltigkeit: Ökologischer Fußabdruck
- Ecological Debt Day - Ab heute leben wir auf Pump bei Telepolis (6. Oktober 2007)
- Der Ökologische Fußabdruck (UmweltWissen - Bayerisches Landesamt für Umwelt; PDF-Datei; 261 kB)
- Die Idee des ökologischen Fußabdrucks: Mathis Wackernagel im Interview
- Ausführliche Beschreibung des Konzepts ökologischer Fußabdruck
- slaveryfootprint.org: How many slaves are work for you? Fragebogen (engl.) zum Umfang persönlich in Anspruch genommener Sklavenarbeit (1. November 2011)
Unterrichtsmaterial
- Unterrichtsmaterialien und Fachbeiträge zum Ökologischen Fußabdruck auf verbraucherbildung.de, dem Bildungsportal des Verbraucherzentrale Bundesverbandes e.V.
- Der Ökologische Fußabdruck im Unterricht an Schulen (UmweltWissen Didaktische Konzepte - Bayerisches Landesamt für Umwelt; PDF-Datei; 153 kB)
- Bundesweites Schulprojekt "Fair Future - Der Ökologische Fußabdruck"
Literatur
- Beyers, Bert; Kus, Barbara; Amend, Thora & Fleischhauer, Andrea (2010): Großer Fuß auf kleiner Erde? Bilanzieren mit dem Ecological Footprint – Anregungen für eine Welt begrenzter Ressourcen. 2. Auflage. In: Nachhaltigkeit hat viele Gesichter, Nr. 10. Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) GmbH, Eschborn, ISBN 9783-925064-66-1
- Wackernagel, Mathis; Beyers, Bert (2010): Der Ecological Footprint. Die Welt neu vermessen. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg, ISBN 978-3-931705-32-9
- WWF (2010): Living Planet Report 2010 (PDF, 12,5 MB)
- Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie (Hrsg.): Fair Future - Ein Report des Wuppertal Instituts. Begrenzte Ressourcen und globale Gerechtigkeit. 2. Auflage. Verlag C.H. Beck, München 2005, ISBN 3-406-52788-4 (bietet eine klare Definition auf Seite 36)
- Meadows, Dennis L. et al.: Limits to Growth: The 30-Year Update. Chelsea Green Publishing Company 2004, ISBN 1-931498-58-X (englisch)
Filme
- Nick Watts, Michael Dörfler: So viel lebst du, Summen menschlichen Lebens, Untertitel: Ein Deutscher lebt im Durchschnitt 2.495.840.256 Sekunden, trinkt während dieser Zeit 6.920,5 Liter Milch, verbraucht 3.651 Rollen Toilettenpapier und gibt bis..., Dokumentation, Deutschland, 75 Min., 2008, 3sat.de: So viel lebst du.
Einzelnachweise
- ↑ Wackernagel, Mathis; Beyers, Bert (2010): Der Ecological Footprint. Die Welt neu vermessen. Europäische Verlagsanstalt, Hamburg, ISBN 978-3-931705-32-9
- ↑ http://www.footprintnetwork.org/de/index.php/GFN/page/basics_introduction/
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Footprintnetwork Excel-Datei
- ↑ Bericht des Footprintnetworks in aktualisierter Fassung vom 7. Mai 2012 als Excel-Datei
- ↑ "Welterschöpfungstag" fällt heuer auf den 22. August. In: Der Standard, 21. August 2012. Abgerufen am 25. August 2012.
- ↑ Earth Overshoot Day. Ab heute geht es an die Substanz. In: TAZ, 23. August 2012. Abgerufen am 25. August 2012.