An der „Auferstehung“ sind viele Gene beteiligt



Bio-News vom 23.03.2023

Manche Pflanzen können Monate ohne Wasser überleben, um dann nach einem kurzen Regenguss wieder zu ergrünen. Eine aktuelle Studie der Universitäten Bonn und Michigan zeigt, dass dafür kein „Wunder-Gen“ verantwortlich ist. Stattdessen ist diese Fähigkeit Folge eines ganzen Netzwerks von Erbanlagen, die fast alle auch in empfindlicheren Arten vorkommen.

Die Forschenden haben in ihrer Studie eine Art unter die Lupe genommen, die an der Universität Bonn schon lange untersucht wird - die Wiederauferstehungs-Pflanze Craterostigma plantagineum. Sie trägt ihren Namen völlig zu Recht: In Dürrezeiten könnte man sie für tot halten. Doch genügt auch nach Monaten der Trockenheit etwas Wasser, um sie wieder aufleben zu lassen. „Wir untersuchen an unserem Institut seit vielen Jahren, wie die Pflanze das macht“, erklärt Prof. Dr. Dorothea Bartels vom Institut für Molekulare Physiologie und Biotechnologie der Pflanzen (IMBIO) an der Universität Bonn.


Craterostigma plantagineum im Borakalalo Game Reserve, North West, South Africa

Publikation:


Robert VanBuren, Ching Man Wai, Valentino Giarola, Milan Zupunski, Jeremy Pardo, Michael Kalinowski, Guido Grossmann und Dorothea Bartels
Core cellular and tissue specific mechanisms enable desiccation tolerance in Craterostigma

The Plant Journal

DOI: 10.1111/tpj.16165



Unter anderem interessiert sie sich für die Erbanlagen, die für die Dürre-Toleranz verantwortlich sind. Immer mehr kristallisiert sich dabei heraus, dass diese Fähigkeit nicht das Resultat eines einzigen „Wunder-Gens“ ist. Stattdessen sind daran sehr viele Erbanlagen beteiligt, von denen die allermeisten auch in Arten vorkommen, die nicht so gut mit Trockenheit zurechtkommen.


Die Wiederauferstehungspflanze Craterostigma plantagineum in bewässertem Zustand (links), ausgetrocknet (Mitte) und dann “wiederbelebt” (rechts).

Pflanze hat von jedem Chromosom acht Exemplare

In der aktuellen Untersuchung hat Bartels Team zusammen mit Forschenden der Universität Michigan (USA) das komplette Genom von Craterostigma plantagineum analysiert. Und das ist ziemlich komplex aufgebaut: Während die meisten Tiere von jedem Chromosom zwei Exemplare haben – eines von der Mutter, eines vom Vater –, sind es bei Craterostigma gleich acht. Ein solches „achtfaches“ Genom nennt man auch oktoploid. Wir Menschen sind dagegen diploid.

„Eine derartige Vervielfachung der genetischen Information lässt sich bei vielen Pflanzen beobachten, die sich unter Extrembedingungen entwickelt haben“, sagt Bartels. Doch warum ist das so? Ein vermutlicher Grund: Wenn ein Gen in acht Kopien vorliegt statt in zwei, lässt es sich im Prinzip viermal so schnell ablesen. Mit einem oktoploiden Genom lassen sich daher sehr schnell große Mengen eines benötigten Proteins produzieren. Diese Fähigkeit scheint auch für die Entwicklung der Dürre-Toleranz von Bedeutung zu sein.

In Craterostigma sind manche Erbanlagen, die mit einer größeren Unempfindlichkeit gegen Trockenheit einhergehen, sogar noch weiter vervielfältigt. Dazu zählen etwa die sogenannten ELIPs – das Akronym steht für „early light inducable proteins“, da sie durch Licht rasch angeschaltet werden und vor oxidativem Stress schützen. Sie kommen in allen dürreresistenten Arten in hoher Kopienzahl vor. „In Craterostigma gibt es knapp 200-ELIP Gene, die nahezu identisch sind und die in großen Clustern zu zehn oder zwanzig Exemplaren auf verschiedenen Chromosomen liegen“, erklärt Bartels. Trockenresistente Pflanzen können also vermutlich auf ein umfangreiches Netzwerk von Erbanlagen zurückgreifen, die sie im Fall einer Trockenheit rasch hochregulieren können.

Trockenheitsempfindliche Arten verfügen meist über dieselben Gene - wenn auch in geringerer Kopienzahl. Das ist auch nicht weiter verwunderlich: Die Samen und Pollen der meisten Pflanzen sind oft noch nach langen Phasen ohne Wasser keimfähig. Sie verfügen also auch über ein genetisches Programm zum Schutz vor Dürre. „Dieses Programm wird aber normalerweise bei der Keimung abgeschaltet und lässt sich danach nicht mehr reaktivieren“, erklärt die Botanikerin. „In Wiederauferstehungs-Pflanzen bleibt es dagegen aktiv.“

Die meisten Arten „können“ Dürre-Toleranz

Dürre-Toleranz ist also etwas, was die allermeisten Pflanzen „können“. Die Gene, die diese Fähigkeit vermitteln, sind vermutlich sehr früh im Laufe der Evolution entstanden. Jedoch sind diese Netzwerke in Trockenheits-resistenten Arten leistungsfähiger und zudem nicht nur in bestimmten Phasen des Lebenszyklus aktiv.

Allerdings verfügt auch in Craterostigma plantagineum nicht jede Zelle über dasselbe „Dürreprogramm“. Das konnten Forschende der Universität Düsseldorf zeigen, die ebenfalls an der Studie beteiligt waren. So sind in Wurzeln bei Austrocknung andere Gene des Dürre-Netzwerks aktiv als in Blättern. Unerwartet ist dieser Befund nicht: Blätter müssen sich zum Beispiel gegen die schädigende Wirkung der Sonne schützen. Dabei helfen ihnen zum Beispiel die ELIPs. Bei genügend Feuchtigkeit bildet die Pflanze Photosynthese-Pigmente, die die Strahlung zumindest zum Teil absorbieren. Bei Dürre fällt dieser natürliche Schutz weitgehend aus. Wurzeln müssen dagegen keine Angst vor einem Sonnenbrand haben.

Die Studie verbessert das Verständnis für die Frage, warum manche Arten so wenig unter Dürre leiden. Langfristig könnte sie daher zur Züchtung von Nutzpflanzen wie Weizen oder Mais beitragen, die mit Trockenheit besser zurechtkommen. In Zeiten des Klimawandels dürften diese in Zukunft gefragter sein denn je.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.

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