Beliebte Delfinmännchen zeugen die meisten Nachkommen



Bio-News vom 25.03.2022

Nicht Stärke oder Erfahrung sind bei Delfinmännchen der Weg zum Fortpflanzungserfolg, sondern starke Freundschaften mit männlichen Artgenossen. Je besser Delfinmännchen sozial integriert sind, desto mehr Nachkommen zeugen sie. Dies zeigt ein internationales Forschungsteam anhand von Verhaltensdaten und genetischen Profilen von Delfinen in der australischen Shark Bay.

Männliche Delfine in der australischen Shark Bay leben in komplexen sozialen Gruppen, in denen sie lebenslange Freundschaften pflegen und mit anderen Männchen kooperieren. Dazu schliessen sie sich zu grösseren stabilen Allianzen zusammen. Innerhalb dieser Allianzen bilden sich kleinere weniger konstante Gruppen aus jeweils zwei oder drei Männchen, um sich mit Weibchen zu verpaaren, diese von anderen Allianzen zu stehlen oder Angriffe abzuwehren.

Kooperation zum Zweck der Fortpflanzung

„Diese Art von männlicher Kooperation zum Zweck der Fortpflanzung ist im Tierreich äusserst ungewöhnlich. Sie findet sich sonst nur bei Menschenaffen und hier in wesentlich einfacherer Form“, sagt Livia Gerber, ehemalige Doktorandin am Anthropologischen Institut der Universität Zürich. Zusammen mit einem internationalen Team um UZH-Professor Michael Krützen wollte sie deshalb herausfinden, ob sich das aussergewöhnliche Beziehungsgeflecht auf den Fortpflanzungsserfolg der Delfine auswirkt oder ob sich, wie bei den meisten anderen Arten, die stärkeren oder erfahreneren Männchen durchsetzen. Die Forschenden analysieren dafür Verhaltensdaten von 85 Delfin-Männchen über einen Beobachtungszeitraum von 30 Jahren und erstellten genetische Profile von mehr als 400 Delfinen für Vaterschaftsanalysen.


Zwei Delfine in der Shark Bay in Westaustralien.

Publikation:


Livia Gerber et al.
Social integration influences fitness in allied male dolphins

Current Biology (2022)

DOI: 10.1016/j.cub.2022.03.027



Beziehungen sind wichtiger als Stärke und Erfahrung

Das Resultat: Sehr beliebte Männchen mit besonders starken Beziehungen zu möglichst vielen Allianzpartnern zeugen die meisten Nachkommen. Keine Rolle für den Fortpflanzungserfolg spielten die ebenfalls untersuchte Partnertreue innerhalb der kleineren, variabel zusammengesetzten Zweier- oder Dreiergruppen und der Altersunterschied zu den Allianzpartnern.


Die Kooperation männlicher Delfine zum Zweck der Fortpflanzung ist im Tierreich äusserst ungewöhnlich.
Starke Freundschaften unter Delfinmännchen üben einen direkten Einfluss auf deren evolutionäre Fitness aus.

Dass soziale Bindungen bessere Überlebenschancen bringen, zu einer höheren Lebenserwartung führen und sich auch auf Immunsystem und Gesundheit positiv auswirken, wurde bereits vermutet. Obwohl diese Effekte ebenfalls zum lebenslangen Reproduktionserfolg männlicher Delfins beitragen können, ist der entscheidende Faktor laut Erstautorin Gerber wohl ein anderer: „Gut integrierte Männchen können die Vorteile der Kooperation wahrscheinlich besser nutzen und haben damit einen leichteren Zugang zu Ressourcen wie Nahrung oder Paarungspartnern. Zudem sind sie im Vergleich zu Artgenossen mit wenigen, aber engeren Partnern widerstandsfähiger gegen Partnerverluste.“

Langjährige Freunde verhelfen zu evolutionärer Fitness

Kooperation unter sozialen Partnern wird bei Säugetieren zwar oft beobachtet, ihr Einfluss auf die Zahl der Nachkommen wurde bisher jedoch wenig untersucht. Das Verständnis der Faktoren, die den unterschiedlichen Fortpflanzungserfolg und damit die Fitness von Arten bestimmen, ist jedoch ein Kernstück der Evolutionsbiologie. „Wir konnten nun erstmals zeigen, dass starke Freundschaften unter Delfinmännchen einen direkten Einfluss auf deren evolutionäre Fitness ausüben“, führt Letztautor Michael Krützen aus. „Dies war bisher erst bei männlichen Schimpansen bekannt. Unsere Studie erweitert so die bisherigen Erkenntnisse zu landlebenden Säugetieren und zeigt eindrücklich, dass – unabhängig davon – auch im Meer Sozialsysteme mit äusserst komplexen, mehrstufigen Interaktionen entstanden sind.“


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Universität Zürich via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.

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