Biologische Bodenkrusten bremsen Erosion



Bio-News vom 22.02.2021

Forschungsteam untersucht, wie natürliche „Teppiche“ Böden gegen das Wegschwemmen durch Regen schützen.

Durch Erosion gehen jährlich weltweit Milliarden von Tonnen an wertvollem Boden verloren, vieles davon lagert sich in Gewässern ab, die dadurch versanden oder verschlammen. Die in Deutschland gemessenen Bodenverluste reichen von 1,4 bis 3,2 Tonnen pro Hektar und Jahr, bei Extremwetter können es bis zu fünfzig Tonnen sein. Einen Schutzschirm gegen die Erosion bieten biologische Bodenkrusten, wie ein Forschungsprojekt von Geowissenschaftlern an der Universität Tübingen zeigt. Diese natürlichen „Teppiche“ bestehen aus Bakterien, Moosen, Flechten, Pilzen und anderen Organismen, die Erdpartikel zu zusammenhängenden Schichten verbinden.

Biokrusten sind nur wenige Millimeter dick, aber sie stabilisieren die Bodenoberfläche und schützen sie gegen den Abtrag durch Regen und Wind. Bislang wurden sie vor allem in trockenen Regionen erforscht, wo sie wegen ihrer Speicherfähigkeit für den Wasserhaushalt und als Schutz gegen Winderosion sowie als Staubfang besonders wichtig sind. Unter Leitung von Dr. Steffen Seitz vom Lehrstuhl für Bodenkunde und Geomorphologie untersuchten die Tübinger Wissenschaftler im baden-württembergischen Naturpark Schönbuch bei Stuttgart die Entwicklung biologischer Bodenkrusten auf kurz zuvor befahrenen „Rückegassen“.


Moosmatten mit einer im Gewächshaus angezogenen Moosart: Damit lassen sich Bodenoberflächen stabilisieren.

Solche Schneisen, die durch Holzerntemaschinen entstehen, bilden zusammen mit Forstwegen und abgeholzten Flächen bevorzugte Habitate für Biokrusten. Zwar verursachen sie eine Störung des Waldbodens, aber sie haben den Vorteil, dass sich die forstwirtschaftlichen Eingriffe auf vorher festgelegte Strecken konzentrieren und die dazwischen liegenden Waldflächen geschützt werden.

Mit einem Regensimulator wurde im Naturpark Schönbuch gemessen, wie stark der Boden in Rückegassen abgetragen wird.

Das Tübinger Team maß ein Jahr lang zu unterschiedlichen Jahreszeiten in den Rückegassen und an anderen Geländepunkten die Bodenzusammensetzung und führte Experimente mit Regensimulatoren durch. Die Ergebnisse belegen, wie wichtig Biokrusten für den Erhalt des Bodens sind: „Die Bodenerosion in den Rückegassen ist im Durchschnitt über alle Standorte und Messzeiten dreizehn Mal höher als im ungestörten Waldboden“, sagt Professor Thomas Scholten, der das Projekt am Lehrstuhl für Bodenkunde und Geomorphologie betreut. Doch gleichzeitig habe sich gezeigt, über welche Schutzmechanismen der Waldboden verfüge. „So siedelten sich in den Rückegassen schon bald, nachdem sie nicht mehr befahren wurden, biologische Bodenkrusten an, die die Erosion reduzieren.“

Diese entwickelten sich abhängig vom Standort sehr unterschiedlich, vor allem die Moose, die eine besonders wichtige Rolle für den Erosionsschutz spielen: Ihr Anteil an den Krustengemeinschaften lag je nach Messpunkt zwischen fünf und fünfzig Prozent. Auch die Vielfalt der beteiligten Moosarten schwankte stark, bedingt vor allem durch bodenchemische Unterschiede. Je größer die Vielfalt der beteiligten Arten, desto besser war im Allgemeinen der Erosionsschutz, den die Biokrusten boten. Es zeigte sich auch, dass sie eine Grundlage für weiteres Pflanzenwachstum darstellen: In den Sommermonaten wurden viele Biokrusten auf den Rückegassen durch höhere Vegetation wie Binsen, Gräser oder Baumkeimlinge abgelöst, die ebenfalls einen guten Erosionsschutz darstellen.

In einem weiteren Experiment in Kooperation mit dem Stuttgarter Unternehmen Reinhold Hummel brachten die Wissenschaftler in einigen Rückegassen Moosmatten einer im Gewächshaus angezogenen Moosart aus. Sie kann nicht nur viel Wasser speichern, sondern erwies sich unter 24 getesteten Moosarten auch als die wuchsfreudigste und widerstandsfähigste. Da sie sich außerdem wie Rollrasen aufbringen lässt, eignet sie sich besonders für den praktischen Umweltschutz. Die meisten dieser Moosmatten im Naturpark Schönbuch sind nach nunmehr einem Jahr eingewurzelt. „Unsere bislang gewonnenen Untersuchungsergebnisse zeigen, dass Biokrusten sich gut zur Reparatur und Stabilisierung von Oberflächen eignen. Das gilt nicht nur für Waldböden, auch Bergbaulandschaften oder Böschungen sind mögliche Einsatzgebiete“, so Thomas Scholten.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Eberhard Karls Universität Tübingen via Informationsdienst Wissenschaft erstellt

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