Invasion: Bedrohung durch den Afrikanischen Krallenfrosch wesentlich größer als gedacht
Bio-News vom 21.01.2021
Ein internationales Forscherteam nutze einen neuen Ansatz zur Abschätzung des invasiven Potenzials einer Art. In einem ganz neuen Licht muss danach die Bewertung des Invasionsrisikos des Krallenfroschs gesehen werden. Die neue Berechnung weist in Europa ein Gebiet von fast zwei Millionen km2 möglichen Lebensraums für den Afrikanischen Krallenfrosch aus. Das ist etwa das Doppelte der Fläche, die man bisher angenommen hatte.
Die Gefahr, dass die Art nicht ursprüngliche Heimatgebiete massiv negativ beeinflussen wird, ist also wesentlich größer als bisher gedacht. Hinzu kommt, dass es auch schon erste Anzeichen gibt, dass sich in Frankreich eingeschleppte Tiere bereits an das dortige Klima anzupassen beginnen und stark auf dem Vormarsch sind. Das mechanistische Model wurde jetzt im Journal of Experimental Zoology Part A: Ecological and Integrative Physiology beschrieben.
Publikation:
Ginal, P., Mokhatla, M., Kruger, N., Secondi, J., Herrel, A., Measey, J., & Rödder, D.
Ecophysiological models for global invaders: Is Europe a big playground for the African clawed frog?
Journal of Experimental Zoology Part A: Ecological and Integrative Physiology
DOI: 10.1111/j.1469-7998.2012.00919.x
Der Afrikanische Krallenfrosch, Xenopus laevis, stammt ursprünglich aus dem südlichen Afrika. Die Art wurde in der Vergangenheit als Schwangerschaftstest und Modelorganismus für verschiedene Forschungsbereiche genutzt, was dafür sorgte, dass entkommene oder ausgesetzte Krallenfrösche invasive Populationen auf vier weiteren Kontinenten etablieren konnten. Mittlerweile gibt es sogar mehrere Populationen in Frankreich, Italien und Portugal. In den dortigen Ländern richtet die nicht-einheimische Art als Nahrungskonkurrent und Fressfeind großen Schaden an den dortigen Ökosystemen an. Zudem gilt der Krallenfrosch als Überträger des für Amphibien tödlichen Chytridpilzes (Batrachochytrium dendrobatidis), der neben der Habitatzerstörung einer der Hauptursachen des weltweiten Amphibiensterbens ist.
Eine Möglichkeit um das Risiko des invasiven Potenzials nicht-einheimischer Arten, die sich rasch ausbreiten können, abzuschätzen, ist das sogenannte Species Distribution Modelling, auch SDM genannt. Durch diese mathematischen Modelle kann vorhergesagt werden, welche geographischen Gebiete sich auf Grund der Umweltbedingungen für eine Art theoretisch eignen. Bisherige SDMs für den Afrikanischen Krallenfrosch haben jedoch nur einen Bruchteil der klimatischen Nische des Froschlurchs erfasst und somit nicht alle Gebiete, die klimatisch für die Art geeignet sind, vorhergesagt.
Nun hat ein internationales Forscherteam um die beiden Herpetologen Philipp Ginal und Dennis Rödder vom Zoologischen Forschungsmuseum Koenig in Bonn im Rahmen des von BiodivERsA und durch die DFG geförderten INVAXEN-Projekts einen neuen Ansatz verwendet. „Mit unserem neuen Ansatz konnten wir durch Laborversuche die kritischen Minimal- und Maximal-, sowie Optimaltemperaturen ermittelt, unter denen der Frosch überleben kann“ erläutert Ginal die neue Vorgehensweise. Unter Berücksichtigung dieser physiologischen Eigenschaften wurde dann die potenziell mögliche Verbreitung in Europa vorhergesagt.
Mit Hilfe dieser sogenannten mechanistischen SDMs lässt sich die zukünftig prinzipiell mögliche Verbreitung einer Art genauer vorhersagen als mit den vorher verwendeten Methoden. „Durch den innovativen methodischen Ansatz war es sogar möglich die physiologischen Limits verschiedener Entwicklungsstadien, wie Kaulquappen und erwachsene Frösche, in das Model einzuspeisen, was vorher ebenfalls nicht möglich war“ legt Rödder dar.
Die Ergebnisse der Studie von Ginal et al. (2020) zeigen, dass allein in Europa ein Gebiet von fast zwei Millionen km2 für den Afrikanischen Krallenfrosch geeignet ist. Die vorherigen Methodenansätze hatten dagegen lediglich maximal die Hälfte der Fläche vermuten lassen. Insbesondere Süd- und Westeuropa sind laut den Modellen der Forscher besonders gut für den Frosch geeignet. Aber auch vereinzelte Gebiete in Deutschland scheinen dem Klima des Froschs zu entsprechen.
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Dies wirft ein ganz neues Licht auf die Bewertung des Invasionsrisikos des Krallenfroschs, berücksichtigt man, dass es auch schon die ersten Anzeichen gibt, dass sich die in Frankreich eingeschleppten Tiere bereits an das dortige Klima anzupassen beginnen und stark auf dem Vormarsch sind. In zukünftigen Studien planen die Forscher die Auswirkungen der lokalen Anpassung an das europäische Klima zu untersuchen, um weitere Erkenntnisse über den Afrikanischen Krallenfrosch in Europa zu sammeln und so den höchst invasiven Froschlurch von seinem Vormarsch abzuhalten.
Diese Newsmeldung wurde mit Material des Stiftung Zoologischens Forschungsmuseum Alexander Koenig, Leibniz-Instituts für Biodiversität der Tiere via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.