Neues zum Größenwachstum von Meereskrokodilen in der Jurazeit



Bio-News vom 18.10.2023

Das Naturkundemuseum Stuttgart verfügt über eine weltweit bedeutende Sammlung von Meeresreptilen mit zahlreichen Exemplaren aus der Zeit des sogenannten Posidonienschiefers. Die Besonderheit der ca. 183-182 Millionen Jahre alten Fossilien aus Südwestdeutschland ist deren extrem gute, oft vollständige Erhaltung. Die Fossilien sind daher nicht nur schöne Ausstellungsstücke, sondern auch für die Wissenschaft von unschätzbarem Wert. Auf der Grundlage von zweiundsechzig Fossilien aus dem Posidonienschiefer hat ein Team des Naturkundemuseums Stuttgart um die Paläontologin Dr. Michela Johnson, eine Untersuchung zum Größenwachstum des Meereskrokodils Macrospondylus bollensis durchführt.

Diese Arbeit stellt eine der ersten Studien zum Wachstum von Meereskrokodilen aus der Familie Teleosauridae, auch „Löffelsaurier“ genannt, dar. Bei Ihren Analysen stellten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler fest, dass ein Großteil des Körpers dieser Krokodile isometrisch wuchs. Das bedeutet, dass bei Macrospondylus bollensis ein Großteil der Körperteile in allen Altersstadien ein gleichmäßiges Wachstum im Verhältnis zum Gesamtwachstum aufweist. Dies ist bei Wirbeltieren ungewöhnlich.


Ein Muttertier von Macrospondylus bollensis hat ein wachsames Auge auf ihr Junges.

Publikation:


Johnson MM, Amson E, Maxwell EE
Evaluating growth in Macrospondylus bollensis (Crocodylomorpha: Teleosauroidea) in the Toarcian Posidonia Shale, Germany.

Papers in Palaeontology

DOI: 10.1002/spp2.1529



Die Teleosauroiden stellen eine erfolgreiche, nahezu weltweit vorkommende Gruppe von marinen Krokodilen dar, die vom Zeitalter des frühen Juras bis zur frühen Kreide vorkamen. Dabei finden sie sich besonders häufig in der 182 Millionen Jahre alten Posidonienschiefer-Formation im Südwesten Deutschlands. Wie diese Tiere von einem fünfzig Zentimeter großen Baby zu einem fünf Meter großen Erwachsenen heranwuchsen, war bisher wenig erforscht.


Dr. Michela Johnson vor dem Fossil eines Macrospondylus bollensis in den Sammlungen des Naturkundemuseums Stuttgart.

In ihrer Studie untersuchten die Paläontologinnen und Paläontolologen die Wachstumsraten des am häufigsten vorkommenden Teleosauroiden, Macrospondylus bollensis, da im Posidonienschiefer Südwestdeutschlands mehrere Körpergrößen und biologische Wachstumsstadien der Tiere erhalten geblieben sind. Viele fossile Exemplare der Tiere befinden sich in den Sammlungen des Naturkundemuseums Stuttgart. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler führten statistische Analysen an sechzehn Jungtieren, sieben heranwachsenden und neununddreißig ausgewachsenen Exemplaren von Macrospondylus durch. Dabei wurden einundzwanzig Schädel- und Skelettmaße einbezogen.

„Das wichtigste Ergebnis unserer Studie ist, dass junge, subadulte und erwachsene Individuen ein nahezu gleiches Wachstum fast aller Körperregionen aufweisen. Wir nennen dieses Größenwachstum auch isometrisches Wachstum, das bei Wirbeltieren ungewöhnlich ist. Darum sehen aber die Jungtiere von Macrospondylus den erwachsenen Tieren recht ähnlich“, so Dr. Michela Johnson.

Bei vielen Wirbeltieren wachsen einzelne Körperteile, z.B. die Beine, schneller oder langsamer als andere Teile des Körpers. Die Analysen zeigen außerdem, dass sich die Schuppung der Gliedmaßen bei Macrospondylus von der moderner Alligatoren und Krokodile unterscheidet, aber vergleichbar mit der des heute stark bedrohten Indischen Gavials, Gavialis gangeticus ist. Warum bei Macrospondylus bollensis ein isometrisches Wachstum vorlag, ist noch ungeklärt. „Unsere Studie wirft neue Fragen zur Ökologie und Lebensweise dieser Tiere auf, die wir mit weiteren Untersuchungen klären möchten“, so Dr. Michela Johnson.


Diese Newsmeldung wurde mit Material Staatliches Museum für Naturkunde Stuttgart via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.


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