Turbo für die CRISPR-Forschung
Bio-News vom 24.02.2022
Bei vielen Erkrankungen des menschlichen Organismus stoßen die Mittel und Möglichkeiten der Medizin an ihre Grenzen. CRISPR-Technologien bieten neue Ansätze für die Diagnostik und Therapie.
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Helmholtz-Institut für RNA-basierte Infektionsforschung (HIRI) in Würzburg, einer Einrichtung des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig in Kooperation mit der Julius-Maximilians-Universität (JMU) Würzburg, zeigen jetzt eine neue Methode auf, um CRISPR-Systeme zu erforschen und ihre Nutzung voranzutreiben.
CRISPR-Technologien sind Werkzeuge, die unter anderem der Genombearbeitung dienen. In der Natur kommen sie in der bakteriellen Immunabwehr vor: als Schutz der Bakterien vor eindringenden Viren. In der Anwendung stützen sich CRISPR-Verfahren meist auf einzelne Proteine wie Cas9 oder Cas12 und eine Ribonukleinsäure-Komponente (RNA, von engl. ribonucleic acid). Drei Viertel aller bakteriellen Immunsysteme basieren jedoch auf mehreren Proteinen, die Komplexe bilden.
Publikation:
Wimmer F, Mougiakos I, Englert F, Beisel CL
Rapid cell-free characterization of multi-subunit CRISPR effectors and transposons
Molecular Cell
©Britta Grigull / HIRI
Einzigartige Funktionen bei der Virenabwehr
Diese Multiproteinkomplexe haben einzigartige Funktionen bei der Virenabwehr und könnten neue Anwendungsmöglichkeiten auch für den Menschen hervorbringen. Die große Zahl an Proteinen erschwert es jedoch, alle notwendigen Schritte durchzuführen, um die Komplexe zu erforschen und zu charakterisieren.
„Diese Herausforderung hat unser grundlegendes Verständnis von CRISPR-Systemen, die aus mehreren Proteinen bestehen, sowie deren Verwendung als Technologien bislang eingeschränkt“, sagt Franziska Wimmer, eine der beiden Forschenden der heute im Fachmagazin Molecular Cell veröffentlichten Studie und Doktorandin am HIRI. „Vor diesem Hintergrund stellen wir jetzt einen vielversprechenden neuen Ansatz vor.“ Dieser basiert auf einem zellfreien System – einer flüssigen Mischung, mit deren Hilfe sich im Labor RNA und Proteine herstellen lassen. In Kombination mit weiteren Technologien wie der Hochdurchsatzsequenzierung gelingt eine zügige Analyse der Proteinfunktionen. Die erforderlichen Arbeitsschritte können in weniger als einem Tag abgeschlossen werden.
„Standardverfahren basieren auf extrahierten Proteinen oder zellbasierten Proben und sind extrem langsam. Das erschwert die Erforschung der meisten in der Natur vorkommenden CRISPR-Systeme“, sagt Dr. Ioannis Mougiakos, der im Erstautorenduo mit Wimmer die Untersuchungen vorantrieb. „Unsere neue Methode, genannt PAM-DETECT, ist im Vergleich dazu ein regelrechter Turbo für die CRISPR-Forschung. Sie kann unsere Arbeit künftig radikal beschleunigen.“
„Wir erhoffen uns, dass PAM-DETECT von der CRISPR-Gemeinde weitgehend übernommen wird. Wir haben bereits begonnen, mit anderen Forschungsgruppen zusammenzuarbeiten, die unser Verfahren ebenfalls anwenden wollen“, sagt Chase Beisel. Der korrespondierende Autor der Studie ist Professor an der JMU und Leiter der Abteilung Synthetische RNA-Biologie am HIRI, in der auch Wimmer und Mougiakos forschen.
Über PAM-DETECT
Mit PAM-DETECT lässt sich feststellen, welche DNA-Sequenzen von einem CRISPR-System erkannt werden können. Mithilfe dieser Technik konnten die HIRI-Forscher:innen eine große Zahl an CRISPR-Systemen charakterisieren, die auf Proteinkomplexen basieren. PAM-DETECT wurde außerdem verwendet, um CRISPR-Transposons zu erforschen, welche das Einfügen großer DNA-Stücke ermöglichen. Die Ergebnisse der aktuellen Studie könnten zu neuen Technologien in der Diagnostik, der Genom-Editierung und der Genom-Regulation führen.
Diese Newsmeldung wurde mit Material des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.