Wie Künstliche Intelligenz dabei hilft, Enzymtätigkeit zu quantifizieren



Bio-News vom 19.10.2021

Ein internationales Bioinformatikerteam entwickelte ein neues Verfahren, um die die Reaktionskinetik bestimmende Michaelis-Konstante vorherzusagen. Dieses auf künstlicher Intelligenz (KI) basierende Verfahren beschreiben sie in einer Fachzeitschrift.

Enzyme sind biologische Katalysatoren, die Stoffumwandlungen begünstigen. Ohne Enzyme wäre ein Organismus nicht lebensfähig. Denn erst mithilfe dieser Biokatalysatoren können in der Zelle eine Vielzahl von chemischen Reaktionen ablaufen, mit denen die Stoffe produziert werden, aus denen die Zellen aufgebaut sind und die sie steuern. Enzyme sind heutzutage auch in der Biotechnologie und im alltäglichen Haushalt nicht mehr wegzudenken: Sie verrichten etwa in Waschmitteln ihren Dienst.

Um enzymatisch begünstigte Stoffwechselprozesse zu beschreiben, wird die sogenannte Michaelis-Menten-Gleichung benutzt. Sie beschreibt die Geschwindigkeit einer Enzymreaktion abhängig von der Konzentration, in der die beteiligten Ausgangsmoleküle – die während der Reaktion in die Endprodukte umgewandelt werden – vorliegen. Ein zentraler Faktor in dieser Gleichung ist die „Michaelis-Konstante“, die die Stärke der Bindung zwischen Enzym und Substrate charakterisiert.


Symbolbild

Publikation:


Alexander Kroll, Martin K. M. Engqvist, David Heckmann, Martin Lercher
Deep learning allows genome-scale prediction of Michaelis constants from structural features

PLOS Biology (2021)

DOI: 10.1371/journal.pbio.3001402



Diese Konstante im Labor zu messen, ist extrem aufwändig. Aus diesem Grunde sind nur von einer Minderheit der Enzyme diese Konstanten bekannt. Ein Forschendenteam vom HHU-Institut für Computational Cell Biology und der Chalmers-Universität in Stockholm hat nun einen anderen Ansatz gewählt, um die Michaelis-Konstanten aus der Struktur der beteiligten Moleküle und Enzyme mittels KI vorherzusagen.

Sie wandten ihren auf sogenannten Deep-Learning-Verfahren basierenden Ansatz auf 47 Modellorganismen – von Bakterien über Pflanzen bis hin zum Menschen – an. Als Lerndaten, die dieser Ansatz benötigt, speisten sie bekannte Daten von fast 10.000 Paaren von Enzymen und Ausgangsstoffen ein. Die Ergebnisse testeten sie anhand von Michaelis-Konstanten, die nicht für den Lernprozess benutzt worden waren.


Schematische Darstellung des Vorhersageprozesses für Michaelis-Konstanten von Enzymen mittels Deep Learning-Verfahren.

Prof. Lercher zur Qualität der Ergebnisse: „Anhand der unabhängigen Testdaten konnten wir zeigen, dass das Verfahren Michaelis-Konstanten mit einer Genauigkeit vorhersagen kann, die ähnlich zu den Unterschieden zwischen experimentellen Werten aus verschiedenen Laboren ist. Ein Schätzwert für eine neue Konstante kann nun per Computer ohne experimentellen Aufwand in wenigen Sekunden berechnet werden.“

Die plötzliche Verfügbarkeit von Michaelis-Konstanten für alle Enzyme von Modellorganismen eröffnet neue Wege für Computermodelle des Stoffwechsels, wie die Zeitschrift PLOS Biology in einem Begleitartikel betont.


Diese Newsmeldung wurde mit Material der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.


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