Zirpende Vielfalt
Bio-News vom 30.03.2021
Heute erscheint das Bestimmungsbuch „A Field Guide to Bushcrickets, Wetas and Raspy Crickets of Tanzania and Kenya”. Autorin und Senckenberg-Wissenschaftlerin Dr. Claudia Hemp behandelt in dem neuen Senckenberg-Buch 270 Heuschreckenarten aus Tansania und Kenia. Über 1100 Fotografien, 45 Bestimmungsschlüssel, über 60 Verbreitungskarten und eine DVD mit Gesängen geben einen beeindruckenden Überblick in die enorme Vielfalt dieser interessanten Insektengruppe in Ostafrika.
Heuschrecken haben traditionell einen schlechten Ruf: Nach wie vor ist das biblische Bild von Schädlingen weit verbreitet, die insbesondere in afrikanischen Ländern die Ernten vernichten.
Doch tatsächlich trifft dieses Vorurteil nur auf einige wenige Arten von Heuschrecken (Orthoptera) zu. Viele Arten der kleinen Insektengruppe hingegen sind für Biologinnen und Biologen sehr wertvoll, da sie aufgrund ihrer vielfältigen Lebensräume als wichtige Indikatoren dienen. „Zahlreiche Heuschreckenarten bewohnen enge ökologische Nischen und reagieren empfindlich auf Veränderung ihrer Lebensräume“ erklärt die Biologin Dr. Claudia Hemp vom Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt und fährt fort: „Somit dienen sie beispielsweise als sogenannte Bioindikatoren für Wälder – ihre Anwesenheit oder auch ihr Fehlen geben Aufschluss über die Qualität der Lebensräume.“ Mit ihrem Bestimmungsbuch liefert Hemp somit eine wichtige Bestandaufnahme der verschiedenen Arten samt ihren Lebensräumen in Ostafrika. Viele der in Ostafrika heimischen Heuschreckenarten gelten inzwischen als bedroht. Die schnell wachsende menschliche Bevölkerung beeinträchtigt die unberührten Lebensräume Ostafrikas durch Abholzung, Brandrodung und die Nutzung von Hängen als Weideland.
Publikation:
Claudia Hemp, with contributions from Andreas Hemp and Klaus-Gerhard Heller
A Field Guide to the Bushcrickets, Wetas and Raspy Crickets of Tanzania and Kenya
Senckenberg-Buch 86, ISBN 978-3-510-61418-9, 54,90 Euro
schweizerbart.deDas Senckenberg-Buch trägt Informationen zu Lebensräumen, Bioakustik und Verwandtschaftsbeziehungen von insgesamt 270 Laubheuschreckenarten in Ostafrika zusammen. Jede Art wird morphologisch beschrieben und anhand von Verbreitungskarten detailliert erfasst – die durchgängige Bebilderung durch Fotografien gibt die faszinierende Vielfalt ihres Aussehens wider. „Heuschrecken haben interessante Anpassungen ihrer Körperform und Färbung entwickelt“, erklärt Hemp. So ändern einige Arten ihre Form dramatisch, wenn sie von der Larve zum erwachsenen Tier heranwachsen. „Sie können nach dem Schlüpfen einer Ameise ähneln, einen giftigen Käfer nachahmen, oder sich später zu einem gut getarnten Tier entwickeln“, ergänzt die Autorin.
Ein weiteres Highlight dieser Publikation ist die beiliegende DVD. Auf dieser sind die Gesänge von 185 Orthoptera-Arten zu finden. Auch hier ist die Varietät erstaunlich: Die meisten Heuschrecken produzieren Gesänge, die von sehr laut bis leise variieren, monoton sind oder aus verschiedenen, für das menschliche Ohr erkennbaren Teilen bestehen. Einige können dagegen nur mit Hilfe eines Ultraschalldetektors gehört werden.
Hemp begeistert sich seit dem Teenager-Alter für Heuschrecken: „Ich beobachtete Heuschrecken in Oberfranken, wo ihre verschiedenen Lieder der Inbegriff des Sommers sind. Später hatte ich die dann Chance, in Afrika mit dem Studium von Orthopteren zu beginnen – dieses Buch ist also Ergebnis einer langen Leidenschaft. Sie hofft, dass ihr Werk zur Erhaltung dieser Insektengruppe beitragen kann. Denn viele der Heuschreckenarten – auch wenn sie gerade erst neu beschrieben wurden – stehen bereits am Rande des Aussterbens.
Dr. Claudia Hemp lebt und forscht seit mehr als 30 Jahren in Ostafrika. Sie beschäftigt sich mit Artbildungsprozessen von Orthopteren, deren Taxonomie, Ökologie, Biologie und Biogeographie. Seit 2001 hat sie rund 200 neue Arten, 17 Gattungen und einen Subtribus aus Ostafrika beschrieben. Seit 2020 ist sie in Tansania Projektkoordinatorin im DFG-Projekt "Kili-SES", welches die Wechselwirkungen von Mensch und Natur am Kilimandscharo analysiert.
Diese Newsmeldung wurde mit Material des Senckenberg Forschungsinstituts und Naturmuseen via Informationsdienst Wissenschaft erstellt.