Amerikanische Lanzenottern
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Amerikanische Lanzenottern | ||||||||||
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Insel-Lanzenotter (Bothrops insularis)
Insel-Lanzenotter (Bothrops insularis) | ||||||||||
Systematik | ||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||
Bothrops | ||||||||||
Wagler, 1824 |
Die Amerikanischen Lanzenottern (Bothrops) sind eine Schlangengattung aus der Unterfamilie der Grubenottern. Die Gattung kommt mit etwa 37 Arten in Süd- und Mittelamerika vor. Alle Arten sind giftig, die häufigeren Arten mit größerem Verbreitungsgebiet zählen zu den medizinisch relevantesten Giftschlangen. Todesfälle sind je nach Art selten bis häufig.
Merkmale
Körperbau
Amerikanische Lanzenottern sind mittelgroße bis sehr große, relativ schlanke Grubenottern, der breite Kopf ist deutlich vom Hals abgesetzt. Die meisten Arten haben einen scharfkantigen Canthus und eine nicht verlängerte Maulspitze. Die drei Ausnahmen sind zum einen B. lojanus und B. barnetti, bei denen die Maulspitze leicht nach oben gebogen ist und B. ammodytoides, die einen Nasenanhang hat. Die kleinsten Arten erreichen Gesamtlängen von 50-70 cm, die größten über 2 m. Weibchen werden deutlich größer und schwerer als Männchen.
Beschuppung
Die Arten zeigen fünf bis zwölf schwach gekielte Supraocularia. Die Anzahl der Supralabialia beträgt meist sieben bis neun, die Zahl der Infralabialia meist neun bis elf. Die Anzahl der Bauchschuppen (Ventralschilde) variiert zwischen 139 und 240, die Zahl der Subcaudalia zwischen 30 und 86 und die Anzahl der dorsalen Schuppenreihen in der Körpermitte zwischen 21 und 29.
Färbung
Die Grundfarbe der Oberseite ist meist braun oder grau. Die meisten Arten zeigen auf beiden Seiten des Rückens hell umrandete, dunkelbraune, trapez- oder triangelförmige Zeichnungen, deren breite und nach unten offene Basis zum Bauch zeigt. Die Zeichnungen können auf der Rückenmitte mit den Spitzen aufeinander stoßen, so dass der Rücken eine sehr auffallende X-Zeichnung zeigt, oder teilweise oder völlig gegeneinander versetzt sein. Auf dem Schwanz wird diese Zeichnung meist immer enger und besteht meist nur noch aus hellgrauen Strichen auf dunklem Grund. Einige Arten im südlichen Südamerika sind hiervon abweichend intensiver und kontrastreicher gezeichnet und zeigen auch eine kräftige Streifenzeichnung des Kopfes.
Verbreitung und Lebensraum
Amerikanischen Lanzenottern sind weitgehend auf Südamerika beschränkt, nur zwei der etwa 37 Arten erreichen auch Mittelamerika (Bothrops asper und B. punctatus). Die meisten Arten sind auf Niederungen beschränkt und kommen in Höhen bis 1500 m vor, eine Reihe von Arten ist jedoch sehr anpassungsfähig und bewohnt ein Lebensraumspektrum, das von wüstenartigen Küstenebenen bis zu Bergregenwäldern in 2500 m Höhe erreicht. Einige Arten sind auch in dicht bewohnten Gebieten häufig.
Systematik
Die Anzahl der Arten und Unterarten wird seit langer Zeit kontrovers diskutiert, Campbell und Lamar erkennen 36 Arten an und zusätzlich eine bisher nicht beschriebene Art:
- Bothrops alcatraz Marques, Martins & Sazima 2002
- Bothrops alternatus Duméril, Bibron & Duméril 1854
- Patagonien-Lanzenotter (Bothrops ammodytoides) Leybold 1873
- Bothrops andianus Amaral 1923
- Terciopelo-Lanzenotter (Bothrops asper) Garman 1884
- Bothrops atrox Linnaeus 1758
- Bothrops barnetti Parker 1938
- Bothrops brazili Hoge 1954
- Bothrops caribbaeus Garman 1887
- Bothrops cotiara Gomes 1913
- Bothrops erythromelas Amaral 1923
- Bothrops fonsecai Hoge & Belluomini 1959
- Insel-Lanzenotter (Bothrops insularis) Amaral 1922
- Bothrops itapetiningae Boulenger 1907
- Jararaca-Lanzenotter (Bothrops jararaca) Wied-Neuwied 1824
- Bothrops jararacussu Lacerda 1884
- Bothrops jonathani Harvey 1994
- Bothrops lanceolatus Bonnaterre 1790
- Bothrops leucurus Wagler 1824
- Bothrops lojanus Parker 1930
- Bothrops marajoensis Hoge 1966
- Bothrops moojeni Hoge 1966
- Bothrops muriciensis Ferrarezzi & Freire 2001
- Bothrops osbornei Freire-Lascano 1991
- Bothrops pictus Tschudi 1845
- Bothrops pirajai Amaral 1923
- Bothrops punctatus Garcia 1896
- Bothrops roedingeri Mertens 1942
- Bothrops sanctaecrucis Hoge 1966
- Bothrops venezuelensis Sandner-Montilla 1952
Die größten Probleme bezüglich der Artsystematik treten beim sogenannten Bothrops neuwiedi-Komplex auf, einer Gruppe von Bothrops-Populationen im östlichen und zentralen Südamerika. Diese Populationen wurden bis in die jüngste Vergangenheit alle der Art B. neuwiedi zugeordnet, für diese Art wurden daher bis zu 12 Unterarten anerkannt. Xavier da Silva führte ein Revision dieses Komplexes anhand von morphologischen Merkmalen durch, und spaltete den Komplex in 7 Arten auf[1][2]:
- Bothrops neuwiedi Wagler 1824
- Bothrops diporus Cope 1862
- Bothrops lutzi Miranda-Ribeiro 1915
- Bothrops marmoratus da Silva & Rodrigues 2008
- Bothrops mattogrossensis Amaral 1925
- Bothrops pauloensis Amaral 1925
- Bothrops pubescens Cope 1870
Eine molekulargenetische Untersuchung, die alle Arten bzw. Taxa der Gattung Bothrops einschließt, liegt bisher nicht vor. In der bisher umfassendsten molekulargenetischen Arbeit, die 28 Arten oder Formen der Gattung berücksichtigte, wurde das folgende Kladogramm entwickelt:[3]
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Lebensweise und Ernährung
Fast alle Arten der Gattung sind überwiegend nachtaktiv. Gelegentlich tagaktiv sind zum einen Arten, die höhere Lagen bewohnen, zum anderen Arten des dichten tropischen Flachlandregenwaldes an bewölkten Tagen oder bei Regen. Die Arten leben überwiegend auf dem Boden, eine Reihe von Arten klettert aber auch häufig in niedrige Büsche oder Bäume. Stärker baumlebend sind nur wenige Arten, vor allem B. insularis, B. jararaca, B. lanceolatus und B. punctatus.
Die meisten Arten fressen als Jungtiere wechselwarme Tiere wie Wirbellose, Reptilien und Amphibien und wechseln, sobald sie eine ausreichende Größe erreichen, zu warmblütigen Wirbeltieren wie Vögeln und Säugetieren.
Fortpflanzung
Alle Arten sind lebendgebärend, Jungtiere werden meist in der Regenzeit geboren. Die Reproduktion ist größenabhängig. Die kleineren Arten haben maximal etwa 20 Junge pro Wurf; für die größte Art, B. asper, wurden maximal 86 Jungtiere in einem Wurf nachgewiesen.
Gift
Gifte von Grubenottern sind die mit Abstand komplexesten natürlichen Toxine. Sie enthalten eine Mischung von Enzymen, niedermolekularen Polypeptiden, Metallionen und anderen, in ihrer Funktion bisher kaum verstandenen Komponenten. Entsprechend vielfältig sind die Wirkungen dieser Gifte. Das Gift der Amerikanische Lanzenottern verursacht eine ganze Reihe von Symptomen, dabei wird zwischen lokalen und den ganzen Körper betreffenden (systemischen) Symptomen unterschieden.
Lokale Wirkungen
Das Gift enthält stark proteinabbauende Enzyme (Metalloproteinasen und Phospholipase A2), die Gewebe zerstören. Typische lokale Symptome sind vor allem starke Schmerzen, Rötungen und Schwellungen, die sich sehr schnell auf die gesamte gebissene Gliedmaße und den benachbarten Rumpf ausdehnen, sowie kleine oder große Blasen, die klare oder blutig-seröse Flüssigkeit enthalten. Häufig entstehen Nekrosen, insbesondere des Muskelgewebes. Bei nicht oder zu spät eingeleiteter Behandlung müssen betroffene Gliedmaßen wegen der Nekrosen gelegentlich amputiert werden. Weitere Dauerschäden sind Funktionseinschränkungen oder -verluste durch Muskelschwund (Atrophie), dauerhafte Muskelverkürzungen und Lähmungen peripherer Nerven.
Systemische Wirkungen
Das Gift wirkt hämolytisch und durch Metalloproteinasen hämorrhagisch (Blutgefäße zerstörend). Wichtigstes Hämorrhagin im Gift der Art ist Jararhagin, eine Zink enthaltende Metalloproteinase. Das Gift verursacht durch thrombinähnliche Enzyme (TLEs) eine Veränderung der Blutgerinnungsvorstufe Fibrinogen und hierdurch eine pathologische Aktivierung der Blutgerinnung. Dies führt über weitere Schritte zum schnellen Verbrauch der Gerinnungsfaktoren und wirkt daher gerinnungshemmend. Das Syndrom wird als Disseminierte intravasale Koagulopathie (DIC) bezeichnet. Die Patienten bluten aus der Bissstelle, aus noch nicht verheilten Narben, Mückenstichen und Mundschleimhäuten und es kommt zu inneren Blutungen. Das Gift wirkt offenbar auch direkt nierentoxisch. Zusätzliche Komplikationen entstehen durch Infektionen durch die in den Schleimhäuten der Schlange enthaltene Bakterienfauna. Todesfälle sind auf akutes Nierenversagen, Hirnblutungen und Blutvergiftungen zurückzuführen.
Epidemiologie
Amerikanische Lanzenottern sind in Süd- und Mittelamerika die mit Abstand medizinisch relevantesten Schlangen. Tödliche Vergiftungen sind je nach Art selten bis häufig.
Medizinische Nutzung
Das Gift der Lanzenotter-Arten Bothrops atrox und Bothrops jararaca enthält unter anderem das Enzym Reptilase, das wegen seiner Wirkung auf die Blutgerinnung in der Medizin sowohl für diagnostische als auch für therapeutische Zwecke genutzt wird.
Quellen
Einzelnachweise
- ↑ V. Xavier da Silva: The Bothrops neuwiedi Complex. In: Jonathan A. Campbell, William W. Lamar: The Venomous Reptiles of the Western Hemisphere. Comstock; Ithaca, London; 2004: S. 410-422
- ↑ Silva, V. X. da; Rodrigues, M. T.: Taxonomic revision of the Bothrops neuwiedi complex (Serpentes, Viperidae) with description of a new species. Phyllomedusa 7 (1), 2008: S. 45-90 Beschreibung der Art in der reptile database
- ↑ W. Wüster, M. G. Salomão, J. A. Quijada-Mascareñas, R. S. Thorpe und B. B. B. S. P: Origin and evolution of the South American pitviper fauna: evidence from mitochondrial DNA sequence analysis. In: G. W. Schuett, M. Höggren, M. E. Douglas & H. W. Greene (eds): Biology of the Vipers. Eagle Mountain Publishing, Eagle Mountain, Utah, 2002: S. 111-128.
Literatur
- David A. Warrell: Snakebites in Central and South America: Epidemiology, Clinical Features, and Clinical Management. In: Jonathan A. Campbell, William W. Lamar: The Venomous Reptiles of the Western Hemisphere. Comstock; Ithaca, London. 2004. ISBN 0-8014-4141-2: S. 709-761.
- Jonathan A. Campbell, William W. Lamar: The Venomous Reptiles of the Western Hemisphere. Comstock; Ithaca, London; 2004 ISBN 0-8014-4141-2
Weblinks
- Commons: Amerikanische Lanzenottern – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien
- Bothrops In: The Reptile Database