Anemoi
- Seiten mit Skriptfehlern
- Griechische Gottheit
- Wind
- Gruppe von Gottheiten
- Geschichte der Meteorologie
Die Anemoi (griechisch Ἄνεμοι „Winde“ Sing. Ἄνεμος) waren in der griechischen Mythologie die Götter des Windes bzw. Personifikationen bestimmter Winde.
Mythos
Sie galten als Kinder des Titanen Astraios, dem Gott der Abenddämmerung, und der Eos (in der römischen Mythologie Aurora), der Göttin der Morgenröte.[1]
Darstellung
Dargestellt werden die Anemoi als geflügelte Menschen unterschiedlichen Alters, beispielsweise in den Reliefs des Turms der Winde in Athen oder in den römischen Mosaiken im Haus des Trinkwettstreites in Seleukia Pieria.
In der Mythologie erscheinen sie aber nicht nur als Menschen, sondern auch als göttliche Pferde, die als Quadriga den Wagen des Zeus ziehen[2] oder ihm in der Schlacht gegen Typhon zur Seite stehen.[3]
Und sie erschienen nicht nur als Pferde, sondern zeugten auch solche. Nach Aelian glaubten die Pferdezüchter, dass Stuten von den Winden trächtig würden.[4] Vergil berichtet, sie würden vor allem im Frühling sich auf hohen Klippen den Winden, dem Boreas insbesondere, entgegenstellen, um plötzlich in rasendem, wie wahnsinnigen Lauf davonzustürmen, und dass sie so trächtig würden vom Wind.[5]
Kult
Die Anemoi wurden zwar nur relativ selten kultisch verehrt, dennoch spielten sie eine wichtige Rolle in der griechischen Geschichte, waren es doch die Winde, die bei der Invasion der Perser deren Flotte teils vernichteten, teils zerstreuten. Herodot berichtet, dass zunächst die Bewohner von Delphi ein Orakel empfangen hatten, das sie anwies, im Bezirk der Thyia den Anemoi einen Altar zu errichten. Auch die Athener opferten und beteten insbesondere zu Boreas, mit dem sie sich wegen dessen Verbindung mit der attischen Nymphe Oreithyia besonders verbunden wähnten.[6]
Pausanias berichtet von Altären der Anemoi in Titane und Koroneia[7]
Griechisches Windsystem
Die Namen der Anemoi bezeichneten aber auch ganz schlicht bestimmte Windrichtungen. Bei Hesiod werden von den Anemoi zunächst nur drei genannt:[8]
- Zephyros, der Westwind, er brachte den Frühling mit den frühen Sommer-Brisen
- Boreas, der Nordwind, er brachte den Winter mit der kalten Luft
- Notos: Der Südwind, er brachte den Sommer mit den Gewittern und Stürmen
Das entsprach den nur drei Jahreszeiten bei den Griechen zur Zeit Hesiods. Diesen drei Windgöttern war auch jeweils eine der Orphischen Hymnen gewidmet.[9] Der vierte Wind, der Euros, der aus dem (Süd-)Osten bläst und dem Herbst entspricht, erscheint bei Homer in der Odyssee.[10]
In den Reliefs des Turms der Winde aus dem 1. Jahrhundert v. Chr. erscheinen neben diesen vier Winden der Haupthimmelsrichtungen vier weitere Winde der Nebenhimmelsrichtungen:
Name | Windrichtung | Darstellung |
---|---|---|
Boreas | Norden | Mann mit Mantel und Muschel, in die er bläst |
Kaikias | Nordosten | Mann, schüttet runde Objekte (Hagelkörner?) aus einem rundem Schild |
Apheliotes | Osten | Jugendlicher, der ein mit Früchten und Getreide gefülltes Manteltuch trägt |
Euros | Südosten | alter Mann, in einen Mantel gehüllt |
Notos | Süden | Mann, der eine Kanne entleert |
Lips | Südwesten | Knabe mit Schiffssteven |
Zephyros | Westen | Knabe, der ein mit Blumen gefülltes Manteltuch trägt |
Skiron | Nordwesten | bärtiger Mann, der einen mit Holzkohle und heißer Asche gefüllten bronzenen Behälter trägt |
Römisches Windsystem
Die römischen Entsprechungen der Anemoi waren die Venti. Vitruv gibt in seinem Werk de architectura[11] eine ausführliche Liste von Winden unter Verwendung einer 24-teiligen Windrose, d.h. zu jedem der 8 Hauptwinde gibt es noch zwei um je 15° gedrehte Winde:
Name | Richtung | Grad | Anmerkung |
---|---|---|---|
Septentrio | Nord | 0° | von septem „sieben“ und trio „Dreschochse“, bei den Römern der Name des Großen Wagens |
Gallicus | Nord-Drittel-Nordost | 15° | aus Richtung der Provinz Gallia cisalpina (von Rom aus gesehen) |
Supernas | Nordost-Drittel-Nord | 30° | aus Richtung von Oberitalien |
Aquilo | Nordost | 45° | römische Entsprechung von Boreas |
Boreas | Nordost-Drittel-Ost | 60° | |
Carbas | Ost-Drittel-Nordost | 75° | Herkunft ist unklar, vermutlich griechisch[12] |
Solanus | Ost | 90° | |
Ornithias | Ost-Drittel-Südost | 105° | Frühlingswind, mit dem die Zugvögel kommen |
Eurocircias | Südost-Drittel-Ost | 120° | |
Eurus | Südost | 135° | |
Vulturnus | Südost-Drittel-Süd | 150° | aus Richtung des Monte Vulture[13] |
Euronotus | Süd-Drittel-Südost | 165° | |
Auster | Süd | 180° | |
Altanus | Süd-Drittel-Südwest | 195° | Wind, der von der hohen See (altus) her kommt |
Libonotus | Südwest-Drittel-Süd | 210° | |
Africus | Südwest | 225° | |
Subvesperus | Südwest-Drittel-West | 240° | |
Argestes | West-Drittel-Südwest | 255° | griechisch ἀργέστης |
Favonius | West | 270° | von voveo „wärmen“ |
Otis | West-Drittel-Nordwest | 285° | |
Circius | Nordwest-Drittel-Südwest | 300° | |
Caurus | Nordwest | 315° | auch Corus |
Corus | Nordwest-Drittel-Nord | 330° | |
Thrascias | Nord-Drittel-Nordwest | 345° |
Siehe auch
- Weltgegenden
- Liste der Winde und Windsysteme
Literatur
- Georg Kaibel: Antike Windrosen. In: Hermes, Bd. 20, Nr. 4 (1885), S. 579-624
- Kora Neuser: Anemoi: Studien zur Darstellung der Winde und Windgottheiten in der Antike. Archeologica 19. Bretschneider, Rom 1982.
- Karl Tümpel: Anemoi. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band I,2, Stuttgart 1894, Sp. 2176–2180.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Bibliotheke des Apollodor 1.9
- ↑ Quintus von Smyrna Posthomerica 12.189 ff
- ↑ Nonnos von Panopolis Dionysiaka 2.392ff, 2.524ff
- ↑ Claudius Aelianus De natura animalium 4.6
- ↑ Vergil Georgica 3.267ff
- ↑ Herodot Historien 7.178
- ↑ Pausanias Beschreibung Griechenlands 2.12.1, 9.34.3
- ↑ Hesiod Theogonie 371-373.
- ↑ Orphischer Hymnos 80 (Boreas), 81 (Zephyros) und 82 (Notos)
- ↑ Homer Odyssee 5.291; Quintus von Smyrna Posthomerica 12.189, Gaius Valerius Flaccus Argonautica 1.574, Nonnos von Panopolis Dionysiaka 6.18
- ↑ Vitruv de architectura 1.6.2 ff
- ↑ Hildebrecht Hommel: Sebasmata. Bd. 2. Wissenschaftliche Untersuchungen zum Neuen Testament Bd. 32. Mohr, Tübingen 1984, ISBN 3-16-144723-9, S. 372f
- ↑ Titus Livius Ab urbe condita 22.43.10, 22.46.9