Bergente



Bergente

Bergente ♂ (Aythya marila)

Systematik
Ordnung: Gänsevögel (Anseriformes)
Familie: Entenvögel (Anatidae)
Unterfamilie: Anatinae
Tribus: Tauchenten (Aythyini)
Gattung: Tauchenten (Aythya)
Art: Bergente
Wissenschaftlicher Name
Aythya marila
(Linnaeus, 1761)
Weibchen mit der charakteristischen weißen Binde an der Schnabelwurzel
Vorjähriges Männchen, das ins Prachtkleid mausert

Die Bergente (Aythya marila) ist eine Ente aus der Gattungsgruppe der Tauchenten, die in den beiden Unterarten A. m. marila und A. m. mariloides vorkommt. Sie ist nahezu zirkumpolar in der Nadelwaldzone und teilweise auch in der subarktischen Strauchtundra vertreten und damit das nördliche Pendant zur altweltlichen Reiherente und der neuweltlichen Veilchenente.

In Mitteleuropa ist die Bergente nur ein sporadischer beziehungsweise lokaler Brutvogel und Sommergast. Sie ist sehr viel häufiger als Durchzieher und Wintergast im Norden Mitteleuropas zu beobachten. Im Binnenland kommt sie auch in dieser Zeit nur lokal oder vereinzelt vor.

Merkmale

Merkmale ausgewachsener Bergenten

Bergenten sind mittelgroße Tauchenten. Sie erreichen ausgewachsen eine Körperlänge von 40 bis 51 Zentimeter. Sie wiegen im Schnitt knapp 1,2 Kilogramm.[1]

Bergentenerpel ähneln Reiherentenerpeln, haben jedoch keinen Federschopf und einen grauen Rücken. Das Kopfgefieder glänzt leicht grün. Bei einigen Individuen kann dieser Schimmer sogar violett wirken.[2] Die Aufteilung der Körperfärbung - schwarzer Hals und schwarze Brust, weiße Seiten und dunkler Schwanz - gleicht der der Reiherente. Auffälligster Unterschied zur Reiherente ist der im vorderen Bereich hell silbergraufarbige Rücken. Zum Schwanz hin wird er zunehmend dunkelgrau. Der Schnabel ist von einem hellen Bleigrau. Im Ruhekleid ähnelt das Männchen dem Weibchen weitgehend.

Das Weibchen ist braun und hat einen sehr breiten weißen Ring um den Schnabel. Es ähnelt in seinem gesamten Körperkleid dem Weibchen der Reiherente. Das verlässlichste Unterscheidungsmerkmal zur Reiherente ist eine weiße Binde, die die Schnabelwurzel umgibt. Sie ist bei einzelnen Individuen jedoch auch nur als ein schmaler weißer Saum ausgebildet und tritt in ähnlicher schmaler Form auch bei einigen Reiherentenweibchen auf. Im Flug ist ein breiter weißer Flügelstreif zu erkennen. Bergenten sind nur sehr selten an Land zu beobachten.

Der Mauserverlauf ist ähnlich wie bei der Reiherente. Die ausgewachsenen Weibchen wechseln ihr Körpergefieder etwa im März. Die Mauser der Schwingenfedern erfolgt in der Mitte des Sommers beziehungsweise im Spätsommer. Die Schwanzfedern werden im Zeitraum April bis September durchgemausert. Ein teilweiser Wechsel des Körpergefieders erfolgt im August bis November. Beim Männchen verläuft die Mauser später. Der Wechsel ins Ruhekleid beginnt gegen Ende Mai und endet gewöhnlich Anfang Juli. Die Schwingenfedern werden fast gleichzeitig abgeworfen, so dass sie in der Zeit Juni bis September für etwa drei bis vier Wochen flugunfähig sind.[1]

Die Stimme der Bergenten ist fast nur zur Balzzeit zu hören. Das Männchen ruft in dieser Zeit ein sehr leises und nasales weiar oder schneller wik-wik-wiu. Zu den Lauten während der Balzzeit gehört auch ein leises, gurrendes kuku.[3]

Merkmale der Küken und Jungvögel

Ähnlich wie bei der Reiherente sind auch die Küken der Bergente überwiegend schwarzbraun. Bei einigen Küken finden sich gelbbraune Flecken an den Flügeln und den Körperseiten. Die Brust und der Bauch sind cremefarben bis gelblich. Die Oberbrust ist rotbraun. Die Kehle ist gleichfalls gelblich. Im Gesicht haben sie einen diffusen, dunklen Augenzügel.

Bei frisch geschlüpften Küken ist die Iris graublau. Der Oberschnabel ist schwarzbraun mit einem braunen Nagel. Der Unterschnabel ist fleischfarben. Die Beine, Füße und Schwimmhäute sind dunkelgrau. Bei heranwachsenden Bergenten verändert die Iris ihre Farbe zu einem Gelb. Diese Umfärbung ist abgeschlossen, kurz bevor die Jungenten flügge werden. Der Schnabel ist zu diesem Zeitpunkt graublau.[4] Jungvögel haben ein Federkleid, das den Weibchen weitgehend gleicht. Bei ihnen ist der weiße Ring an der Schnabelbasis jedoch immer nur gering ausgebildet, außerdem sind bei ihnen die Wangen, der Vorderhals und die Halsseiten blasser. Das vollständige Federkleid ausgewachsener Bergenten zeigen die Jungvögel erst im zweiten Lebensjahr.[1]

Verwechslungsmöglichkeiten mit anderen Entenvögeln

Die Bergente weist eine hohe Ähnlichkeit mit der Reiherente und der nordamerikanischen Veilchenente auf. Die Reiherente ist kleiner, im Körperbau weniger massig und hat einen mehr gerundeten Rücken. Bei einer schwimmenden Bergente ist der Rücken dagegen überwiegend flach. Reiherenten liegen außerdem im Wasser höher auf. Wesentliches Unterscheidungsmerkmal ist der schwarze Rücken der Reiherente, was bei Feldbeobachtungen jedoch nicht immer sicher zu erkennen ist.

Besonders groß ist die Verwechslungsmöglichkeit zwischen Bergente und Veilchenente, da diese Arten ein nahezu identisches Körpergefieder haben. Das Brutgebiet dieser beiden Arten überlappt sich in Alaska und Nordkanada. Sie nutzen außerdem ähnliche Überwinterungsgebiete an der Küste Nordamerikas. Zu den Unterscheidungsmerkmalen gehört, dass die feine dunkle Strichelung bei der Veilchenente etwas intensiver ist, so dass ihr Rückengefieder insgesamt etwas dunkler wirkt. Ihre Flanken sind außerdem grauer. Das große Problem, diese beiden Arten sicher zu unterscheiden, erschwert insbesondere die Angabe von Bestandszahlen für diese Art.[5]

Verbreitung

Bergenten sind im Norden zirkumpolar verbreitet. Die Brutgebiete der Unterart A. m. marila erstrecken sich von Skandinavien bis zur Lena in Sibirien. Der Rest Sibiriens und ganz Nordamerika werden von der etwas kleineren Unterart A. m. mariloides besiedelt. Das geschlossene Brutareal erstreckt sich von Island über die Hebriden und den äußersten Norden Schottlands bis nach Skandinavien, Norwegen, Finnland und Lappland. Von Murmansk und der Weißmeerküste erstreckt sich das Brutgebiet bis nach Nordsibirien. Bergenten brüten auch auf der Halbinsel Sachalin.[6]

In seltenen Fällen findet man Bruten auch in Mitteleuropa, etwa in Schleswig-Holstein, in den USA mindestens bis nach Ortenville, Minnesota. Dort sind am 12. April 1948 vier Tiere beobachtet worden, wie sie sieben Leopardenfrösche vertilgten [7].

Zur Überwinterung verlassen die Bergenten ihre Brutreviere. Einige wenige Bergenten überwintern im Südwesten von Island und in Südalaska. Die übrige Population verbringt den Winter jedoch an den milderen Küsten im Osten und Westen. So zählen zu den europäischen Hauptüberwinterungsquartieren der Südwesten der Ostsee, die Nordseeküste, die Küstengewässer von Südnorwegen, Großbritannien und Irland sowie der Nordwesten Frankreichs.[8] Brutvögel aus Sibirien überwindern zum Teil an der nördlichen und westlichen Küste des Schwarmeergebietes und in der Kaspisenke. Die Bergenten halten sich dann bevorzugt in seichten Meerengen oder Buchten auf. Hauptkriterium für die Auswahl des Winterquartiers ist ein ausreichendes Futterangebot. So überwintern im Firth of Forth sehr viele Bergenten, da es hier zahlreiche Miesmuscheln gibt. Die nordamerikanischen Populationen überwintern an der Küste des Pazifiks und des Atlantiks sowie am Mississippi und Missouri. In Asien finden sich Überwinterungsquartiere an den Küsten von Korea und China sowie Taiwan.[9] Etwa 170.000 Bergenten finden sich im Winter an den Küsten von Japan ein.[5]

Durchziehende Bergenten sind in Mitteleuropa ab September zu beobachten. Der Rückzug aus den Winterquartieren beginnt in milden Wintern bereits ab Februar, ansonsnten Mitte März. Im Ostseebereich ist der Höhepunkt des Rückzuges im April. An ihren nördlichsten Brutplätzen treffen Reiherenten erst ab Mitte Mai ein.[8]

Lebensraum und Lebensweise

Während des Sommers leben Bergenten an Seen und Teichen in der Tundra und Waldtundra. Zu ihrem Verbreitungsgebiet gehören auch subalpine Gewässer und Hochmoore. Die Wintermonate verbringen die Tiere entlang der Meeresküsten der gemäßigten Breiten. Sie zieht dabei geschützte ruhige Abschnitte der Küste vor und hält sich häufig auch in Flussmündungen auf. Dort, wo sie im Binnenland überwintert, zieht sie stehende Gewässer Fließgewässern vor.

Bergenten brüten am Wasser auf dem Boden. Die Brut beginnt im Mai, endet im Juli und beträgt je nach Unterart 24 bis 25 oder 28 Tage. Die Jungen werden nach etwa 50 Tagen flügge.

Nahrung

Bergenten ernähren sich vor allem von tierischer Nahrung, insbesondere von Muscheln, Schnecken und Fröschen,[7] in geringerem Maße aber auch von Samen, Sprossen und Blättern von Wasserpflanzen. Pflanzliche Nahrung wird insbesondere im Frühjahr und Sommer verzehrt. Samen spielen dabei eine größere Rolle in ihrer Ernährung als Blätter und Sprossen.[10] Dunenjunge fressen vor allem tierische Kost. Sie fangen Insekten mit dem Schnabel oder nehmen sie von der Wasseroberfläche auf.

Fortpflanzung

Bergenten beginnen mit ihrer Balz bereits im Winterquartier. Der Höhepunkt der Balz wird jedoch erst erreicht, wenn die Tiere wieder ins Brutgebiet zurückgekehrt sind. Dort findet auch für den größten Teil der Population die Paarbildung statt. Die Rückkehr ins Brutgebiet erfolgt ab Mitte April. Die Mehrzahl der Population trifft jedoch erst Anfang Mai dort ein.[11]

Reiherenten brüten bevorzugt an Gewässern in offenen Sumpf- oder Tundralandschaften. Die Nester werden im Uferbereich gebaut und stehen meist in den Seggen- und Binsenbeständen. Bergenten bevorzugen eine Brut auf Inseln und brüten dann auch kolonienartig dicht.[11] In einigen Regionen ihres Brutgebietes finden sich ihre Nester in Möwen- und Seeschwalbenkolonien.[12] Bergenten ziehen jährlich nur ein Gelege groß.

Ein einzelnes Gelege besteht in der Regel aus sechs bis neun Eiern. Sie sind von hellbrauner bis olivgrauer Farbe und langoval mit einer Größe von 63,2 x 43,5 Millimeter.[12] Die Weibchen beginnen mit der Eiablage im südlichen Brutgebiet ab Ende Mai. Höher im Norden ist der Brutbeginn ab Anfang Juni. Es brütet allein das Weibchen. Die Erpel verbleiben bis in die zweite Bruthälfte in der Nähe des Nestes und des Weibchens und verbringen auch die Zeit, in der sie das Nest verlässt, um Nahrung aufzunehmen, mit dem Weibchen. Die Dunenjungen schlüpfen nach einer Zeitdauer von 26 bis 28 Tagen. Sie sind nach fünf bis sechs Wochen flügge.

Zeichnung einer Bergente

Bestand

In Nordwesteuropa überwintern insgesamt etwa 310.000 Bergenten. Die Überwinterungspopulation am Schwarzen Meer, am Kaspischen Meer und im Mittelmeer wird auf etwa 200.000 Bergenten geschätzt. Die Nordamerikanische Population, die wegen der Verwechslungsmöglichkeit mit der Veilchenente nur sehr schwer exakt zu bestimmen ist, wird mit etwa 750.000 Bergenten angenommen. Hinzu kommen etwa 200.000 und 400.000 Bergenten, die ihr Brutgebiet im Norden Ostasiens haben.[5]

Langfristige Bestandsveränderungen sind bei den europäischen Brutpopulationen kaum zu erkennen. Zu größeren Verlusten kommt es durch Ertrinken in Fischernetzen, einem Problem, dass vor allem im IJsselmeer auftritt. Ölverschmutzungen stellen für diese Art eine weitere Gefahr dar. Die Konzentration dieser Art auf einige wenige große Rast- und Winterplätze ist ebenfalls kritisch zu sehen, da es sich bei diesen Standorten um oft gesetzlich nicht geschützte Standorte handelt und diese Entenart bejagt wird.[13]

Belege

Literatur

  • Hans-Günther Bauer, Einhard Bezzel und Wolfgang Fiedler (Hrsg): Das Kompendium der Vögel Mitteleuropas: Alles über Biologie, Gefährdung und Schutz. Band 1: Nonpasseriformes – Nichtsperlingsvögel, Aula-Verlag Wiebelsheim, Wiesbaden 2005, ISBN 3-89104-647-2
  • John Gooders und Trevor Boyer: Ducks of Britain and the Northern Hemisphere, Dragon's World Ltd, Surrey 1986, ISBN 1-85028-022-3
  • Janet Kear (Hrsg): Ducks, Geese and Swans. Oxford University Press, 2005, ISBN 0198546459
  • Erich Rutschke: Die Wildenten Europas – Biologie, Ökologie, Verhalten, Aula Verlag, Wiesbaden 1988, ISBN 3-89104-449-6

Weblinks

Commons: Bergente – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 Kear, S. 676
  2. Kear, S. 675
  3. Hans-Heiner Bergmann; Hans-Wolfgang Helb; Sabine Baumann; Die Stimmen der Vögel Europas – 474 Vogelporträt mit 914 Rufen und Gesängen auf 2.200 Sonogrammen, Aula-Verlag, Wiesbaden 2008, ISBN 978-3-89104-710-1, S. 65
  4. Collin Harrison und Peter Castell: Field Guide Bird Nests, Eggs and Nestlings, HarperCollins Publisher, überarbeitete Auflage von 2002, ISBN 0007130392, S. 76
  5. 5,0 5,1 5,2 Kear, S. 677
  6. Rutschke, S. 274
  7. 7,0 7,1 natur+kosmos (2008-03)
  8. 8,0 8,1 Bauer et al., S. 118
  9. Gooders und Boyer, S. 102 - 104
  10. Rutschke, S. 275
  11. 11,0 11,1 Rutschke, S. 276
  12. 12,0 12,1 Collin Harrison und Peter Castell: Field Guide Bird Nests, Eggs and Nestlings, HarperCollins Publisher, überarbeitete Auflage von 2002, ISBN 0007130392, S. 75
  13. Bauer et al., S. 118 und S. 119