Chenin Blanc


Chenin Blanc im Buch von Viala & Vermorel
Chenin Blanc

Chenin Blanc, auch Chenin blanc, ist eine weit verbreitete, alte weiße Rebsorte, die in Frankreich (in Anjou – Touraine) schon seit dem 9. Jahrhundert angebaut wird. Sie gehört zu den Edelreben. Sie heißt auch Pineau de la Loire oder Pineau d´Anjou; in Südafrika wird sie Steen genannt und in Südamerika Pinot Blanco. Als Steen (oft auch Stein) ist sie in Südafrika die häufigste weiße Rebsorte und wird dort z. B. auch für gespritete Weine und als Ausgangswein für Spirituosen verwendet.

Die Sorte ist sehr ertragreich, und wenn der Ertrag begrenzt wird, ist die Qualität des aus ihr erzeugten Weißweines exzellent.

Chenin Blanc ist für die Edelfäule (Botrytis cinerea) anfällig, weshalb sie oft für gute Süßweine verwendet wird. Die Vielseitigkeit der Rebsorte wird deutlich, wenn man in Betracht zieht, dass aus ihr wegen ihres hohen Säuregehalts einerseits Schaumweine hergestellt werden, sie aber gleichzeitig in anderen Regionen auch als Tafeltraube verkauft wird.

Herkunft

Ausgabe Lyon: Denis de Harsy, 1537.

Pierre Galet berichtet, die Rebsorte sei seit dem Jahr 845 in der Gegend um Anjou bekannt. Im frühen 15. Jahrhundert kam sie als Plant d'Anjou (franz.: Pflanze von Anjou) in die Touraine.

In Gargantua und Pantagruel, einem Romanzyklus dessen 5 Bände 1532, 1534, 1545, 1552 und 1564 erschienen erwähnte der Autor François Rabelais die Rebsorte und lobte die heilende Wirkung,

„Als dieß vollbracht war, liessen sichs die Hirten und Hirtinnen bey den Wecken und edeln Trauben trefflich wohl seyn, schwenkten sich nach der muntern Bockspfeif miteinander im Kreis herum, und spotteten der großmauligen Herren Wecken-Ritter, daß sie so übel angeloffen, weil sie sich nicht mit der guten Hand frühmorgens das Kreuz gesegnet hätten: und wuschen dem Forgier mit groben Rüßlingen (*) so säuberlich die wunden Bein, daß er bald heil ward.“

Rabelais: Gargantua und Pantagruel in einer Übersetzung von Gottlob Regis

[1]

Zusammen mit der Rebsorte Gouais Blanc entstanden durch natürliche Kreuzungen die Rebsorten Balzac Blanc, Meslier-Saint-François und Colombard [2]. DNA Analysen in Österreich und Frankreich ergaben ebenfalls eine Elternbeziehung zum Sauvignon Blanc. Eine im Jahr 2010 veröffentlichte Studie legt die Abstammung des Chenin Blanc von Sauvignon Blanc x Roter Traminer nah [3].

Verbreitung

Frankreich

Siehe auch den Hauptartikel Weinbau in Frankreich.

Rebfläche (Stand 2007): 9.756 Hektar. (Quelle ONIVINS [4][5]) Die wuchskräftige Rebe treibt früh aus und reift spät – beides Eigenschaften, die sie für das kühlere Loire Tal prädestiniert. Dort entstehen hervorragende Qualitäten aus Appellationen wie Anjou, Bonnezeaux, Chaume, Coteaux de l'Aubance, Coteaux du Layon, Jasnières, Montlouis, Quarts de Chaume, Saumur, Savennières, Vouvray sowie Crémant de Loire.

Insbesondere die Weine der Herkunftsbezeichnungen Bonnezeaux, Chaume, Coteaux du Layon und Quarts de Chaume werden süß ausgebaut, während die nur unweit davon gelegenen Weinberge von Savennières überwiegend trocken ausgebaute Weißweine erbringen. Im Weinbaugebiet Savennières gibt es zwei Einzellagen mit großem Ruf und eigener AOC:

  • Savennières Roche-aux-Moines, 19 Hektar groß, im Besitz mehrerer Winzer, daher in der Qualität nicht sehr homogen. Großer Wein, wenn er von einem guten Erzeuger stammt.
  • Savennières Coulée-de-Serrant, 6,85 Hektar groß, im alleinigen Besitz der Familie Nicolas Joly vom Weingut Château de La Roche-aux-Moines. Der Wein dieser nach Südwesten ausgerichteten Lage am Ufer des kleinen Baches Serrant gehört zu den teuersten Weißweinen Frankreichs und ist weltweit gesucht.

Die Weine von Anjou, Coteaux de l'Aubance, Jasnières, Montlouis, Saumur und Vouvray sowie der Schaumwein Crémant de Loire decken die gesamte Bandbreite der Geschmacksrichtungen trocken, halbtrocken sowie süß ab. Die ausgeprägte Säure der Weine prädestiniert sie zur Erzeugung der Schaumweine Crémant de Loire und Vouvray. Außerhalb der Loire ist der Chenin in den Schaumweinen Blanquette de Limoux (Anteil deutlich unter 10%) und Crémant de Limoux (Anteil 20 – 40%) enthalten.

Die meisten Weine der Loire bauen den Chenin zu 100 %Prozent sortenrein aus. In den Herkunftsbezeichnungen Anjou, Saumur und Touraine ist allerdings eine Zugabe von max. 20 Prozent der Rebsorten Chardonnay und/oder Sauvignon Blanc erlaubt.

Selbst für den einfachen Anjou Blanc ist ein Ertrag von höchstens 45 hl/ha vorgeschrieben. In anderen Gebieten wie z.B. im Central Valley (Kalifornien) werden drei- bis vierfache Erträge eingefahren. So verwundert es kaum, dass der Chenin-Charakter außer an der Loire recht neutral erscheint.

Südafrika

Die Chenin Blanc Weine Südafrikas verfügen über Aromen, die an exotische Früchte erinnern.

Siehe auch den Hauptartikel Weinbau in Südafrika.

Rebfläche (Stand 2007): 19.161 Hektar.[6]

In Südafrika wird etwa zweimal soviel Chenin angebaut wie in Frankreich (Stand 2007). Die am Kap meist Steen genannte Sorte hält dort 18,8% der Rebfläche besetzt. Erst 1965 wurde die Verbindung zwischen Chenin und der am Kap angebauten Sorte erkannt. Mit einiger Wahrscheinlichkeit ist die Rebe 1655 von Jan van Riebeeck mittels einer Rebkollektion in das Land gekommen. Im Jahr 1685 kamen 150 französische Hugenotten ans Kap. Sie gelten als erste Winzer der Kapkolonie und dürften die Rebsorte vor Ort vorgefunden haben. Sie war jedoch während einiger Jahrhunderte lediglich unter dem Namen Steen bekannt. Erst im Jahr 1965 konnte der Nachweis erbracht werden, das Steen und Chenin Blanc identisch sind. Das internationale Interesse am Steen wurde seit den 1960er Jahren geweckt, als die südafrikanischen Winzer mit attraktiven Weißweinen aufwarteten. Vorangegangen waren erhebliche Investitionen in neue Kellertechnik wie z.B. temperaturgeführte Gärbehälter. Es entstanden frische, säurebetonte Weine, die einen Massenmarkt bedienten. Erst seit Ende der 1990er Jahre bemühen sich einige Winzer um die Erzeugung erstklassiger Weine.

Der überwiegende Anteil der Rebflächen stehen in den Regionen Paarl und Worcester, aber auch Malmesbury in Swartland verfügt über beträchtliche Anpflanzungen.

Kalifornien

Siehe auch den Hauptartikel Weinbau in den Vereinigten Staaten.

Auch in Kalifornien ( → Weinbau in Kalifornien) hat der Chenin eine größere Anbaufläche inne (9.489 acre, Stand 2007[7]) und er wird hier ähnlich wie in Südafrika weitgehend als anonyme Grundlage in Alltagsverschnitten für angenehm frische Weißweine genutzt. In Kalifornien dient die Sorte wahrscheinlich auch dazu, billigere "Chardonnays" zu strecken und mit Säure zu versorgen. Nur in nördlich gelegenen Regionen kann die Traube einen charakteristischen, an Melonen und Moschus erinnernden Geschmack annehmen.

Australien und Neuseeland

Siehe auch die Hauptartikel Weinbau in Australien und Weinbau in Neuseeland.

In Australien liegt die bestockte Rebfläche bei 684 Hektar. (Stand 2007) [8] Der Chenin Blanc geht überwiegend in Verschnittweine mit den Verschnittpartnern Chardonnay, Sauvignon Blanc oder Sémillon. Rebflächen finden sich in Tasmanien, New South Wales, Victoria, South Australia sowie in den Zonen Swan Valley und Margaret River in Western Australia. Der Weinautor James Halliday beschreibt die Chenins Australiens als fruchtigen Wein ohne jeglichen Sortencharakter. Lediglich die Weine aus Western Australia zeigen gute Ansätze bei der Herausarbeitung einer Sortentypizität.

In Neuseeland war der Bestand im Jahr 2004 auf unter 100 Hektar gefallen. Ursprünglich diente die Traube als verschnittpartner des Müller-Thurgau. Einige Weine der nördlichen Insel konnten jedoch das Qualitätspotenzial aufzeigen. Solange der kommerzielle Erfolg der Sorten Sauvignon Blanc und Chardonnay in Neuseeland anhält, sind kaum Qualitätsinitiativen zur Verbesserung der Chenin Weine zu erwarten.

Südamerika

Sowohl Argentinien (3.030 Hektar, Stand 2005) als auch Chile verfügt über größere Bestände. In der Regel werden die Bestände stark bewässert; der starke Sortencharakter des Chenin wird dadurch verwischt. Dadurch entstehen einfach gehaltene, frische Weine in zuverlässig hoher Menge.

Ampelographische Sortenmerkmale

In der Ampelographie wird der Habitus folgendermaßen beschrieben:

  • Die Triebspitze ist offen. Sie ist weißlich hellgrün behaart, mit karminrotem Anflug. Die gelbgrünen Jungblätter sind leicht wollig behaart und bronzefarben gefleckt (Anthocyanflecken).
  • Die mittelgroßen kräftiggrünen Blätter (siehe auch den Artikel Blattform) sind rundlich, fünflappig und mäßig tief gebuchtet. Die Stielbucht ist lyrenförmig offen. In der Nähe der Stielbucht sind die Blattnnerven rötlich gefärbt. Dies gilt jedoch nicht für alle Klone. Das Blatt ist stumpf gezähnt. Die Zähne sind im Vergleich der Rebsorten eng gesetzt. Die Blattoberfläche (auch Spreite genannt) ist blasig derb.
  • Die kegelförmige Traube ist meist geschultert, verfügt über eine oder zwei Nebentrauben, ist mittelgroß und dichtbeerig. Die rundlichen bis ovalen Beeren sind mittelgroß und von goldgelber Farbe. Die Schale der Beere ist dünnhäutig aber sehr knackig.

Der Chenin treibt früh aus und ist dementsprechend empfindlich gegen späte Frühjahrsfröste. Ihn zeichnet jedoch bei guter Holzreife eine ausreichend gute Winterfrosthärte aus.

Es handelt sich um eine weinbaulich eher schwierige Rebsorte, sie hat aber eine große Anbaubreite im Vergleich zu anderen Rebsorten. Sie ist anfällig gegen den Echten Mehltau und den Falschen Mehltau, aber auch gegen die Grauschimmelfäule. Chenin Blanc reift ca. 12 bis 15 Tage nach dem Gutedel. Sie zählt damit international gesehen noch zu den früh reifenden Sorten.

Chenin Blanc ist eine Varietät der Edlen Weinrebe (Vitis vinifera). Sie besitzt zwittrige Blüten und ist somit selbstfruchtend. Beim Weinbau wird der ökonomische Nachteil vermieden, keinen Ertrag liefernde, männliche Pflanzen anbauen zu müssen.

Synonyme

Aufgrund des hohen Alters, seiner weiten Verbreitung und seiner Vielfältigkeit gibt es eine Vielzahl von Synonymen:

Anjou, Blamancep, Blanc d'Anjou, Blanc d´Aunis, Blanc emery, Bon blanc, Capbreton Blanc, Confort, Coue Fort, Cruchinet, Cugnette, Fehér Chenin, Franc Blanc, Franche, Gout Fort, Luarskoe, Pineau d´Anjou, Pineau de Briollay, Pineau de la Loire, Pineau de Savennieres, Pineau Gros, Pineau Gros de Vouvray, Pineau Nantais, Plant de Breze, Plant de Salces, Plant de Salles, Plant du Clair de Lune, Quefort, Rajoulin, Rouchalin, Rougelin, Steen, Stein, Tete de Crabe, Vaalblaar Stein und Verdurant.

Einzelnachweise

  1. http://www.zeno.org/Literatur/M/Rabelais,+Fran%C3%A7ois/Roman/Gargantua+und+Pantagruel/Erstes+Buch/F%C3%BCnf+und+Zwanzigstes+Kapitel Gargantua und Pantagrruel, Buch 1, Kapitel 25 in einer Übersetzung von Gottlob Regis. Bei der Übersetzung wählte Regis die im deutschen Sprachgebrauch geläufigere Bezeichnung des Rüssling. Im französischen lautet das Original wie folgt:

    „Ce faict, et bergiers et bergieres feirent chere lye avecques ces fouaces et beaulx raisins, et se rigollerent ensemble au son de la belle bouzine, se mocquans de ces beaulx fouaciers glorieux, qui avoient trouvé male encontre par faulte de s'estre seignez de la bonne main au matin, et avec gros raisins chenins estuverent les jambes de Forgier mignonnement, si bien qu'il feut tantost guery.“

    Rabelais: Gargantua et Pantagruel
  2. A SINGLE PAIR OF PARENTS PROPOSED FOR A GROUP OF GRAPEVINE VARIETIES IN NORTHEASTERN FRANCE (PDF) von J.E. Bowers, R. Siret und C.P. Meredith
  3. The SSR-based molecular profile of 1005 grapevine (Vitis vinifera L.) accessions uncovers new synonymy and parentages, and reveals a large admixture amongst varieties of different geographic origin, von Guido Cipriani • Alessandro Spadotto • Irena Jurman • Gabriele Di Gaspero • Manna Crespan • Stefano Meneghetti • Enrica Frare • Rita Vignani • Mauro Cresti • Michele Morgante • Mario Pezzotti • Enrico Pe • Alberto Policriti • RaVaele Testolin, veröffentlicht in Theoretical and Applied Genetics, Volume 121, Number 8, Seiten 1569-1585, Veröffentlichung vom 6. August 2010.
  4. LES CEPAGES BLANCS DANS LE VIGNOBLE (PDF), Statistik zu weißen Rebsorten je Großregion, Teil 1, Veröffentlichung des OFFICE NATIONAL INTERPROFESSIONNEL DES FRUITS, DES LEGUMES, DES VINS ET DE L’HORTICULTURE – kurz ONIVINS, Stand 2008
  5. LES CEPAGES BLANCS DANS LE VIGNOBLE (PDF), Statistik zu weißen Rebsorten je Großregion, Teil 2, Veröffentlichung des OFFICE NATIONAL INTERPROFESSIONNEL DES FRUITS, DES LEGUMES, DES VINS ET DE L’HORTICULTURE – kurz ONIVINS, Stand 2008
  6. Southafrican Wine Industry Statistics, Veröffentlicht im Juni 2008
  7. California Grape acreage 2007 Crop (PDF), vom California Department of Food and Agriculture, Sacramento, Veröffentlicht im April 2008
  8. https://www.awbc.com.au/winefacts/data/free.asp?subcatid=102 Statistik des Australian Government

Weblinks

Literatur

  • Pierre Galet: Dictionnaire encyclopédique des cépages. 1. Auflage. Hachette Livre, 2000, ISBN 2-01-236331-8.
  • Jancis Robinson (Hrsg.): Das Oxford Weinlexikon. Hallwag, Gräfe und Unzer, München 2006, ISBN 978-3-8338-0691-9.

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