Chlamydophila pneumoniae



Chlamydophila pneumoniae
Systematik
Abteilung: Chlamydiae
Ordnung: Chlamydiales
Familie: Chlamydiaceae
Gattung: Chlamydophila
Art: Chlamydophila pneumoniae
Wissenschaftlicher Name
Chlamydophila pneumoniae
(Grayston et al., 1989) Everett et al., 1999

Chlamydophila pneumoniae (früher als Chlamydia pneumoniae bekannt) sind Bakterien, die Menschen infizieren und zu einer Lungenentzündung führen können. Sie sind eine Art der Chlamydien. Chlamydophila pneumoniae hat einen komplexen Lebenszyklus und muss eine andere Zelle infizieren, um sich selbst vermehren zu können. Zusätzlich zur Rolle bei Lungenentzündungen gibt es Hinweise, dass der Erreger mit Arteriosklerose und mit Asthma in Verbindung gebracht werden kann. Die vollständige DNA-Sequenz des Genoms wurde im Jahre 1999 veröffentlicht.

Lebenszyklus und Methoden der Infektion

Chlamydophila pneumoniae ist ein kleines gram-negatives Bakterium, welches mehrere Transformationen in seinem Leben durchläuft. Es existiert als Elementarkörper (EB) zwischen biologischen Wirtsystemen. Der EB ist metabolisch nicht aktiv, nur 0,2-0,3 μm groß, ist aber resistent gegenüber der Umwelt (z. B. osmotische Veränderungen) und kann auch außerhalb des Wirtsystems überleben. Der EB reist von einer infizierten Person zu den Lungen einer nicht infizierten Person in kleinen Tröpfchen und verursacht die Infektion. In der Lunge angekommen, wird der EB von (Epithel-)Zellen in einer Art Beutel (Membraneinschluß) namens Endosom aufgenommen, dieser Prozess wird als Endozytose bezeichnet. Jedoch wird der EB nicht von der Fusion mit den Lysosomen zerstört, was typisch für phagozytiertes Material ist. Stattdessen verwandelt er sich in einen Retikularkörper (RB), der eine Größe von 1 μm hat, und beginnt sich innerhalb des Endosoms zu vermehren. Die RBs müssen einen Teil der Maschinerie der Wirtszelle verwenden, um ihre Vermehrung zu vollenden. Die Retikularkörper entwickeln sich anschließend zu Elementarkörpern zurück, werden zurück in die Lunge entlassen und verursachen dabei häufig den Tod der Wirtszelle. Die EBs sind anschließend in der Lage, neue Zellen zu befallen, entweder im gleichen Organismus oder in einem neuen. Deshalb wird der Lebenszyklus der Chlamydophila pneumoniae unterteilt in den EB, der nur Infektionen auslösen, sich aber nicht vermehren kann, und den RB, der sich vermehren kann, aber keine neuen Infektionen hervorrufen kann.

Lungenentzündung, Arthritis, Sehnenscheidenentzündung durch Ch. pneumoniae

Chlamydophila pneumoniae ist weltweit ein häufiger Grund für Lungenentzündungen abwehrgeschwächter Personen. Chlamydophila pneumoniae wird typischerweise aerogen (über die Luft) übertragen. Meistens verlaufen Infektionen ohne jegliche Beschwerden oder in Form von leichten Halsschmerzen. Die Chlamydien können 4-6 Wochen nach Primärinfektion zu postinfektiösen Arthritiden und Sehnenscheidenentzündungen führen. Meist stellt weder der Arzt noch der Patient zwischen der eventuell symptomatischen Primärinfektion und den Gelenkschmerzen eine Verbindung her. Man geht von einer 50-70 %igen Durchseuchung der Bevölkerung mit Chlamydophila pneumoniae aus. Diese hohe Durchseuchung deutet auf ein Verweilen im Organismus über mehrere Jahre hin. Weil die Behandlung und Diagnose historisch betrachtet unterschiedlich verliefen, werden Bezeichnungen wie Chlamydia pneumoniae verwendet und man spricht von einer atypischen Lungenentzündung.

Symptome und Diagnose

Meistens verlaufen Infektionen asymptomatisch und unbemerkt oder verursachen leichte Halsschmerzen. Kommt es bei geschwächten Personen zur Lungenentzündung, sind Symptome einer Infektion mit Chlamydophila pneumoniae nicht von denen einer anderen Lungenentzündung zu unterscheiden (Husten, Fieber und Kurzatmigkeit). Chlamydophila pneumoniae verursachen häufiger Halsschmerzen, Heiserkeit und Nebenhöhlenentzündung als andere Arten der Lungenentzündung, jedoch können andere Arten der Lungenentzündung ebenfalls diese Symptome aufweisen. Somit ist eine Unterscheidung nicht möglich. Normalerweise ist ein Arzt auch nicht in der Lage, nur aufgrund der Symptome eine eindeutige Diagnose zu erstellen.

Die Diagnose von Chlamydophila pneumoniae kann durch Untersuchung des Sputums oder Sekreten des Rachenraums gestellt werden. Eine Blutuntersuchung kann Antikörper gegen das Bakterium aufzeigen. Falls es aber eine frühere Infektion gab, können die Antikörper auch daher stammen. Deshalb ist eine Analyse der Antikörper nach 6 Wochen notwendig, um eine neue oder alte Infektion zu diagnostizieren. Die Blutuntersuchung kann ebenfalls Proteine (Antigene) von Chlamydophila pneumoniae zeigen, entweder durch ein direct fluorescent antibody testing, auch Enzyme-linked Immunosorbent Assay (ELISA) genannt, oder Polymerase-Kettenreaktion (PCR).

Röntgenaufnahmen der Lunge, die mit Chlamydophila pneumoniae infiziert sind, zeigen häufig einen kleinen Fleck eines verstärkten Schattens (Opazität). Jedoch gibt es auch hier unterschiedliche Muster, so dass auch hier keine eindeutige Analyse möglich ist.

Behandlung und Erfolgsaussichten

Typischerweise beginnt die Behandlung, bevor der Mikroorganismus identifiziert wurde, zumindest wenn ein bekanntes Krankheitsbild erkennbar ist. Diese allgemeine Therapie beinhaltet ein Antibiotikum gegen atypische Bakterien, die auch Chlamydophila pneumoniae beinhalten. Da viele Lungenentzündungen und Entzündungen des Arteriensystems z. B. ohne heftige Symptome verlaufen, ist es meistens nur nach genaueren Sekretuntersuchungen möglich, eine passende Therapie zu finden. Wegen der Problematik der unterschiedlichen Zustände von Chlamydophila pneumoniae ist für die einzelnen Phasen auch jeweils eine andere Therapieform notwendig, da es zwecklos ist, gegen den Retikularkörper ein Antibiotikum einzusetzen, das nicht gegen die Elementarform wirkt, da sich sonst nach dem Absetzen die Elementarkörper wieder in RB wandeln und die Erkrankung von neuem beginnt. Deshalb wird es in Zukunft eine wirksame Antibiotikatherapie in Form eines Kombinationsmittels geben müssen, zumindest eine Kombination, die auch die ruhenden Formen mit erfasst.

Die meist verwendeten Antibiotika sind Makrolide wie zum Beispiel Azithromycin oder Clarithromycin. Falls ein Test Chlamydophila pneumoniae eindeutig als Ursache zeigt, kann die Therapierung zu Doxycyclin umschwenken, was nebenwirkungsärmer und etwas effektiver gegenüber diesem Bakterium ist. Manchmal wird auch ein Chinolon-Antibiotikum wie Levofloxacin als Beginn einer Therapie verwendet, was aber mehr Nebenwirkungen hat. Die Behandlung dauert meist 10 bis 14 Tage. Bei einer postinfektiösen Arthritis oder Sehnenentzündung wird Chlamydophila pneumoniae in vitro am effizientesten durch Clarithromycin gehemmt. Hier muss die Antibiotikatherapie für 30-90 Tage durchgeführt werden.

Die Prognose von Lungenentzündung durch Chlamydophila pneumoniae ist gut. Krankenhausaufenthalte sind untypisch, Komplikationen selten und die meisten Patienten haben keine Nachwirkungen nach überstandener Krankheit. Allerdings überleben die Elementarkörper in der Regel, zumindest verschwinden vorerst die Anfangssymptome. Ist Chlamydophila pneumoniae allerdings chronifiziert, der Körper es also nicht selber schafft, die Elementarkörper zu beseitigen, ist die Gefahr von schleichenden Erkrankungen des Kreislaufssystems usw. erheblich.

Epidemiologie und Vorsorge

Chlamydophila pneumoniae betrifft alle Altersgruppen und kommt am häufigsten in der Gruppe der 60-79jährigen vor. Eine erneute Infektion nach einer kurzen Zeit der Immunität ist üblich. Bei jüngeren Menschen bleibt die Infektion oft bestehen (hoher Durchseuchungsgrad), tritt aber meist lange nicht mehr in Erscheinung. Nach längerer Zeit kann sich z. B. aber eine Chronifizierung von Chlamydophila pneumoniae ergeben, die sich dann in den unterschiedlichen Formen erneut äußert (Arthritis, Arteriosklerose usw.). Die Durchseuchung wird auf 50-70 % geschätzt. Das Vorkommen der Lungenentzündung beträgt eine Person von tausend Personen im Jahr und betrifft ca. 10 % aller Lungenentzündungen ohne Krankenhausaufenthalt.

Für Erkrankungen des Kreislaufsystems ist allerdings nach den Untersuchungsergebnissen der letzten Jahre zu vermuten, dass eine erheblich größere Zahl auf Chlamydophila pneumoniae zurückzuführen ist. Gerade die Arteriosklerose mit ihren Folgen (Herzkrankheiten, Schlaganfälle usw.) ist möglicherweise primär durch Chlamydophila pneumoniae induziert, darauf deuten zunehmend immer mehr Untersuchungen.

In Krankenhäusern konkurriert Chlamydophila pneumoniae aufgrund der sehr ähnlichen Symptome mit MRSA, wobei Ärzte sich tendenziell mehr auf die Behandlung von MRSA konzentrieren. In der Folge ergeben sich immer mehr Resistenzen von Chlamydophila pneumoniae, unter anderem bei Doxycyclin und Erythromycin.

Im Jahre 2011 gab es keine Impfung. Außer guter Hygiene gibt es keine vorbeugenden Maßnahmen.

Asthma

Asthma bronchiale, sowie Exacerbationen dieser Erkrankung stehen oft im Zusammenhang mit dem serologischen Nachweis von Chlamydia pn.. Die Symptomatik kann auf eine Therapie mit Makroliden gut ansprechen. [1]

Andere Krankheiten, die Ch. pneumoniae hervorrufen

Zusätzlich zur Lungenentzündung verursacht Chlamydophila pneumoniae weitere Krankheiten, was zur Zeit Gegenstand einiger Untersuchungen ist. Darunter sind Meningoencephalitis, Arthritis, BOOP (Bronchiolitis obliterans mit organisierender Pneumonie), Myocarditis und das Guillain-Barré-Syndrom. Es wurde auch mit dutzenden anderen Krankheiten in Verbindung gebracht, wie Morbus Alzheimer, Multiple Sklerose, Fibromyalgie, Chronisches Erschöpfungssyndrom, Prostataproblemen und vielen anderen.

Verbindungen zwischen Ch. pneumoniae und chronischen Krankheiten

Zusätzlich zu bereits bekannten akuten Infektionen wurde Chlamydophila pneumoniae mit anderen chronischen Krankheiten in Zusammenhang gebracht. Es gibt Hinweise, dass der Beginn von Asthma in Verbindung mit Chlamydophila pneumoniae stehen könnte. Jedoch gab es bis zum Jahre 2005 noch keinen Beweis.

Verbindungen zu Infektionen mit Chlamydophila pneumoniae und Herzinfarkten wurden gefunden. In der Tat wurde das Bakterium unter anderem in koronaren Arterien nachgewiesen. Antikörper sind ebenfalls in Menschen mit Herzproblemen höher. Auch bei Schlaganfallpatienten konnten wiederholt Zeichen einer chronischen Infektion mit Chlamydophila pneumoniae festgestellt werden. Es wird angenommen, dass chronische Infektionen mit dem Erreger die Entstehung und das Voranschreiten der Arteriosklerose begünstigen und so bei Herzinfarkt und Schlaganfall eine Rolle spielen. Indische Forscher und Mediziner der Universität München haben mittlerweile festgestellt, dass es zum Rückgang bei Herzinfarkten in Verbindung mit Chlamydophila pneumoniae nach der Gabe passender Antibiotika kam und sich sogar Verengungen der Koronararterien zurückbildeten.

Referenzen

  • Kalman, S et al. 1999. Comparative genomes of Chlamydia pneumoniae and C. trachomatis. Nature Genetics 21:385-389 PMID 10192388
  • O'Connor S, et al. Potential Infectious Etiologies of Atherosclerosis: A Multifactorial Perspective. Emerging Infectious Diseases, Vol 7, Sept-Oct 2001
  • Hahn DL, Dodge RW, Golubjatnikov R. Association of Chlamydia pneumoniae (TWAR) infection with wheezing, asthmatic bronchitis and adult-onset asthma. JAMA 1991,266:225-30.
  • Cannon CP, Braunwald E, McCabe CH, Grayston JT, Muhlestein B, Giugliano RP, Cairns R, Skene AM; Pravastatin or Atorvastatin Evaluation and Infection Therapy-Thrombolysis in Myocardial Infarction 22 Investigators. Antibiotic treatment of Chlamydia pneumoniae after acute coronary syndrome. N Engl J Med. 2005 Apr 21;352(16):1646-54. PMID 15843667
  • Klaus-Armin Bartsch: Darstellung von aktiviertem NF-κB in der arteriosklerotischen Läsion

Einzelnachweise

  1. Richeldi L, Ferrara G, Fabbri LM et al. Macrolides for chronic asthma (Cochrane Review). The Cochrane Library, Issue 1. Oxford 2003

Weblinks

Commons: Chlamydophila pneumoniae – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien