Chromosomenmutation
Eine Chromosomenmutation (auch: strukturelle Chromosomenaberration) ist eine strukturelle Veränderung eines Chromosoms, die in cytogenetischen Chromosomenpräparaten lichtmikroskopisch sichtbar ist. Es handelt sich also um größere Umbauten, durch die sich die Abfolge von Genen und anderen Elementen auf dem Chromosom ändert. Derartige Veränderungen sind erblich.
Chromosomenmutationen werden mit Genommutationen, bei denen sich die Zahl der Chromosomen ändert, zu den Chromosomenaberrationen zusammengefasst. Dagegen werden Mutationen, die nur ein einziges Gen betreffen und daher nicht lichtmikroskopisch sichtbar sind, als Genmutationen bezeichnet. [1][2]
Einteilung der Chromosomenmutationen
Die folgenden Chromosomenmutationen werden unterschieden:[2]
- Deletion: Ein Teilstück des Chromosoms (Endstück oder mittlerer Abschnitt) geht verloren.
- Translokation: Chromosomen können auseinanderbrechen und dabei Teilstücke verlieren, welche in die Chromatide eines anderen Chromosoms angeheftet werden.
- Duplikation: Ein Abschnitt des Chromosoms ist doppelt vorhanden, da ein auseinandergebrochenes Teilstück in die Schwesterchromatide eingegliedert wurde.
- Inversion: Innerhalb eines Chromosoms kann sich nach einem doppelten Bruch ein Stück wieder umgekehrt einfügen.
- Insertion (auch: Addition): Hier besitzt ein Chromosom ein zusätzliches Teilstück.
Auswirkungen
Einige dieser Veränderungen führen zu schwerwiegenden Krankheiten, Behinderungen und Fehlbildungen. Der Grund dafür ist meistens ein Gendosis-Effekt: Üblicherweise liegt ein Gen in einer bestimmten Anzahl vor (beim Menschen zweimal = disom), mit Ausnahme der Gene der Geschlechtschromosomen. Bei Deletionen und Duplikationen ist das aber nicht mehr der Fall, Gene kommen dann häufiger oder seltener vor. Dabei kann es bereits bei kleinen Veränderungen dieser Art zum Absterben der Zelle kommen.
Translokationen und Inversionen haben häufig zunächst keine Auswirkung, da sich die Anzahl der Gene nicht verändert (= balancierte Translokation/balancierte Inversion), sondern nur ihre Position. Schwierigkeiten bei der Meiose können jedoch zu weiteren Chromosomenaberrationen bei den Nachkommen führen.
Bei manchen Translokationen kommt es durch die neue Zusammenfügung von Chromosomenabschnitten dazu, dass Genabschnitte neu kombinieren, so dass Onkogene entstehen, zum Beispiel beim Philadelphia-Chromosom. Manchmal kann es auch zu Positionseffekten kommen.
Beispiele
Eine der vielen genetischen Besonderheiten, die durch Chromosomenmutationen hervorgerufen werden, ist das Cri-du-chat-Syndrom, das mit einigen körperlichen und kognitiven Besonderheiten einhergeht. Ursache ist eine Deletion am Chromosom der Nummer 5.
Quellen
- ↑ William Hovanitz: Textbook of Genetics. Elsevier Press, Inc., Houston, New York, 1953 (S. 190).„(...) if a change in structure (of chromosomes) is large enough to be visible in cytological preparations it is considered a chromosomal mutation. If it is too small to be readily observed, is known only from the genetic results of segregation and can be localized on a chromosome, it is known as a gene mutation. There is no sharp dividing line between gene mutations and chromosomal mutations. Eventually all gene mutations in their ultra-fine structure will be found to be structural, if only in the molecular arrangement of which the gene is composed.“
- ↑ 2,0 2,1 Werner Buselmaier, Gholamali Tariverdian: Humangenetik. Begleittext zum Gegenstandskatalog. Springer Verlag Berlin Heidelberg New York, 1991, ISBN 3-540-54095-4