Clostridium botulinum



Clostridium botulinum

Clostridium botulinum

Systematik
Abteilung: Firmicutes
Klasse: Clostridia
Ordnung: Clostridiales
Familie: Clostridiaceae
Gattung: Clostridium
Art: Clostridium botulinum
Wissenschaftlicher Name
Clostridium botulinum
(van Ermengem 1896) Bergey et al. 1923

Clostridium botulinum ist ein grampositives, stäbchenförmiges Bakterium aus der endosporenbildenden Familie der Clostridiaceae.[1] Der Durchmesser beträgt 0,5–1,0 µm bei einer Länge von 2–10 µm. Die Sporen sind oval, in der Regel subterminal angeordnet und häufig breiter als die Mutterzelle. Obwohl es sich um ein anaerobes Bakterium handelt ist es relativ unempfindlich gegenüber Luftsauerstoff.[2] Erstmals isolierte es der belgische Mikrobiologe Emile van Ermengem 1897, der zunächst den Namen Bacillus botulinum vorschlug.[3] Die Isolierung aus Wurst (v. lat. {{Modul:Vorlage:lang}} Modul:Multilingual:149: attempt to index field 'data' (a nil value)) und der erstmals nachgewiesene Zusammenhang mit dem bereits bekannten Krankheitsbild Botulismus war namensgebend.[4]

C. botulinum besteht aus verschiedenen biochemisch unterschiedlichen Gruppen deren einzige Gemeinsamkeit die Ausbildung von Botulinumtoxin ist. Sieben verschiedene Toxine (A bis G) werden gebildet wobei nur die der Typen A, B, E und F humanpathogen sind. Die Typen C und D sind für Tiere pathogen. Für den seltenen Toxintyp G gibt es nur wenige Fallberichte beim Menschen. Einige Stämme von C. butyricum und C. baratii bilden jedoch auch Botulinumtoxine.[5] Nah verwandte Clostridien, die jedoch kein Botulinumtoxin produzieren, wurden taxonomisch unter dem Namen Clostridium sporogenes eingeordnet.[6]

Gruppen

Da die Taxonomie ausschließlich auf der Toxinbildung basierte, gehören der Spezies Organismen mit unterschiedlichstem Stoffwechsel an, die in vier phenotypische Gruppen unterteilt werden. Sequenzierungen der 16S rRNA und Nukleinsäurehybridisierungsreaktionen haben die vier Abstammungslinien bestätigt.[7]

Einteilung nach phenotypischen Unterschieden[7]
Gruppe: I II III IV
Toxintyp: A, B, F B, E, F C, D G
Proteolyse: Ja Nein Nein Ja
Lipase: Ja Ja Ja Nein
Fermentation: Glucose, teilweise Fructose, teilweise Maltose Glucose, Fructose, Mannose, Maltose, Saccharose, Trehalose Glucose, teilweise Fructose, Mannose, teilweise Maltose
Säurebildung: Essigsäure, iso-Buttersäure, Buttersäure, iso-Valeriansäure Essigsäure, Buttersäure Essigsäure, Propionsäure, Buttersäure Essigsäure, iso-Buttersäure, Buttersäure, iso-Valeriansäure, Phenylessigsäure
Wachstumoptimum: 35–40°C 18–25°C 40°C 37°C
Hitzeresistenz der Sporen: 112°C 80°C 104°C 104°C

Toxin

Die sieben Toxintypen (A bis G) lassen sich serologisch durch Neutralisation mit einem Antitoxin unterscheiden. Einige Stämme sind in der Lage zwei Neurotoxine zu bilden.[7]

Einteilung nach Toxintypen[7]
Toxintyp hauptsächlich betroffene Spezies häufigstes Übertragungsvehikel
A Mensch (auch Wund- und Säuglingsbotulismus), Hühner selbst gemachte Konserven mit Gemüse, Obst, Fleisch und Fisch
B Mensch (auch Wund- und Säuglingsbotulismus), Pferde, Rinder verarbeitete Gerichte (insbesondere Schweineprodukte)
Wasservögel verrottende Vegetation alkalischer Sümpfe, Wirbellose
Rinder, Pferde toxische Nahrung, Aas, Schweineleber
D Rinder Aas
E Mensch, Fische, Wasservögel Fisch- und andere Meeresprodukte
F Mensch (auch Säuglingsbotulismus) Fleischprodukte
G unbekannt Boden

Werden Clostridium-botulinum-Toxine aus dem Darm ins Blut aufgenommen, erreichen sie so die peripheren neuromuskulären Synapsen. Hier wird BTX endoneural aufgenommen und blockiert die Ausschüttung des Neurotransmitters Acetylcholin.[8] Die Todesrate ist am höchsten für Typ A, gefolgt von Typ E und dann Typ B was sich möglicherweise durch die Bindungsaffinität an das Nervengewebe erklären lässt. Toxintyp A wird therapeutisch verwendet um ungewollte Muskelspasmen und einige fokale Dystonien zu behandeln.[5]

Pathogenese

Die bekannteste Form ist die Lebensmittelvergiftung durch Botulinumtoxin. Der Wundbotulismus bei dem der Erreger in abgestorbenem Gewebe wächst ist hingegen eher selten. Beim Säuglingsbotulismus werden die Sporen aufgenommen und keimen im Darmtrakt aus, wo es zur Toxinproduktion kommt. Zunächst sind die kranialen Nerven betroffen wodurch Sehen, Hören und Sprechen beeinträchtigt sind. Typisch ist Doppel- und verschwommene Sicht, geweitete Pupillen sowie undeutliche Aussprache. Eine verringerte Speichelproduktion sorgt für einen trockenen Mund und macht das Schlucken schmerzhaft. Später werden die motorischen Nerven gelähmt was sich in einem allgemeinen Schwächegefühl ausdrückt. Der Tod erfolgt durch Lähmung der Atemmuskulatur oder Herzstillstand.[5]

Epidemiologie

Die Sporen kommen weltweit auch in Wassersedimenten und in geringer Menge auch im Gastrointestinaltrakt von Vögeln, Fischen und Säugetieren vor. In den USA ist Toxintyp A häufig, in Europa Typ B.[5]

Lebensmittelhygiene

In luftdicht abgeschlossenen Konserven mit Fleisch, insbesondere Würstchen, Fisch, Gemüse, Früchte und Gewürze können die Sporen auskeimen und Toxin produzieren. Insbesondere unzureichend erhitzte selbst-eingemachte Konserven sind betroffen. Kinder unter 1 Jahr sollten keinen Honig verzehren, da Sporen enthalten sein können, die Säuglingsbotulismus auslösen können. Weitere Eintragsquellen sind Staub und Erde.[5]

Diagnostik

C. botulinum auf AEY-Agar mit irisierender Hofbildung (Lipase-Reaktion)

Zur Unterscheidung ob ein proteolytischer oder nicht-proteolytischer Stamm vorliegt kann eine Anzucht auf Kalbsleber-Eigelb-Agar oder anaeroben Eigelb-Agar (AEY) erfolgen. Die Kolonien irisieren bei schrägem Lichteinfall sind jedoch nicht von nicht-toxischen Clostridien zu unterscheiden. Eine Anreicherung kann in Trypton-Pepton-Glucose-Hefeextrakt-Medium (TPGY) oder Kochfleischmedium (CMM) erfolgen. Im Anschluss kann das Toxin mittels Mausbioassay nachgewiesen werden, wobei den Versuchstieren eine Verdünnungsreihe in das Zwerchfell injiziert wird und auf die typischen Symptome für Botulismus (Atemlähmung, Wespentaille) beobachtet werden. Zur Ermittlung des Toxintyps werden einigen Versuchstieren vorher die jeweiligen Antitoxine verabreicht. Des Weiteren ist ein Amplified- und ein DIG-ELISA möglich. Da die Sequenzen für die Toxine bekannt sind, ist ist ein Nukleinsäurenachweis mittels PCR ebenso verfügbar.[9] Der Mausbiosassay stellt in Deutschland für die behördliche Lebensmittelüberwachung die Referenzmethode nach § 64 LFGB dar.[10]

Einzelnachweise

  1. Kenneth Todar: The Pathogenic Clostridia; in: Todar's Online Textbook of Bacteriology , Univ of Wisconsin-Madison Department of Bacteriology, 2005
  2. Johannes Krämer: Lebensmittel-Mikrobiologie. 5. Auflage. UTB, Stuttgart 2002, ISBN 3-8252-1421-4, S. 67.
  3. Emile van Ermengem: Ueber einen neuen anaëroben Bacillus und seine Beziehungen zum Botulismus. In: Medical Microbiology and Immunology. Band 26, Nr. 1, 1897, S. 1–56, doi:10.1007/BF02220526.
  4. BfR: Hinweise für Verbraucher zum Botulismus
  5. 5,0 5,1 5,2 5,3 5,4 Samuel Baron (Hrsg.): Medical microbiology. 4. Auflage. Galveston 1996, ISBN 0-9631172-1-1, PMID 21413252 (Botulism and Clostridium Botulinum).
  6. Judicial Commission of the International Committee on Systematic Bacteriology: Rejection of Clostridium putrificum and conservation of Clostridium botulinum and Clostridium sporogenes Opinion 69. In: International Journal of Systematic Bacteriology. 49, 1999, S. 339.
  7. 7,0 7,1 7,2 7,3
  8. Leitlinie Botulismus der Deutschen Gesellschaft für Neurologie. In: AWMF online (Stand 10/2005)
  9. Haim M. Solomon und Timothy Lilly, Jr.: Bacteriological Analytical Manual, Chapter 17: Clostridium botulinum, FDA
  10. Technische Regel BVL L 06.00-26:1988-12 Untersuchung von Lebensmitteln; Nachweis von Clostridium botulinum und Botulinum-Toxin in Fleisch und Fleischerzeugnissen

Weblinks

  • Literatur zum Schlagwort Clostridium botulinum im Katalog der DNB und in den Bibliotheksverbünden GBV und SWB