Conrad Gesner


Conrad Gesner (1516–1565), Stich von Conrad Meyer, 1662

Conrad Gesner (* 16. oder 26. März 1516 in Zürich; † 13. Dezember 1565 ebenda; auch: Konrad Gessner, Konrad Geßner, Conrad Gessner, Conrad Geßner, Conrad von Gesner, Conradus Gesnerus) war ein Schweizer Arzt, Naturforscher und Altphilologe. Er gilt als einer der berühmtesten und wichtigsten Naturforscher und Gelehrten der Schweiz. Seine Bedeutung beruht unter anderem darauf, dass er sich nicht mehr auf die tradierten Erkenntnisse der Antike und des Mittelalters verliess, sondern seine eigenen Naturbeobachtungen höher wertete. Die Qualität der Darstellungen in seinen Veröffentlichungen unterschied ihn von denen seiner Fachkollegen, da er wegen seines überdurchschnittlichen Zeichentalents nicht darauf angewiesen war, professionelle Künstler für seine Buchillustrationen heranzuziehen.[1] Sein offizielles botanisches Autorenkürzel lautet „Gesner“.

Leben

Illustration aus dem „Vogelbuch“
Lexicon sive dictionarium Graecolatinum; 1557
Wald-Erdbeere aus Historia plantarum.
Aufgeschlagenes Vogel-, Fisch- und Tierbuch in der Deutschen Bücherei Leipzig, 1985
Denkmal im alten Botanischen Garten Zürich

Conrad Gesner, Sohn eines Kürschners, war nach dem Studium der Medizin erst Lehrer, später, ab 1537, Professor der griechischen Sprache in Lausanne und ab 1541 Professor der Physik. 1554 wurde er Oberstadtarzt in Zürich als Nachfolger des Handwerkschirurgen und Theatermachers Jakob Ruf. Conrad Gesner gilt neben Ulisse Aldrovandi als einer der Begründer der modernen Zoologie. Er gründete in Zürich den ersten Botanischen Garten sowie eine bedeutende Naturaliensammlung, die aber bereits kurz nach seinem Tod verloren ging.

Gesner starb als weltbekannter und selbst vom katholischen Kaiser Ferdinand I. geachteter Gelehrter: Während 1565 in der Stadt Zürich die Pest wütete, pflegte Gesner den Reformator Heinrich Bullinger (* 1504; † 1575), der an die Epidemie seine Ehefrau und drei Töchter verloren hatte; Conrad Gesner erlag ebenfalls der Pest des Jahres 1565. In Zürich erinnern ein Denkmal und der «Gessner–Garten» an sein Werk, ein mittelalterlicher Kräutergarten im alten Botanischen Garten «zur Katz».

Werke

Das bekannteste Werk Gesners ist seine vierbändige Historia animalium, welche postum um einen fünften Band ergänzt wurde. Das Werk erschien zwischen 1551 und 1558 respektive wurde als «Thierbuch» 1565 von der Druckerei Froschauer veröffentlicht.[2] 1669 bis 1670 wurde es übersetzt und als Allgemeines Thierbuch herausgebracht. Bei der Gliederung orientierte sich Gesner an den Vorgaben des Aristoteles (Historia animalium) und Albertus Magnus (De animalibus). In dem Buch sind eine Reihe von Tieren aufgeführt, die heute als Fabeltiere gelten, etwa das Einhorn. Ihre Existenz wird jedoch kritisch betrachtet. Das Werk ist gegliedert in folgende Teile:

  1. Quadrupedes vivipares. 1551.
  2. Quadrupedes ovipares. 1554.
  3. Avium natura. 1555.
  4. Piscium & aquatilium animantium natura. 1558.

Als 5. Band folgte 1587 ein Band zu den Schlangen, in der deutschen Übersetzung 1634 ein weiterer über Insekten aus seinem Nachlass. Die Folianten sind mit Holzschnitten bebildert, darunter das weltberühmte Rhinocerus von Albrecht Dürer sowie die Giraffe aus Bernhard von Breydenbachs Peregrinatio in terram sanctam. 65 Tafeln legte Gesner selbst an. Das bedeutsame botanische Werk Stirpium historia beschreibt die Bedeutung von Pflanzenteilen, insbesondere der Blüten und Früchte für die Systematik der Pflanzen. In Corpus Venetum de Balneis (1553) publiziert er Analysen von Heilquellen. Das Werk Thesaurus Euonymi Philiatri,… (1552) stellte das Wissen über Chemie, Arzneimittel und Medizin zusammen.

1565 verfasste er De Omni Rervm Fossilivm Genere mit einer systematischen Einteilung der Fossilien und Minerale in 15 Klassen. Zudem gilt er als Erstbeschreiber des Minerals Cerussit.[3] Das Eisenerz Siderit bezeichnete er als „Stahlreich Eisen“.[4]

Ausserdem wurde Gesner mit seiner Bibliotheca universalis bekannt. Dieses Werk versucht, die infolge des Buchdrucks unübersehbar gewordene Bücher- und Informationsflut zu bewältigen. Im ersten, 1545 publizierten Teil bibliographierte Gesner rund 10'000 Werke mit Inhaltsangaben; er legte damit die Grundlagen des Bibliographierens. Der zweite, 1548 unter dem Titel Pandectae sive Partitiorum universalium publizierte Teil umfasst 19 Bände, in denen die Buchinhalte nach Themen aufgeteilt werden, beginnend mit der Grammatik in Band 1. Der 20. Band. über Medizin kam aus Geldmangel – das Werk verkaufte sich nicht so gut wie erwartet – nicht heraus, und der zweite Teil wurde mit dem 21. Band über Theologie abgeschlossen.[5] In seinem letzten Lebensjahrzehnt plante Conrad Gesner eine umfangreiche botanische Enzyklopädie, die Historia Plantarum. Die Arbeit blieb unvollendet; sie wurde von Joachim Camerarius dem Jüngeren aus dem Nachlass gekauft und vervollständigt, um damit das Kräuterbuch von Pietro Andrea Mattioli neu herausgegeben. Das Buch wurde ab 1586 gedruckt und war ein grosser Erfolg, weil es die medizinischen Schriften Mattiolis mit den revolutionären Pflanzendarstellungen Gesners verband.[6] Gesners Historia Plantarum wurde 1750 erstmals veröffentlicht.[7] Sein umfangreiches Pflanzenwerk wurde 1972 bis 1991 unter dem Titel «Conradi Gesneri Historia Plantarum» wieder herausgegeben.

  • Der ... Theil des köstlichen und theuren Schatzes Euonymi Philiatri / erstlich in Latein beschrieben durch Euonymum Philiatrum, vnd neuwlich verteutscht durch Joannem Rudolphum Landenberger. - Zürich : Geßner, 1583. Digitalisierte Ausgabe der Universitäts- und Landesbibliothek Düsseldorf
  • Conradi Gesneri Opera Botanica : Per Duo Saecula Desiderata Vitam Avctoris Et Operis Historiam Cordi Librvm Qvintvm Cvm Adnotationibvs Gesneri In Totvm Opvs Vt Et Wolphii Fragmentvm Historiae Plantarvm Gesnerianae Adivnctis Indicibvs Iconvm Tam Olim Editarvm Qvam Nvnc Prodevntivm Cvm Figvris Vltra CCCC. Minoris Formae Partim Ligno Excisis Partim Aeri Inscvlptis Complectentia. Seligmann / Fleischmann, Norimbergae 1754 (Digitalisierte Ausgabe)

Ehrungen

Charles Plumier benannte ihm zu Ehren eine Gattung Gesnera[8] der Pflanzenfamilie der Gesneriengewächse (Gesneriaceae). Carl von Linné änderte später diesen Namen in Gesneria.[9][10]

Die 50er-Note der sechsten CHF-Banknotenserie von 1976 war Conrad Gesner gewidmet.[11]

Nachdrucke

  • Heinrich Zoller (Hrsg.), Martin Steinmann: Conrad Gesner: Conradi Gesneri Historia plantarum. Gesamtausgabe. Urs-Graf-Verlag, Dietikon-Zürich 1987/1991
  • Konrad Geßner: Gesnerus De Serpentibus Oder Schlangen-Buch ... durch ... Jacobum Carronum vermehrt und in diese Ordnung gebracht: anitzo aber mit sonderem Fleiß verteutschet, Frankfurt am Main (bei Wilhelm Serlin) 1662 bzw. 1671, Neudruck Hannover 1994
  • Reinhard Oberschelp: Alte Vogelbilder: Aus dem Altbestand der Gottfried Wilhelm Leibniz Bibliothek. ISBN 3-8271-8834-2. Farbige Abb., Name latinisiert zu „Conradus Gesnerus“: S. 16 Waldrapp (Erstveröff. 1551–1558); S. 17 Seidenschwanz ebd.

Literatur

  • Conrad Gessner, 1516–1565: Universalgelehrter, Naturforscher, Arzt. Mit Beitr. von Hans Fischer u. a. Orell Füssli, Zürich 1967.
  • Götz Gessner: Conrad Gessner – De omni rerum fossilium genere. 1996.
  • Hermann Lebert: Conrad Gesner als Arzt. Höhr, Zürich 1854, S. 5 (online).
  • Urs B. Leu: Conrad Gesner als Theologe. Ein Beitrag zur Zürcher Geistesgeschichte des 16. Jahrhunderts. Lang, Bern 1990 (Zürcher Beiträge zur Reformationsgeschichte 14).
  • Urs B. Leu, Raffael Keller, Sandra Weidmann: Conrad Gessner's Private Library. (= History of Science and Medicine Library, Vol. 5). Brill, Leiden/Boston 2008.
  • Jacob Achilles Mähly: Gesner, Konrad. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 9, Duncker & Humblot, Leipzig 1879, S. 107–120.
  • Eugène Olivier: Les années Lausannoises (1537–1540) de Conrad Gesner. In: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte. Band 1, 1951 (Digitalisat).
  • C. M. Pyle: Conrad Gessner on the Spelling of his Name. In: Archives of Natural History. Band 27, 2000, S. 175–186.
  • Heinz Scheible: Melanchthons Briefwechsel. Personen. Band 12
  • Katharina B. Springer, Ragnar Kinzelbach: Das Vogelbuch von Conrad Gessner (1516–1565). Ein Archiv für avifaunistische Daten. Springer Verlag, 2008, ISBN 3-540-85284-0.
  • Christa Riedl-Dorn: Wissenschaft und Fabelwesen. Ein kritischer Versuch über Conrad Gessner und Ulisse Aldrovandi. Böhlau Verlag, Wien und Köln 1989 (Perspektiven der Wissenschaftsgeschichte Bd.6) ISBN 3-205-05262-5

Weblinks

Commons: Conrad Gesner – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sabine Schulze (Hrsg): Gärten: Ordnung – Inspiration – Glück, Städel Museum, Frankfurt am Main & Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2006, ISBN 978-3-7757-1870-7, S. 38
  2. Entnommen den Schautafeln und Beschriftungen beim «Gessner–Garten», Alter Botanischer Garten Zürich
  3. Mineralienatlas:Cerussit
  4. Mineralienatlas:Mineralienportrait/Siderit
  5. Markus Krajewski: Zettelwirtschaft. Die Geburt der Kartei aus dem Geist der Bibliothek. Berlin 2002, S. 16–19
  6. [1]
  7. Sabine Schulze (Hrsg): Gärten: Ordnung – Inspiration – Glück, Städel Museum, Frankfurt am Main & Hatje Cantz Verlag, Ostfildern 2006, ISBN 978-3-7757-1870-7, S. 38
  8. Charles Plumier: Nova Plantarum Americanarum Genera. Leiden 1703, S. 27
  9. Carl von Linné: Critica Botanica. Leiden 1737, S. 92
  10. Carl von Linné: Genera Plantarum. Leiden 1742, S. 288
  11. http://www.snb.ch/de/iabout/cash/history/id/cash_history_serie6

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