Wald-Erdbeere
Wald-Erdbeere | ||||||||||||
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Illustration Wald-Erdbeere | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Fragaria vesca | ||||||||||||
L. |
Die Wald-Erdbeere (Fragaria vesca), verbreitet auch Monatserdbeere genannt, gehört zu den Rosengewächsen (Rosaceae). Sie wächst verbreitet an Waldrändern und auf Lichtungen. Die Wald-Erdbeere dient dem Menschen schon lange als Nahrung, was auch die botanische Artbezeichnung ausdrückt (vesca = essbar). Sie wird außerdem als Heilpflanze verwendet und wurde in der mittelalterlichen Malerei als Symbolpflanze häufig abgebildet.
Die Wald-Erdbeere ist diploid (2n=14) und nicht die Wildform der Gartenerdbeere. Diese ist eine Kreuzung zwischen der Chile-Erdbeere und der Scharlach-Erdbeere, die beide aus Amerika stammen.
Erscheinungsbild
Die Wald-Erdbeere ist eine krautige, mehrjährige und wintergrüne Pflanze. Sie wird meist 5 bis 25 cm hoch und ist damit im Wuchs kleiner als die Gartenerdbeere. Die Stängel der rosettenförmigen Pflanze tragen jeweils nur wenige weiße, zwittrige, radiärsymmetrische, fünfzählige Blüten, die in den Monaten April bis Juni erscheinen und im Laufe des Sommers heranreifen. Bei ausreichend starkem Sonneneinfall tragen einzelne Pflanzen auch bis zum Winterfrost Blüten und Früchte. Jeweils fünf kleine Außenkelchblätter umgeben eine Blüte. Ein zweiter, alternierender Kreis wird von den eigentlichen Kelchblättern gebildet. Die Blüte hat fünf weiße Kronblätter. In der Mitte der Blüte befinden sich etwa 20 gelbe Staubblätter. In ihrem Zentrum befinden sich die Fruchtblätter, die eine gelbgrüne Farbe haben. Die Blüten sind vorweiblich, womit die Pflanze eine Selbstbestäubung verhindert. Eine Verwechslungsmöglichkeit besteht mit der Indischen Scheinerdbeere, die eine ähnlich aussehende Frucht hat.
Vermehrungsmechanismen
Die Ausbildung der Sammelnussfrucht
Die Blüten bieten bestäubenden Insekten ein hohes Pollenangebot und außerdem am Blütengrund leicht zugänglichen Nektar. Zu den bestäubenden Insekten zählen Fliegen, Schwebfliegen und Bienen. Auch Ameisen lassen sich gelegentlich an den Blüten beobachten. Sie lecken jedoch lediglich den Nektar auf und betätigen sich damit als „Honigräuber“, ohne eine Funktion bei der Bestäubung zu haben.
Aus den bestäubten Blüten entwickeln sich die Früchte, die zwar im deutschen Sprachgebrauch als „Beeren“ bezeichnet werden, bei denen es sich botanisch gesehen jedoch um eine Sammelnussfrucht handelt. Jedes einzelne Fruchtblatt der Blüte bildet ein 1 mm langes hartschaliges Nüsschen aus. Gemeinsam mit der sich parallel verdickenden Blütenachse (die nun eigentlich eine Fruchtachse ist), bildet sich aus den zahlreichen Nüsschen die Frucht. Mit zunehmender Fruchtreife verfärben sich die Blütenachsengewebe, die im unreifen Zustand grün sind, durch Anthocyane nach Rot um. Gleichzeitig nimmt der Wassergehalt in dem Blütenachsengewebe zu und die Frucht nimmt einen intensiven Geschmack an.
Endochorie, Blastochorie, Barochorie - wie Wald-Erdbeeren sich ausbreiten
Tiere und Menschen, welche die Frucht essen, scheiden die kleinen hartschaligen Nüsschen wieder aus, so dass die Nüsschen – sofern sie geeignete Standortbedingungen vorfinden – keimen können (sogenannte Endochorie). Säugetiere wie Rotfuchs, Dachs, Eichhörnchen, Igel, Rötelmaus und Siebenschläfer; Vögel wie Amsel, Hausrotschwanz, Rotkehlchen, Mönchsgrasmücke und Wirbellose wie Weinbergschnecke, einige Käferarten und Tausendfüßer werden von den rotfarbigen Früchten angelockt und sind damit an ihrer Verbreitung beteiligt. Ameisen schleppen die Früchte in ihre Baue, verfüttern das Fruchtfleisch an ihre Larven und tragen anschließend die verbliebenen Nüsschen aus dem Bau.
Die Wald-Erdbeere benutzt allerdings nicht nur die Endochorie als Ausbreitungsmechanismus. Früchte, die an den Stängeln verbleiben, vertrocknen nach einiger Zeit. Die Nüsschen fallen dabei herab. Diesen Mechanismus bezeichnet man als Barochorie. Walderdbeeren vermehren sich außerdem vegetativ. Sie bilden lange Ausläufer, die sich bewurzeln und neue Rosetten ausbilden (sogenannte Blastochorie).
Vorkommen
Die Wald-Erdbeere ist in ganz Europa und Nordasien beheimatet. Sie wächst bevorzugt in lichten Laub- und Nadelwäldern sowie entlang der Waldränder. Die Wald-Erdbeere bevorzugt sonnige bis absonnige Standorte und benötigt feuchte, aber gut durchlässige, nährstoff- und humusreiche Böden.
Verwendung als Nahrungsmittel
„Die Köch seind der Erdbeeren auch gewar worden, machen gute Müßlein darauß“, schrieb Hieronymus Bock über die Walderdbeere. Aus archäologischen Funden weiß man, dass Walderdbeeren schon lange zu den von Menschen gesammelten Früchten gehören. In der Antike wurden sie von römischen Dichtern gepriesen. Ovid, Plinius und Vergil haben dieser Pflanze bereits Zeilen gewidmet. Im Mittelalter wurden Walderdbeeren ab dem 14. Jahrhundert großflächig angebaut, ohne jedoch die Fruchtgröße merklich steigern zu können. Die Entdeckung der großfrüchtigeren Chile-Erdbeere (F. chiloensis) und die darauffolgende Kreuzung mit der amerikanischen Scharlach-Erdbeere (F. virginiana) führten dazu, dass die Walderdbeere seit dem 18. Jahrhundert fast nicht mehr kultiviert wurde. Später züchtete man wieder mit der Walderdbeere, wodurch als Kulturform der Walderdbeere die Monatserdbeere entstand.
Mit Walderdbeeren werden auch heute noch gelegentlich Konfitüren und Marmeladen aromatisiert. Die grünen Kernchen der Früchte enthalten einen Bitterstoff, der erst nach ein paar Minuten beim Kochen zum Vorschein kommt. Konfitüre ausschließlich aus Walderdbeeren kann dadurch bitter schmecken.
Monatserdbeeren
Die heutzutage kultivierten Formen haben eine gegenüber der gewöhnlichen Walderdbeere verlängerte Blütezeit und können bis zum Einsetzen des Frosts Früchte tragen, die Früchte sind deutlich größer. Weit überwiegend sind Sorten ohne Ausläufer in Kultur, die stattdessen vieltriebige Kronen mit zahlreichen Blütentrieben bilden. Sie müssen durch Teilung oder vorzugsweise durch Aussaat vermehrt werden, da die Vitalität der Pflanzen nach einigen Jahren nachlässt. Als Stammeltern der Monatserdbeere gelten einerseits die in den Alpen heimische Unterart Fragaria vesca var. vesca ssp. semperflorens und andererseits die hin und wieder auftretende ausläuferlose Buscherdbeere, forma eflagellis. Großfrüchtige Formen sind seit dem 18. Jahrhundert in Frankreich unter dem Namen „Fressant“ bekannt[1]. Monatserdbeeren mit Ausläufern eignen sich als Bodendecker, ausläuferlose Sorten als Randbepflanzung von Beeten. Auch die an Naturstandorten zu findende weiße Form forma alba ist in die Kultursorten eingekreuzt worden. Daneben werden seit langer Zeit auch ornamentale, teils kuriose Formen gezogen:
Kultursorten von Fragaria vesca
Dauertragend, ohne Ausläufer:
- 'Rügen', entstanden in der Schlossgärtnerei in Putbus auf Rügen, von dem Erdbeerzüchter Emil Spangenberg aus Morsleben 1920 in den Handel gebracht.
- 'Alexandria', George W. Park Seed Co, USA, 1964
- 'Baron Solemacher', F. C. Heinemann, Erfurt 1935
- 'Weisse Solemacher' F. C. Heinemann, 1937, weißfrüchtig
- 'Golden Alexandria' (goldlaubig).
Mit Ausläufern:
- 'Quarantaine de Prin', Frankreich, vor dem Ersten Weltkrieg bedeutende Marktfrucht, heute noch in winzigen Mengen in Prin in der Region Poitou gezogen, mehrmals tragend
- ‘Blanc Amélioré‘, Großbritannien, weißfrüchtig mit großen Früchten vom Typ Fressant
- ‘Illa Martin’, Deutschland; als Zierpflanze angeboten, mehrmals tragend mit länglichen weißen Früchten; im Handel befindliche Pflanzen zumeist nicht sortenecht. [2]
- 'Gartenfreude', Deutschland, großfrüchtig, mehrmals tragend
Ornamentale Sorten:
- 'Monophylla', Erdbeere von Versailles, statt des gewöhnlich dreigeteilten nur ein großes Blatt; vireszente Blüten
- 'Multiplex', gefüllt blühend, Fruchtertrag sehr gering
- 'Muricata', "Plymouth-Erdbeere"; statt der Nüsschen ist die Frucht mit winzigen Blättchen besetzt; vireszente Blüten
Inhaltsstoffe
Erdbeerblätter enthalten kondensierte Gerbstoffe, Ellagitannine wie Peduncluagin und Agrimoniin, sowie Flavonoide und Leukoanthocyane. Ascorbinsäure ist nur in wenigen Mengen und ätherisches Öl nur in sehr geringen Mengen vorhanden.[3]
Pflanzenheilkundliche Verwendung
In der Antike war die Erdbeere als Heilpflanze unbekannt. Auch in den mittelalterlichen Kräuterbüchern wird sie nur vereinzelt aufgeführt. Große Beachtung fand sie dagegen in der Volksmedizin und im Volksglauben. Aufgrund des Gerbstoffgehaltes werden Erdbeerblätter als Heilmittel bei Durchfall verwendet. Die jüngeren Blätter der Pflanze werden auch als Ersatz für Schwarzen Tee verwendet. Zur Teebereitung wird ein Gramm fein geschnittene Droge mit kochendem Wasser übergossen und nach fünf bis zehn Minuten abgeseiht. Bei Durchfall soll mehrmals täglich eine Tasse getrunken werden.[3]
In der aktuellen Ausgabe des Deutschen Arzneimittel Codex 2008 sind Erdbeerblätter als Fragariae folium monographiert. Das Bundesgesundheitsamt beurteilt die Wirksamkeit und Unbedenklichkeit wie folgt:
„Da die Wirksamkeit bei den beanspruchten Anwendungsgebieten nicht ausreichend belegt ist, kann eine therapeutische Anwendung nicht befürwortet werden. Gegen eine Anwendung als Fülldroge in Teemischungen bestehen keine Einwände. Die Anwendung von Erdbeerblättern als Teedroge ist im Übrigen dem Lebensmittelbereich zuzuordnen.“[4]
Carl von Linné, der berühmte schwedische Botaniker, der im 18. Jahrhundert lebte, soll sich durch eine Kur mit Erdbeerblättertee und frischen Walderdbeeren von der Gicht befreit haben.
Die Wald-Erdbeere in Mythen und Sagen
In zahllosen Mythen, Sagen und Märchen spielt die Walderdbeere eine Rolle. In der germanischen Mythologie ist die Walderdbeere mit der Göttin Frigga verknüpft. Sie soll die toten Kinder in Erdbeeren versteckt haben, um sie dann unentdeckt mit nach Walhall nehmen zu können. Dieser Glaube hat sich später auf die Gottesmutter Maria übertragen. Legenden behaupten, dass Maria einmal im Jahr vom Paradies auf die Erde herabsteige, um dort Erdbeeren für die verstorbenen und nun im Paradies lebenden Kinder zu sammeln. Für einige Regionen wird daher überliefert, dass eine Frau, der ein Kind verstorben sei, daher keine Erdbeeren essen solle.
Erdbeeren tauchen in einem der von den Gebrüdern Grimm gesammelten Märchen auf: In „Die drei Männlein im Walde“ lässt die böse Stiefmutter die Heldin nur mit einem Papierkleid bekleidet mitten im tiefsten Winter nach Erdbeeren suchen. Ihre Suche führt sie zu den drei Männlein, die die Heldin aufgrund ihrer Hilfsbereitschaft belohnen.
Die Wald-Erdbeere in der Kunst
Walderdbeeren sind seit langer Zeit ein Symbol der Weltlust, der Verlockung und der Sinnenfreude. Das Christentum hat der Walderdbeere eine zweite Bedeutung beigemessen. Sie ist die Pflanze mit den rosenförmigen Blüten, die keine Dornen ausbildet, deren Beeren ohne Kern und Schale sind, die gleichzeitig fruchtet und blüht. Sie wurde daher zum Sinnbild der Rechtschaffenheit und zur Begleitpflanze von Maria auf mittelalterlichen Tafelgemälden. Wenn daher auf einem Gemälde der christlichen Kunst eine blühende Erdbeerpflanze auftaucht, ist sie außerdem als Allegorie frommer und guter Gedanken zu verstehen.
Literatur
- Detlev Arens: Sechzig einheimische Wildpflanzen in lebendigen Porträts. Köln 1991.
- Marianne Beuchert: Symbolik der Pflanzen – Von Akelei bis Zypresse. Frankfurt am Main 1995.
- Esther Gallwitz: Kleiner Kräutergarten. Kräuter und Blumen bei den Alten Meistern im Städel. Insel, Frankfurt am Main 1996, ISBN 3-458-33518-8.
- Heinz-Dieter Krausch: Kaiserkron und Päonien rot … – Entdeckung und Einführung unserer Gartenblumen. Dölling und Galitz, Hamburg 2003, ISBN 3-935549-23-7.
- Angelika Lüttig, Juliane Kasten: Hagebutte & Co. Blüten, Früchte und Ausbreitung europäischer Pflanzen. Fauna, Nottuln 2003, ISBN 3-935980-90-6.
Einzelnachweise
- ↑ Günter Staudt: Les dessins d'Antoine Nicolas Duchesne pour son Histoire naturelle des fraisiers. Muséum Nat. d'histoire Naturelle, Paris, 2003
- ↑ Brigitte Wachsmuth Annotated List Alpine, Wild, and Musk Strawberry Varieties Currently in Cultivation
- ↑ 3,0 3,1 Max Wichtl (Hrsg.), Franz-Christian Czygan: Teedrogen und Phytopharmaka: Ein Handbuch für die Praxis auf wissenschaftlicher Grundlage. 2. Auflage. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 1989, ISBN 3-8047-1009-3
- ↑ Bundesanzeiger Nr. 22a vom 1. Februar 1990