Gartenerdbeere
Die Gartenerdbeere (Fragaria × ananassa, Syn. Fragaria × magna), Ananas-Erdbeere oder auch Kulturerdbeere ist die Nutzpflanze aus der Gattung der Erdbeeren. Die Vorläufer dieser Züchtung stammen vom amerikanischen Kontinent.
Abstammung
Die Gartenerdbeere entstand im 18. Jahrhundert in Europa aus der Kreuzung der beiden amerikanischen Erdbeerarten Fragaria chiloensis (Chile-Erdbeere) und Fragaria virginiana (Scharlacherdbeere). Sie ist genau wie ihre Stammarten oktoploid (8n=56). Der Chromosomensatz hat die Zusammensetzung AAA'A'BBB'B', wobei die A-Chromosomensätze den Chromosomensätzen der Walderdbeere ähneln und die B-Chromosomensätze Verwandtschaft mit der Fragaria iinumae erkennen lassen. Wann und wo die Oktoploidie der Ausgangsarten entstand, ist unbekannt.
Aus der Urform der Gartenerdbeere wurden viele Sorten gezüchtet. Fragaria × vescana etwa ist eine Kreuzung der Gartenerdbeere mit der Walderdbeere mit zehnfachem Chromosomensatz.
Anbau
Der kommerzielle Anbau in Deutschland begann um das Jahr 1840 in Staufenberg in der Nähe von Baden-Baden. Etwa 1.000 Sorten stehen den Anbaubetrieben zur Verfügung, nur wenige entsprechen jedoch den Anforderungen des Handels, der Wert auf große und ansehnliche Früchte legt, die transportfähig und nur wenig anfällig gegenüber Grauschimmelfäule sind.
Der kommerzielle Anbau von Erdbeeren im Freiland erfolgt auf zwei Arten: Anbau mit Mulchfolie (mit oder ohne Damm) und Anbau mittels Strohabdeckung. Die Abdeckung des Bodens dient dazu, die Verschmutzung der Früchte zu verhindern. Die verschiedenen Kulturformen bewirken in Relation zur allmählich ansteigenden Bodenerwärmung gestaffelte Erntezeiten, was aus wirtschaftlicher Sicht von Bedeutung ist.
In den letzten Jahrzehnten verbreitete sich auch zunehmend der Anbau der Erdbeere in Substrat auf Stellagen unter Glas oder Folie. Dies ermöglicht bis zu drei Ernten im Jahr und reduziert den Hauptkostenfaktor Arbeit. Außerdem können die Erdbeeren nicht verschmutzt werden und auf Grund des Daches ist der Pilzdruck geringer.
Die Haupternte der Erdbeeren findet in Mitteleuropa in den Monaten Mai und Juni statt. Die bei Hobbygärtnern beliebte sogenannte Monatserdbeere blüht und fruchtet von Mai bis Oktober und wird deshalb auch als „immertragende“ Erdbeere bezeichnet. Früchte, die weite Transportwege zurückgelegt haben, sind fast ganzjährig im Handel erhältlich. Im Herbst und Winter kommen frische Erdbeeren aus Israel, Ägypten und Übersee zu uns, ab Februar aus Spanien und Marokko, ab März aus Italien und Frankreich.
Sorten
Im Anbau befinden sich über einhundert Sorten, von denen etwa dreißig im Erwerbsobstbau Bedeutung haben. Man unterscheidet einmal- und immertragende (z. B. 'Elan') Sorten. Letztere können über mehrere Jahre geerntet werden.
Zu den besonders bei Hobby-Gärtnern beliebten Sorten – häufig handelt es sich dabei um Kreuzungen mit der Gartenerdbeere – gehören „Hänge-Erdbeeren“, bodendeckende Sorten wie 'Florika' oder 'Rügen' und „Klettererdbeeren“, die an Zäunen aufgebunden wachsen können. Auch „Erdbeerbäumchen“ werden heute angeboten.
Die Hauptsorten im konventionellen Anbau in Deutschland sind:
- 'Honeoye': früh, Frucht dunkelrot glänzend, stumpfkegelförmig, guter, etwas säuerlicher Geschmack, bei schwülheißer Witterung, starkem Behang und viel Blattmasse auch bittere Früchte, anfällig für Wurzelkrankheiten, hohe Erträge
- 'Clery': früh, hell, guter, etwas flacher Geschmack, da sehr wenig Säure, wenig Ertrag
- 'Darselect': früh bis mittelfrüh, Frucht mittelrot und kegelförmig, sehr guter Geschmack, insbesondere bei hohen Tagestemperaturen, sehr anfällig für Blütenfrost und Mehltau, mittlerer Ertrag
- 'Elsanta': Hauptsorte; mittelfrüh, Frucht hell(orange-)rot, breitkegelförmig, guter bis sehr guter Geschmack, bei regnerischer Witterung etwas wässrig, gut haltbar, Pflanze anfällig für Wurzelkrankheiten, hoher bis sehr hoher Ertrag (bis über 30 t/ha)
- 'Sonata': Reifezeit etwa 2 Tage nach Elsanta mit etwas kräftigerer Fruchtfarbe. Geschmack teilweise besser als Elsanta mit etwas mehr Säure und Aroma. Fruchthaut etwas weicher. Kaum Krüppelfrüchte. Relativ neue Sorte mit bereits großen Flächenanteilen im Erwerbsanbau. Sehr anfällig für Rhizomfäule.
- 'Lambada': früh bis mittelfrüh, der Geschmack dieser Sorte wird immer wieder gelobt. Leider ist ihr Ertrag nur mittelmäßig (1,5 kg Ertrag Hkl 1 pro m[1]) und sie ist sehr anfällig für Mehltau.
- 'Korona': mittelfrüh, Frucht rot bis dunkelrot, anfangs groß, im Ernteverlauf klein werdend, sehr weich, deshalb nur als Selbstpflücksorte verbreitet, Geschmack sehr gut, anfällig für Fruchtfäulen, hoher Ertrag
- 'Florence': spät, Frucht regelmäßig kegelförmig, mittelrot, teilweise mit bräunlichem bis violetten Schimmer, Geschmack gut, aber von Frucht zu Frucht unterschiedlich, Ertrag sehr hoch
- Ananaserdbeere: eine weiße Erdbeere mit roten Nüsschen und leichtem Ananas-Geschmack
Folgende Sorten haben in der Vergangenheit einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt, wurden aber von neueren Sorten verdrängt. Sie werden heute fast nur noch in Hausgärten angebaut:
- 'Senga Sengana': mittelfrüh reifend mit mittelgroßen, dunkelroten Früchten – eine bewährte Sorte mit besten Eigenschaften zum Einkochen und Einfrosten
- 'Mieze Schindler': Spätsorte mit kleinen, dunkelroten, hocharomatischen Früchten
- 'Tenira': Spätsorte mit intensiv roten und großen Früchten
- 'Elvira': große, sattrote Beeren, reift früh
Neue Erdbeersorten werden im deutschsprachigen Raum von verschiedenen Züchtern selektiert und selbst oder in Lizenz vermehrt. Dabei sind Geschmack, Krankheitsresistenz, Fruchtfestigkeit und Ertrag die wichtigsten Selektionskriterien.
Standortanforderungen
Für ein gesundes Gedeihen benötigen Erdbeeren einen vollsonnigen und windgeschützten Standort. Da die Blüten sich nach dem Ende der Kälteperiode entwickeln, sind sie durch Spätfrost stark gefährdet.
Optimale Bedingungen für Erdbeeren bietet ein tiefgründiger und gut durchlässiger Boden. Er sollte humus- und nährstoffreich sein. Besonders förderlich ist ein leicht saurer Boden mit einem pH-Wert zwischen 5,5 und 6,5.
Das Wurzelwerk der Erdbeere ist sehr empfindlich und kann von verschiedenen bodenbürtigen Pilzen befallen werden. Auf nassen oder zu Staunässe neigenden Böden sollten keine Erdbeeren angebaut werden, weil die Wurzeln dann häufig von der roten Wurzelfäule (Phytophthora fragariae) befallen werden. Fast alle gängigen Sorten sind außerdem anfällig bis sehr anfällig für Verticillium-Welke, die bei Erdbeeren durch den Pilz Verticillium dahliae hervorgerufen wird. Flächen, auf denen schon einmal Kartoffeln gestanden haben, sind mit großer Wahrscheinlichkeit mit Verticillium-Mikrosklerotien besetzt und deshalb ungeeignet. Auf Parzellen, auf denen schon häufiger Erdbeeren gestanden haben, muss man mit einem Befall von Rhizomfäule (Phytophthora cactorum) oder schwarzer Wurzelfäule, verursacht durch verschiedene Bodenpilze, rechnen.[2][3]
Einige kleinwüchsigere Erdbeersorten eignen sich auch für sonnige Balkone.
Auf Grund ihrer Wechselwirkungen, die von der Allelopathie erforscht werden, vertragen sich nebeneinander wachsende Pflanzen je nach Kombination unterschiedlich gut. Borretsch, Buschbohne, Knoblauch, Kopfsalat, Radieschen, Schnittlauch, Spinat, Zwiebeln und Porree sind gut mit der Gartenerdbeere kombinierbar. Ein schlechter Nachbar ist Kohl.
Verwendung
Erdbeeren sind pflückreif und genießbar, wenn mindestens zwei Drittel der Fruchtoberfläche rot gefärbt sind. Ihr voller Geschmack entwickelt sich jedoch nur, wenn sie ausgereift gepflückt werden. Zu einer Nachreife kommt es bei Erdbeeren nicht. Idealerweise werden sie unmittelbar nach dem Pflücken verzehrt. Erdbeeren sind nur eingeschränkt transportfähig, da sie sehr druckempfindlich und anfällig für Schimmelpilze sind. Im Kühlschrank können sie bei zwei bis 6 Grad Celsius etwa ein bis zwei Tage gelagert werden. Bei Temperaturen zwischen 0 und zwei Grad sind sie bis zu fünf Tage haltbar.
Zu ihrer Verarbeitung werden sie gewaschen, bevor Stiele und Blätter entfernt werden, da der Kontakt mit Wasser dazu führt, dass sie Aroma verlieren. Werden sie mit Zucker bestreut, darf das erst kurz vor dem Servieren geschehen, da sie dadurch sehr viel Saft verlieren und weich werden.
Eine große Rolle spielen Erdbeeren bei der Herstellung von Konfitüren. Zu den klassischen Kombinationen gehören Süßspeisen, bei denen Rhabarber und Erdbeeren gemeinsam verarbeitet werden.
Eine weitere, sowohl kommerziell als auch privat betriebene Verarbeitung besteht in der Herstellung von Erdbeerwein.
Inhaltsstoffe
Erdbeeren enthalten mehr Vitamin C als Orangen und Zitronen. Darüber hinaus sind sie reich an Folsäure, Kalzium, Magnesium und Eisen. Weil Erdbeeren sehr kalorienarm sind, gelten sie als „Schlankmacher“.
100 g Erdbeeren enthalten: | |||||||
kcal | kJoule | Wasser | Fett | Kalium | Calcium | Magnesium | Vitamin C |
32 | 134-136 | 90 g | 0,4 g | 147 mg | 26 mg | 15 mg | 64 mg |
Deckung des Tagesbedarfes eines Erwachsenen (bezogen auf 100 g Erdbeeren) | |||
Kalium | Calcium | Magnesium | Vitamin C |
7 % | 3 % | 5 % | 87 % |
Natürliches Erdbeeraroma
In sehr vielen Lebensmittelprodukten mit Erdbeergeschmack, wie beispielsweise Erdbeerjoghurt oder Erdbeerfrüchtetee, wird aus Kosten- und Geschmacksintensivierungsgründen der Geschmack durch beigemischte Aromen verstärkt. Aromazubereitungen mit Erdbeergeschmack können mit unterschiedlichen Verfahren hergestellt werden.„Natürliches Aroma“, das nach Erdbeeren riecht und schmeckt, muss im Sinne des Gesetzes nicht aus Erdbeeren gewonnen werden. Als „natürliche Aromen“ dürfen laut Aromaverordnung alle solche bezeichnet werden, bei denen „die aromatisierenden Bestandteile des Aromas ausschließlich aus natürlichen Aromastoffen oder Aromaextrakten bestehen“ – also aus einem beliebigen biologischen Organismus. Erdbeeren oder Erdbeerfruchtzubereitungen (Fruchtmischung mit geringem Erdbeeranteil) werden häufig nur in geringer Menge zugesetzt oder komplett durch Trägerstoffe mit Aromen ersetzt. Das kann der Zutatenliste entnommen werden.
Erdbeeraroma kann auch als Extrakt aus Erdbeerfrüchten gewonnen werden. Es besteht aus mehr als 300 Komponenten, unter denen sich über 90 Carbonsäureester, 30 Carbonsäuren, zirka 20 Acetale, zirka 40 Alkohole sowie Ketone, Aldehyde, Kohlenwasserstoffe und selbst einige Schwefelverbindungen befinden. Hauptkomponenten sind 4-Hydroxy-2,5-dimethyl-3(2H)-furanon, Decano-4-lacton, (E)-Hex-2-en-1-ol, (E)-Hex-2-en-1-al, Hex-2-en-1-ylacetat, Linalool, Methylanthranilat, Buttersäureethylester und Hexansäureethylester.[6] Ein Beispiel für eine künstlich hergestellte Substanz mit starkem Erdbeeraroma ist der „Erdbeeraldehyd“ (Ethyl-methylphenylglycidat, 2,3-Epoxy-3-methyl-3-phenylpropansäure-ethylester), der fälschlicherweise als Aldehyd bezeichnet wird.
Die Anbauflächen von Erdbeeren müssten erheblich ausgeweitet werden, wenn ausschließlich echte Erdbeeren anstatt Aromazubereitungen für die Lebensmittelproduktion verwendet werden sollen.
Quellen
- ↑ Versuche im Deutschen Gartenbau 2000 - Gartenbauzentrum Köln-Auweiler, Landwirtschaftskammer Rheinland
- ↑ W.-D. Naumann, D. Seipp: Erdbeeren: Grundlagen für Anbau und Vermarktung. Ulmer Stuttgart 1989, ISBN 3-8001-5531-1, S. 182–186
- ↑ J.F. Hancock: Strawberries. CABI Publ. Oxon 1999, ISBN 0-85199-339-7, S. 169–171
- ↑ EU Nährwertkennzeichnungsrichtlinie (EU NWKRL 90/496/EWG) & Rewe Nährwerttabelle
- ↑ EU Nährwertkennzeichnungsrichtlinie (EU NWKRL 90/496/EWG)
- ↑ Thieme Chemistry (Hrsg.): RÖMPP Online – Version 3.20. Georg Thieme Verlag KG, Stuttgart 2012.
Literatur
- Gabriele Lehari: Erdbeeren. Sorten und Anbau. Ulmer, Stuttgart 2002, ISBN 3-8001-3822-0.
- Wilhelm Kolbe: Zur Kunst- und Kulturgeschichte der Erdbeere, Kolbe, Burscheid 2006, ISBN 978-3-929760-16-3.
- Wolf-Dietrich Naumann, Dankwart Seipp: Erdbeeren. Grundlagen für Anbau und Vermarktung. In: Ulmer-Fachbuch. Obstbau, Ulmer, Stuttgart 1989, ISBN 3-8001-5531-1.