Dicke Eiche bei Airlenbach


Geteilter Stamm von Norden gesehen

Die Dicke Eiche bei Airlenbach (auch Siegfriedeiche genannt) ist ein Naturdenkmal, welches am Ortsrand von Airlenbach, einem Ortsteil von Beerfelden, auf etwa 340 Meter über Normalnull im Odenwald steht. Die Stieleiche (Quercus robur) befindet sich neben einer Straßenkreuzung auf einer leicht ansteigenden Wiese mit dem Kriegerdenkmal des Ortes. Am 3. Dezember 2012 wurde die Dicke Eiche aus Sicherheitsgründen bis auf einen knapp fünf Meter hohen Stumpf gekappt, der konserviert werden soll, um die Erinnerung an eines der bekanntesten Naturdenkmale des Odenwaldes zu erhalten.

Beschreibung

Eiche um 1899 – Lithografie von Albert Hartmann

Die Eiche befindet sich in einem schlechten Zustand und ist weitgehend abgestorben. Der Stamm ist völlig ausgehöhlt, gespalten und nach oben hin offen. Der Hohlraum hat einen Durchmesser von 1,8 Metern.[1] Zusammengehalten wird der Stamm durch Eisengurte, die um ihn herum führen, und Stangen. Der Stamm ist bis auf kleine Stellen auf der Nordseite völlig ohne Rinde. Die Eiche hatte einstmals drei stammartige Äste, wobei der unterste, der seitlich auslud, schon längere Zeit fehlt. Die beiden anderen Starkäste gabeln sich in etwa vier Meter Höhe auf und streben senkrecht nach oben, wobei jeder Ast auf einer Stammhälfte sitzt. Einer der Äste wurde vor Jahren gekappt und ist ebenfalls tot. Der letzte verbliebene Ast steigt in eine Höhe von insgesamt 24 Meter auf und bildet eine kleine, sechs Meter im Durchmesser messende Krone, die jährlich ergrünt.[2] Beide Äste sind ebenfalls bis auf kleine Bereiche ohne Rinde. Sie sind durch Stahlseile miteinander verbunden. Der ganze Baum wird mittels mehrerer Stahlseile durch eine andere, hangaufwärts gelegene Eiche gehalten, damit er nicht umstürzt. Vor etwa 100 Jahren zeigte die Eiche einen guten Zustand. Über die Eiche heißt es im Jahre 1904:

„Der mehr ovale Stamm hat einen Umfang von ungefähr 7,5 m. Dieser mächtige Stamm trägt eine riesige Krone, deren gewundenes, knorriges, zackiges Geäst zu einer Gesamthöhe von über 35 m sich erhebt. Die wohl sechs Jahrhunderte, welche an dieser Riesen-Eiche vorübergezogen sind, haben nur wenige Spuren hinterlassen, namentlich dem Stamme vermochten sie nichts anzuhaben.“

Bemerkenswerte Bäume im Großherzogtum Hessen.
Stamm von Südwesten gesehen

Das Alter der Eiche wird mit 800 bis 1000 Jahren angegeben[1], was allerdings wohl etwas zu hoch sein dürfte. Der Stammumfang wird mit 8,6 Metern angegeben.[1] Hans Joachim Fröhlich – Initiator des Kuratoriums Alte liebenswerte Bäume in Deutschland e.V. – gab für die Eiche im Jahre 1990 ebenfalls ein Alter von 800 bis 1000 Jahren an, bei einem Stammumfang in 1,3 Meter Höhe von 8,4 Metern.[3] Das Deutsche Baumarchiv nennt für die Eiche ein Alter von 320 bis 430 Jahren.[4]

Messungen im Jahre 2008 an der Stelle des geringsten Umfanges (Taille) ergaben 8,15 Meter. In einem Meter Höhe betrug der Stammumfang 8,30 Meter. Mit diesen Maßen liegt die Eiche nach dem Deutschen Baumarchiv, dem der Stammumfang in einem Meter Höhe als wichtigstes Auswahlkriterium dient, über dem unteren Grenzwert, der national bedeutsamen Bäume (NBB).

Geschichte

Die Eiche sollte im Jahre 1890 beim Ausbau der Landstraße L3120 Beerfelden–Affolterbach gefällt werden, was jedoch unterblieb.[5] Sie wurde 1922 saniert und der hohle Stamm nach dem damaligen Verständnis für Baumsanierungen ausgemauert, was im Jahre 1933 wiederholt wurde.[1] Der Fabrikant Carl Freudenberg aus Weinheim ließ 1958 zu seinem 70. Geburtstag die Eiche aus Zuneigung komplett konservieren. Die Arbeiten übernahm der Baumpfleger Michael Maurer. Die Gemeinde ließ aus Dankbarkeit am 29. März 1958 eine Tafel anbringen, die heute allerdings nicht mehr vorhanden ist:

Ansicht von der Straße aus
Baum des Odenwaldes
Höhe: 30 m
Durchmesser: 2,70 m
Umfang: 8,60 m
Alter: ca. 800 Jahre
Zum 70. Geburtstag des Herrn Karl
Freudenberg, Weinheim, instandge-
setzt durch seine Belegschaft am
29. März 1958.

Erzählungen

Einer Sage zufolge soll die Eiche aus einer Eichel gewachsen sein, die vom jungen Siegfried eigenhändig in den Boden gesteckt worden ist. Einer anderen Erzählung nach soll Siegfried sich bei der Jagd darunter ausgeruht haben. Auch in einer weiteren Sage um Siegfried von Xanten taucht die Eiche auf. Siegfried soll demnach an der Stelle der Eiche bei der Jagd einen großen Auerochsen erlegt haben, aus dessen Blut die Eiche entstanden ist.[6] Die Eiche soll schon kräftig gewesen sein, als die ersten Menschen in den Odenwald kamen, um sich dort anzusiedeln.[7] Die Eiche wird auch mit einem Volkslied in Verbindung gebracht.[6] Bei Es steht ein Baum im Odenwald aus dem Jahre 1781 von Johann Friedrich Reichardt soll es sich um die Dicke Eiche handeln.[8]

Einzelnachweise

  1. 1,0 1,1 1,2 1,3 Hartwig Goerss: Unsere Baumveteranen. Landbuch, Hannover 1981, ISBN 3-7842-0247-0, S. 96.
  2. Dicke Eiche. ein-stueck-natur-online.de, abgerufen am 6. Juli 2008.
  3. Hans Joachim Fröhlich: Band 1, Hessen. In: Wege zu alten Bäumen. WDV-Wirtschaftsdienst, Frankfurt 1990, ISBN 3-926181-06-0, S. 161.
  4. Bernd Ullrich, Stefan Kühn, Uwe Kühn: Unsere 500 ältesten Bäume: Exklusiv aus dem Deutschen Baumarchiv. BLV Buchverlag GmbH & Co. KG, München 2009, ISBN 978-3-8354-0376-5, S. 155.
  5. Dicke Eiche. Beerfelden.de, abgerufen am 6. Juli 2008.
  6. 6,0 6,1 Folge 37 – Versoffene Jungfer. hr-online.de, abgerufen am 6. Juli 2008.
  7. Historisches Airlenbach. Beerfelden.de, abgerufen am 6. Juli 2008.
  8. Es steht ein Baum im Odenwald. Volkslieder Verzeichnis, abgerufen 3. April 200.

Literatur

  • Bernd Ullrich, Stefan Kühn, Uwe Kühn: Unsere 500 ältesten Bäume: Exklusiv aus dem Deutschen Baumarchiv. BLV Buchverlag GmbH & Co. KG, München 2009, ISBN 978-3-8354-0376-5, S. 155.
  • Hans Joachim Fröhlich: Band 1, Hessen. In: Wege zu alten Bäumen. WDV-Wirtschaftdienst, Offenbach 1990, ISBN 3-926181-06-0, S. 161–162.
  • Hartwig Goerss: Unsere Baum-Veteranen. Landbuch, Hannover 1981, ISBN 3-7842-0247-0, S. 96.
  • ADAC Verlag (Hrsg.): Der Große ADAC Natur-Reiseführer Deutschland. ADAC Verlag, Turnhout/Belgien 1991, ISBN 3-87003-390-8, S. 575.
  • Großherzoglichen Ministerium der Finanzen Abt. für Forst- und Cameralverwaltung (Hrsg.): Bemerkenswerte Bäume im Großherzogtum Hessen in Wort und Bild. 1904.

Siehe auch

Weblinks

Koordinaten: 49° 34′ 58,4″ N, 8° 56′ 28,4″ O

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