Stieleiche
Stiel-Eiche | ||||||||||||
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Stiel-Eiche (Quercus robur) | ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
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Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Quercus robur | ||||||||||||
L. |
Die Stieleiche (Quercus robur, Syn.: Quercus pedunculata), auch Sommereiche oder Deutsche Eiche genannt, ist eine Laubbaum-Art aus der Gattung der Eichen (Quercus) in der Familie der Buchengewächse (Fagaceae). Um ihre Zugehörigkeit zur Gattung der Eichen zu betonen, ist in der Botanik die Bindestrichschreibweise Stiel-Eiche üblich. Die Stieleiche ist "Baum des Jahres" 1989.
Verbreitung
Die Stieleiche ist die in Mitteleuropa am weitesten verbreitete Eichen-Art. Sie kommt in fast ganz Europa vor. Sie fehlt nur im Süden der Iberischen Halbinsel, auf Sizilien, im Süden Griechenlands, im nördlichen Skandinavien und in Nordrussland. Gegenüber der Traubeneiche reicht ihr Verbreitungsgebiet weitaus weiter in den Osten, da sie kontinentales Klima wesentlich besser verträgt. Die Verbreitung der Stieleiche reicht in den Bayerischen Alpen bis auf 1000 Meter über Normalnull.
Am besten entwickelt sich die Stieleiche auf nährstoffreichen, tiefgründigen Lehm- und Tonböden. Sie kann auf Grund ihrer großen Wurzelenergie aber auch wechselfeuchte bis nasse Pseudogley- und Gleyböden besiedeln. Die lichtbedürftige Stieleiche wird in Mitteleuropa auf normalen Standorten von der schattentoleranten, konkurrenzstarken Rotbuche verdrängt. Sie ist deshalb nur auf Sonderstandorten bestandsbildend, d. h. in den periodisch überfluteten Hartholzauwäldern der großen Ströme, auf strengen Tonböden in Eichen-Hainbuchenwäldern sowie auf nährstoffarmen, trockenen Sandböden in Eichen-Birkenwäldern und Eichen-Kiefernwäldern. Im Osten des Verbreitungsgebietes kommt die Rotbuche aufgrund der Spätfrostgefahr nicht mehr vor, so dass dort Stieleichen zusammen mit Hainbuche, Waldkiefer und Sandbirke die natürliche Waldgesellschaft bilden.
Viele Eichenwälder in Mitteleuropa sind anthropogenen Ursprungs. Es sind durchgewachsene Mittelwälder, da die Stieleiche das periodische auf den Stock setzen besser verträgt als die Rotbuche. Auch wurden die Eichen wegen ihres wertvollen Holzes und ihrer als Viehfutter nützlichen Früchte schon historisch gezielt gefördert.
Erdgeschichtlich sind Eichen bereits aus dem Tertiär nachgewiesen. Sie finden sich fossil schon vor 12 Millionen Jahren, etwa in Sedimenten des Tagebaus Hambach im Rheinland.
Krankheiten und Schädlinge
- Mehltau
- Blattflecken (Septoria spp.)
- Blattbräune (Apiognomonia quercina)
- Gallmücken (Macrodiplosis volvens KFFR.)[1]
- Phytophthora spp.
- Hallimasch (Armillaria spp.)
- Spindeliger Rübling (Collybia fusipes)
- Zweipunktiger Eichenprachtkäfer (Agrilus biguttatus) [2]
Beschreibung
Die Stieleiche ist ein 20 bis 40 Meter hoher Baum und erreicht einen Stammdurchmesser bis drei Meter. Ihr Höchstalter liegt bei 500 bis 1000 Jahren, in Ausnahmefällen bis zu 1400 Jahren. Ihre Rinde ist in der Jugend glatt und schwach grau-grün glänzend, später wird eine dicke, tief längsrissige, graubraune Borke gebildet. Die Knospen sind stumpf, eiförmig und sitzen gehäuft an den Triebenden. Die wechselständigen, ledrigen Blätter sind nur kurz gestielt und werden 10 bis 15 Zentimeter lang. Sie sind oberseits tiefgrün glänzend, auf der Unterseite heller und in fünf bis sechs Buchten gelappt. Die Stieleiche ist einhäusig getrenntgeschlechtig. Die Fähigkeit, keimbare Eicheln zu bilden, erreicht sie ungefähr im Alter von 60 Jahren. Sie blüht von April bis Mai, die Eicheln reifen von September bis Oktober. Die Eicheln sitzen zu dritt bis fünft an 1,5 bis 4 Zentimeter langen Stielen (daher der Name Stieleiche) und werden bis 3,5 Zentimeter lang. Die Eicheln dienen verschiedenen Tieren als Nahrung und werden von ihnen verbreitet. Vor allem der Eichelhäher sorgt durch Anlage von Nahrungsdepots für die Verbreitung der Stieleiche (Hähersaaten). Die Stieleiche bildet eine kräftige Pfahlwurzel; dank ihren Wurzeln ist sie äußerst sturmfest. Sie kann mit ihren Wurzeln auch stark verdichtete Böden erschließen, um tiefliegendes Grundwasser zu erreichen.
Unterschiede zur Traubeneiche
Die Stieleiche und die Traubeneiche ähneln sich sehr. Viele Systematiker und Genetiker sehen in der Traubeneiche nur eine Standortsrasse der Stieleiche. In der Verbreitung und der Morphologie gibt es jedoch einige Unterschiede: Die Stieleiche kommt vor allem in den Tiefebenen und den Auwäldern vor. Ihre Früchte sitzen zu wenigen an langen Stielen. Die Blätter sind nur kurz gestielt. Die Blattbasis ist herzförmig und geöhrt. Im mittleren Spreitenbereich der Blätter enden die Seitennerven auch in den Buchten. Die Knospen der Traubeneiche sind etwas schlanker als bei der Stieleiche.
Nutzung
Die Stieleiche ist ein ringporiger Kernholzbaum. Der gelblich-weiße Splint ist verhältnismäßig schmal ausgebildet, das Kernholz hat eine hell- bis dunkelbraune Farbe. Die mittlere Rohdichte beträgt 0,65 (0,39 bis 0,93) Gramm pro Kubikzentimeter. Das Eichenholz ist hart, zäh, sehr dauerhaft und gut zu bearbeiten. Es ist sehr vielseitig verwendbar: als Bauholz, im Wasserbau, für Eisenbahnschwellen und für Pfähle und Masten. Im Innenausbau eignet es sich als Parkett, für Treppen und als Möbelholz. Hochwertiges Eichenholz wird als Furnier verarbeitet oder zum Fassbau verwendet. Die Stieleiche liefert auch ein hervorragendes Brennholz.
Früher war die Nutzung der Eicheln als Futter für die Schweine und das Wild genauso wichtig wie die Holznutzung. Die durch Bitterstoffe für den Menschen ungenießbaren Eicheln sind sehr nahrhaft und enthalten bis zu 38 % Stärke. Die Schweine wurden in die Eichenwälder getrieben und in guten Samenjahren mit den Eicheln gemästet. Aus dieser Zeit stammt der Spruch Auf den Eichen wächst der beste Schinken. Für Rinder und Pferde sind Eicheln und Eichenlaub aufgrund des hohen Gerbstoffgehalts schädlich.[3]
Eine weitere Nutzung war die der Rinde als Gerberlohe. Dazu wurde die Stieleiche als Niederwald, so genannte Lohhecken, bewirtschaftet, alle 15 bis 20 Jahre geerntet, die Stämme geringelt und die Rinde abgeschält. Die getrocknete Rinde hat einen Gerbsäureanteil von 8 bis 20 %.
Arzneipflanze
Als Droge dienen die getrocknete Rinde der jungen Zweige und Stockausschläge. Die pharmazeutische Drogenbezeichnung lautet Quercus cortex (lat. für Eichenrinde; alt: Cortex Quercus).
Die Rinde enthält zumeist 10 % (bis 20 %[3]) Gerbstoffe, wobei es sich in erster Linie um Catechingerbstoffe (oligomere Proanthocyanidine) handelt[4]. Das Europäische Arzneibuch (Ph. Eur.) berechnet die Catechine als Pyrogallol und fordert einen Mindestgehalt von 3 %.[5] Daneben kommen auch Ellagitannine oder komplexe Gerbstoffe[4], z.B. Flavanoellagitannine sowie Quercitol und Triterpene vor. In den Blättern sowie in noch grünen Früchten liegen Gerbstoff in einem Gehalt von bis zu 15 % vor.[3]
Äußerlich kommen Vollbäder oder Umschläge mit Zubereitungen aus Eichenrinde zur Anwendung, vor allem bei entzündlichen Hautleiden (nicht bei nässenden Ekzemen/ großflächigen Hautschäden). Lokale Anwendungsgebiete von Eichenrinde sind leichte Entzündungen im Mund- und Rachenraum sowie im Genital- und Analbereich. Innerlich wird Eichenrinde bei unspezifischen, akuten Durchfallerkrankungen angewandt[4][5], etwa als Teezubereitung.
Zuchtformen
Es folgt eine Auswahl von Zuchtformen der Stieleiche:
- Gold-Eiche (Q. robur 'Concordia'): 1843 ist sie in Belgien entstanden; der Blattaustrieb ist goldgelb, die Belaubung sommers gelblichgrün. Diese Form wird seltener gepflanzt und kann etwa 13 Meter hoch werden.
- Pyramiden-Eiche (Q. robur 'Fastigiata'): Sie wächst wie eine Pyramidenpappel sehr straff aufrecht und sehr schmal. Der Baum kann 20 bis 25 Meter Höhe und 1 Meter Stammdurchmesser erreichen. In größeren Parks und formalen Gärten häufig zu sehen. Bekannteste Vertreterin ist die Schöne Eiche bei Harreshausen.
- Q. robur 'Filicifolia': Die Belaubung ist der von ‚Pectinata‘ ähnlich, jedoch sind die Lappen sehr schlank und haben einen gekräuselten Rand.
- Q. robur 'Pectinata': Sie hat tief eingeschnittene Blätter; die Lappen sind gerade und nicht gekräuselt.
Quellen
- ↑ http://www.baumportal.de/Stieleiche.htm
- ↑ http://www.wsl.ch/fe/walddynamik/waldschutz/pilze/eichensterben.pdf
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Roth, Daunderer & Kormann: Giftpflanzen, Pflanzengifte, NIKOL Verlag, 5. Aufl., 2008. ISBN 978-3-86820-009-6.
- ↑ 4,0 4,1 4,2 Holm & Herbst: Botanik und Drogenkunde, DAV, 9. Aufl., 2010. ISBN 978-3-7692-5240-8.
- ↑ 5,0 5,1 Bettina Rahfeld: Mikroskopischer Farbatlas pflanzlicher Drogen, Spektrum Akademischer Verlag, 2009. ISBN 978-3-8274-1951-4.
Literatur
- Joachim Krahl-Urban: Die Eichen. Forstliche Monographie der Traubeneiche und der Stieleiche. Parey, Hamburg/Berlin 1959.
- Heinrich Spiecker: Zur Steuerung des Dickenwachstums und der Astreinigung von Trauben- und Stieleichen (Quercus petraea (Matt.) Liebl. und Quercus robur L.). Schriftenreihe der Landesforstverwaltung Baden-Württemberg, Band 72. Forstliche Versuchs- und Forschungsanstalt, Freiburg im Breisgau 1991.
- Gregor Aas: Untersuchungen zur Trennung und Kreuzbarkeit von Stiel- und Traubeneiche (Quercus robur L. und Quercus petraea (Matt.) Liebl.). Dissertation. München 1989.
- Dietrich Frohne: Heilpflanzenlexikon. 8. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsanstalt, Stuttgart 2006, ISBN 3-8047-2316-0.
- K.Hiller, M.F.Melzig: Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen. 2. Auflage. Spektrum Akademischer Verlag, 2010, ISBN 978-3-8274-2053-4.
- H. Wachter: Die Stieleiche (Quercus robur L.) slawonischer Herkunft in Westfalen und am Niederrhein. Verlag Kessel www.verlagkessel.de 2011, ISBN 978-3-941300-42-2
Filmdokumentation
- Der Baum der Bäume. Geheimnisvolle Reise in die Welt der Eichen, TV-Dokumentation von Herbert Ostwald, Deutschland 2004.
Weblinks
- Beschreibung der Stiel-Eiche bei Baumkunde.de
- Die Stieleiche - Baum Des Jahres 1989 bei Kuratorium Baum des Jahres e. V.
- Artikel zur Spezies bei Stiftung Unternehmen Wald
- Die Stieleiche in der deutschen und pfälzischen Volkskunde bei heimat-pfalz.de