Europasaurus
Europasaurus | ||||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
Lebendrekonstruktion eines Jungtiers und eines adulten Exemplars von E. holgeri. Im Hintergrund ziehen Iguanodontiden vorbei. | ||||||||||||
Zeitliches Auftreten | ||||||||||||
Oberer Jura (Kimmeridgium) | ||||||||||||
ca. 154 Mio. Jahre | ||||||||||||
Fundorte | ||||||||||||
| ||||||||||||
Systematik | ||||||||||||
| ||||||||||||
Wissenschaftlicher Name | ||||||||||||
Europasaurus | ||||||||||||
Mateus, Laven, & Knötschke vide Sander, 2006 | ||||||||||||
Art | ||||||||||||
|
Europasaurus („Echse aus Europa“) ist eine Gattung der sauropoden Dinosaurier und wird innerhalb dieses Taxons zu den ursprünglichen Macronaria gestellt. Die einzige bekannte Art E. holgeri, war für einen Sauropoden ungewöhnlich klein und lebte auf einer der Paläo-Inseln am südlichen Rand des Niedersächsischen Beckens in der späten Jurazeit (mittleres Kimmeridgium) Norddeutschlands.
Fundgeschichte
Lage von Goslar |
Die bisher gefundenen Fossilien stammen von mehr als elf Individuen aller Entwicklungsstadien (juvenil, sub-adult, adult) mit Körperlängen zwischen 1,7 und 8 Metern aus dem Steinbruch Langenberg bei Oker, einem Stadtteil von Goslar (Niedersachsen), am nördlichen Rand des Harzes. Die dort anstehenden marinen Karbonatgesteine stammen aus der Zeit vom frühen Oxfordium bis zum späten Kimmeridgium. Die ersten Zähne und Knochen entdeckte 1998 der Fossiliensammler Holger Lüdtke, ihm zu Ehren trägt das Epitheton der Typusart seinen Vornamen. Die noch im gleichen Jahr von Lüdtke informierten Wissenschaftler hielten die Funde anfangs für die Überreste von juvenilen Großsauropoden. Sie wurden anschließend im Dinosaurierpark Münchehagen präpariert. Zusammen mit den Fossilien von Europasaurus fanden sich Fische, apotosauride Krokodile, Flugsaurier, Schildkröten und theropode Dinosaurier. Die Freilegung der Knochen ist noch längst nicht abgeschlossen und kann in der Schaupräparationswerkstatt des Dinosaurierpark Münchehagen beobachtet werden. Seit 1999 wurden ca. 1000 Knochen verschiedener Europasaurus Individuen präpariert. Funde von Sauropodenschädeln sind generell selten, die gut erhaltenen Schädelknochen von Europasaurus sind die ersten derartigen Fossilien in Europa.
Paläobiologie
Zu den Sauropoden gehören die größten Tiere, die je die terrestrischen (festländischen) Lebensräume bewohnten. Europasaurus zeigt gegenüber dem für Sauropoden typischen Gigantismus eine gegenteilige Entwicklung, die als Inselverzwergung gedeutet wird. Das ist eine bei Besiedlung von Inseln durch große Tiere rezent zu beobachtende deutliche Verringerung der Körpergröße als evolutionäre Anpassung an einen isolierten Lebensraum mit begrenztem Nahrungsangebot.
Es wird davon ausgegangen, dass aufgrund des enormen Selektionsdrucks der unbekannte Vorfahr von E. holgeri innerhalb von wenigen Generationen auf maximal etwa eine Tonne und 8 Metern verzwergte. Camarasaurus, der nächste bekannte Verwandte, war dreimal so lang und wog um die 30 Tonnen. Es ist bislang ungeklärt, ob der Vorfahr von Europasaurus auf der durch den steigenden Meeresspiegel (marine Transgression) schrumpfenden Insel isoliert wurde oder ob er erst später einwanderte und anschließend seine Körpergröße reduzierte.
Histologie der Röhrenknochen
Die Feststellung des relativen Individualalters gelang mit Hilfe der Histologie der Röhrenknochen an der Universität Bonn. Die Knochenmikrostruktur zeigt, dass Europasaurus im Gegensatz zu den Großsauropoden nur sehr langsam wuchs. Untersuchungen an Dünnschliffpräparaten des Knochenquerschnitts lassen Stillstandsmarken im Knochen erkennen, die Wachstumsunterbrechungen anzeigen. In der Knochenrinde (Kortikalis) der größten Röhrenknochen finden sich eng zusammenstehende Stillstandsmarken, die beweisen, dass ihr Wachstum zum Zeitpunkt des Todes bereits beendet war. Damit ist bewiesen, dass es sich bei den größten gefundenen Individuen um erwachsene Exemplare handelt, die ihre endgültige Größe bereits erreicht hatten.
Literatur
- P. Martin Sander, Octávio Mateus, Thomas Laven und Nils Knötschke: Bone histology indicates insular dwarfism in a new Late Jurassic sauropod dinosaur. In: Nature. 441, 2006, S. 739–741, (PDF-Datei)
Weblinks
- Presseinformationen der Universität Bonn
- Bone histology indicates insular dwarfism in a new Late Jurassic sauropod dinosaur Kurzfassung (abstract) von P. Martin Sander (2006) (engl.)
- Ergänzende Informationen zum Nature-Artikel Word-Datei (engl.)
- Ergänzende Informationen zum Nature-Artikel Abbildungen und Beschreibungen (engl.)
- Jurassic Harz Weiterführende Informationen von Nils Knötschke