Frankfurter Stadtwald


Jacobiweiher im Stadtwald
Das Königsbrünnchen an der Oberschweinstiege
Wasserspiele am Spielplatz Scheerwald
Gemarkungstafel im Frankfurter Stadtwald
Straßenbahnlinie 14 nach Neu-Isenburg im Stadtwald

Der Frankfurter Stadtwald ist der kommunale Waldbesitz der Stadt Frankfurt am Main. Im engeren Sinne bezeichnet der Begriff ein 5785 Hektar großes Waldgebiet im Süden Frankfurts, wovon 3866 Hektar innerhalb der Stadtgrenzen liegen.[1] Im weiteren Sinn bezeichnet der Begriff darüber hinaus alle Waldflächen, die auf Frankfurter Stadtgebiet liegen, darunter den Biegwald, Enkheimer Wald, Fechenheimer Wald, das Ginnheimer Wäldchen, Niedwald, Nieder-Erlenbacher und Nieder-Eschbacher Wald sowie den Riederwald. Die Waldflächen gehören zum Landschaftsschutzgebiet Frankfurter Grüngürtel.

Topografie, Geologie, Biologie

Der 4800 Hektar große Stadtwald erstreckt sich über eine Länge von etwa 16 Kilometern und eine Breite von etwa drei Kilometern in den südlichen Teilen von Schwanheim, Niederrad, Sachsenhausen und Oberrad sowie im nördlichen Teil des Stadtteils Flughafen. Neben der Dresdner Heide gehört er zu den größten kommunalen Wäldern in Deutschland. Er bildet den nördlichen Teil des Dreieichforstes, der aus dem mittelalterlichen Wildbann Dreieich hervorging.

Da der Stadtwald als die grüne Lunge der Mainmetropole gilt, existiert ein Magistratsbeschluss, wonach keine Eingriffe in den Baumbestand vorgenommen werden dürfen, es sei denn, es würde anderswo nachgepflanzt.

Gewässer im Stadtwald

Der von Oberforstmeister Dr. Jacobi in den Jahren 1931/32 durch Aufstauen des Königsbaches - neben der Kelster und dem Bach vom Mörderbrunnen einer von drei Wasserläufen, die durch den Stadtwald fließen - angelegte Teich wird von zahlreichen Frankfurtern statt mit dem offiziellen Namen Jacobiweiher wegen seiner Form als „Vierwaldstättersee“ bezeichnet.

Die meisten der insgesamt neun im Frankfurter Stadtwald liegenden, im 20. Jahrhundert von Menschenhand angelegten Stillgewässer tragen das Wort Weiher im Namen, obwohl es sich bei ihnen nach der Gewässerkunde um Teiche handelt. Dazu zählen neben dem Jacobiweiher der Tiroler Weiher, der Maunzenweiher, der Försterwiesenweiher und der Kesselbruchweiher. Das einzige natürlich entstandene Stillgewässer im Stadtwald, der Rohsee, ist dagegen ein Tümpel.[2]

Das Königsbrünnchen bildet die Fassung von vier Quellen und wurde 1881 errichtet. Das Wasser enthält Eisenhydroxid (Braunfärbung) und Schwefelwasserstoff (leicht fauliger Geruch).[3] Nur wenige 100 m weiter mündet der Bach in den Königsbach. Viele ältere Einwohner des angrenzenden Stadtteils Sachsenhausen sprechen dem Genuss des Wassers heilende Wirkung zu und füllen dort ihre wöchentliche Ration ab. Weitere Brunnen im Stadtwald sind der versiegte Königsbrunnen und der Mörderbrunnen.

Forstwirtschaft

Zur Pflege des Waldes und um devastierte oder licht gewordene Bestände wieder aufzuforsten, wurde bereits ab 1426 im Stadtwald gesät. Die Ausführung lag dabei in den Händen von aus Nürnberg entsandten Tannensäern, die Nürnberger Waldsamen (zumeist Waldkiefer) nach der ursprünglich von Peter Stromer entwickelten Nürnberger Technik ausbrachten. Trotzdem litt der Wald durch den jährlichen Vieheintrieb und die intensive Holznutzung im Laufe der Zeit so sehr, dass der Rat 1696 beschloss, der zunehmenden Waldverödung durch eine systematische Forstwirtschaft gegenzusteuern. Der Rat erließ eine Verordnung, welche die beiden Bürgermeister jeweils nach Ablauf ihrer einjährigen Amtszeit für ein weiteres Jahr zu Forstmeistern bestimmte, die für die Sicherung der Waldgrenzen, die Besserung der Wege und die Aufforstung verantwortlich waren. 1729 bestellte der Rat den ersten hauptamtlichen Oberförster, der das neu erbaute Oberforsthaus bezog. Ein weiteres Forsthaus entstand 1731 am Hinkelstein an der westlichen Waldgrenze.

Zur Pflege des Waldes teilte man den Unterwald in acht Teile, von denen immer zwei für jeweils 40 Jahre eingehegt bleiben sollten, um den Aufwuchs zu fördern. Weitere Verordnungen bestimmten, dass nur abgängiges, das heißt totes oder am Boden liegendes Holz gesammelt werden durfe, beschränkten die Holzabfuhr sommers auf einen Tag der Woche und winters auf zwei oder schränkten die Verwendung von Äxten ein. Trotzdem gelang es der zunächst geringen Zahl von Förstern nicht, den Waldfrevel der Sachsenhauser Bürger und der Bewohner der umliegenden Dörfer Schwanheim, Kelsterbach und Isenburg wirksam zu bekämpfen. Dies war vor allem auch eine Folge des raschen Bevölkerungsanstieges im 18. Jahrhundert. So stieg beispielsweise in Sachsenhausen die Zahl der auf das Einholen und den Handel von Holz angewiesenen Familien von 283 im Jahr 1729 auf 505 im Jahre 1763.

Erst unter dem aus Eppstein stammenden Oberförster Johannes Vogel, der von 1766 bis zu seinem Tode 1797 amtierte, gelang der Übergang zur modernen Forstwirtschaft. Er war so erfolgreich, dass sein Sohn Philipp Vogel (1797) und sein Enkel Friedrich Vogel (1822) zu seinen direkten Nachfolgern ernannt wurden und sein Werk fortführten.

Bis Mitte des 19. Jahrhunderts blieb das Waldgebiet weitgehend geschlossen, danach kam es durch den Eisenbahnbau und später den Bau von Straßen zu ersten Einschnitten. Größere Waldflächen gingen für den Bau der Pferderennbahn (1865) und des Waldstadions (1925) sowie für den Bau des Frankfurter Flughafens ab 1936 verloren. Die Waldverluste im 20. Jahrhundert belaufen sich auf insgesamt rund 500 Hektar.

Um die durch Grundwasserentzug verursachten Trockenschäden zu vermeiden, begann man 1907 zunächst versuchsweise und systematisch ab 1912 mit der gezielten Versickerung von Mainwasser. Im 20. Jahrhundert litt der Wald vor allem unter der zunehmenden Luftbelastung. 1993 erklärte die Stadt deshalb den größten Teil des Stadtwaldes, etwa 3800 Hektar, zum Bannwald, um ihn vor künftigen Eingriffen zu schützen.

Menschliche Nutzungsgeschichte

Prähistorische Nutzung und Antike (archäologische Funde)

Im Schwanheimer Wald sind 67 Hügelgräber aus der Hallstattzeit zu finden. Die Hügelgräber sind allerdings weder besonders gekennzeichnet noch speziell hervorgehoben. Die dort gefundenen Exponate befinden sich im Museum der Weltkulturen (früher Museum für Völkerkunde) und im Historischen Museum Frankfurt.

Ebenfalls im Schwanheimer Wald am westlichen Rand des Stadtwaldes, am Römerweg in der Nachbarschaft des Rohsees ist der Rest eines Brunnens aus spätrömischer Zeit zu besichtigen, der zu einer in der Nähe gelegenen Villa rustica gehörte. In dem zuvor mehrere Meter tiefen, heute zugeschütteten Brunnen wurde im Rahmen einer archäologischen Grabung eine römische Bestattung vorgefunden; die dazugehörenden Grabbeigaben sind im Heimatmuseum Schwanheim ausgestellt.[4]

Mittelalter

Im Mittelalter gehörte das Gebiet zum Wildbann Dreieich, einem königlichen Bannforst. Im Jahre 1221 schenkte der damals regierende Kaiser Friedrich II. Teile des heutigen Stadtwalds und die dazu gehörenden Jagd- und Weiderechte dem Deutschen Orden. Kaiser Karl IV. verpfändete 1351 den an Frankfurt angrenzenden Teil des Königsforstes für 400 Pfund Heller an den Wetterauer Landvogt Ulrich III. von Hanau. Zusammen mit anderen Erwerbungen, vor allem im Bereich des Bornheimerberges, drohte er, die Stadt damit einzuschließen und zu einem Teil seines Herrschaftsgebietes zu machen. 1363 erwarb der Frankfurter Patrizier Siegfried zum Paradies das Pfand am Reichsforst. Daraufhin schlossen sich mehrere Frankfurter Schöffen, darunter Johann von Holzhausen, zusammen und verhandelten mit dem Kaiser über eine Ablösung der Pfandrechte durch die Stadt. Am 2. Juni 1372 stellte Kaiser Karl IV. die Urkunde aus, mit der die Stadt gegen Zahlung von je 8800 Gulden das Schultheißenamt und den Reichsforst erwarben. Damit war die Stadt reichsunmittelbar geworden. Der große Stadtwald sicherte nicht nur ihre Holzversorgung, sondern diente auch als Weide- und Jagdgebiet. Gemäß der Urkunde gliederte sich der Stadtwald in den hauptsächlich von Eichen bewachsenen westlichen Unterwald und den östlichen Buchwald oder Oberwald.

1484 erwarb die Stadt schließlich durch einen Vergleich mit der Kommende des Deutschen Ordens für 1400 Gulden das Waldstück zwischen Sandhof und Niederrad, die sogenannte Holzhecke. Noch heute sind die zahlreichen Grenzsteine dieses Vergleichs am sogenannten Schäfersteinpfad zu sehen.

Neuzeit

Aus den Jahren 1491 bis 1812 sind die sogenannten Mastlisten erhalten, die Aufschluss über den jährlichen Vieheintrieb geben. Unter der Aufsicht eines dazu bestimmten Ratsmitgliedes erkletterten die Stieger im Herbst mit Hilfe von Steigeisen einzelne Mastbäume, um den zu erwartenden Ertrag an Eicheln und Bucheckern zu schätzen. Hiernach bestimmte sich die Anzahl der in den Monaten Oktober und November einzutreibenden Schweine. Durchschnittlich trieb man 500 bis 600 Tiere jährlich ein, im besten Mastjahr 1779 waren es bis zu 1470. Die Anfang des 18. Jahrhunderts erbauten Schweinstiegen im Ober- und im Unterwald dienten den Herden als Unterstände oder Ställe. Im Stadtwald auf Schwanheimer Gebiet stehen Gruppen von sogenannten „1000-jährigen Eichen“; das Alter der meisten davon wird jedoch auf höchstens etwa 500 Jahre geschätzt. Diese großen Bäume dienten bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts den Schwanheimer Landwirten als Huteeichen (→ Hutewald), deren reicher Ertrag vor Ort für die herbstliche Viehmast verwendet wurde.[5]

Verkehr

Der Wald ist durch ein Netz von 450 Kilometer Wanderwegen und 80 Kilometer Reitwegen erschlossen.

Der Stadtwald wird von fünf Straßenbahnlinien (12, 14, 19, 20 und 21) befahren, die auf die 1889 eröffnete Frankfurter Waldbahn zurückgehen. Zum Wäldchestag fährt eine zusätzliche Straßenbahnlinie, das Lieschen.

Freizeit und Erholung

Vier sogenannte Waldlehrpfade und Waldsportpfade durchziehen den Stadtwald. Gleichzeitig existieren 1600 Ruhebänke und 25 Schutzhütten, die bei schlechtem Wetter eine Unterstellmöglichkeit bieten. Sieben siedlungsnahe Waldspielplätze (darunter Tannenwald am Rande von Neu-Isenburg, Scheerwald, Louisa und Am Goetheturm, auf dessen Gelände eines der höchsten Holzgebäude Deutschlands, der Goetheturm steht) und neun Waldteiche bringen im Sommer zahlreiche Spaziergänger in diesen Teil Frankfurts.

  • Im Stadtwald findet jedes Jahr am Dienstag nach Pfingsten, dem Wäldchestag, ein traditionelles Volksfest statt. Seine Ursprünge lassen sich bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgen.
  • Der Stadtwald war von 1925–2005 Namensgeber des hier gelegenen Waldstadions.
  • Der Stadtwald bildet den südlichen Teil des Landschafts-, Naturschutz- und Naherholungsgebiets Frankfurter Grüngürtel. Durch Teile des Stadtwaldes verlaufen Abschnitte des Grüngürtel-Radrundwegs und des Grüngürtel-Rundwanderwegs.
  • Mit dem Monte Scherbelino befindet sich auch ein (ehemaliger) Müllberg im Stadtwald. Nachdem er seine eigentliche Funktion verloren hatte, wurde er ein beliebtes Ausflugsziel. Vor einigen Jahren wurde der gesamte Berg für den Besuch gesperrt, da eine Gesundheitsgefährdung nicht ausgeschlossen werden kann.
  • Im Stadtwald befinden sich mehrere Skulpturen nach Entwürfen des Frankfurter Zeichners und Autors F. K. Waechter aus der Reihe Komische Kunst im Grüngürtel. Dazu zählen eine Eule im Norwegerpullover, Monsterspecht und Monstereicheln sowie ein „Pinkelbaum“.
  • In der Nähe der Oberschweinstiege befindet sich die ehemalige Fasanerie und mit ihr seit 1995 das Stadtwaldhaus. Es ist um einen Eichenstamm herum gebaut und dient als Waldinformationszentrum. Neben Ausstellungen und pädagogisch aufbereiteten Lehrpfaden befinden sich dort Tiergehege und Volieren mit zum Teil verletzten Stadtwaldbewohnern, die nach der Genesung dort wieder eingegliedert werden. Durch ein Bullauge kann vom Hausinnern aus der Lauf der Jahreszeiten in einem direkt angrenzenden Teich beobachtet werden. Ein künstlicher Bach verläuft mitten durch die Ausstellungsräume.
  • Am Rand des Stadtwalds befindet sich der 1913 gegründete Frankfurter Golf-Club, eine 18-Loch-Golfanlage, auf der schon nationale und internationale Meisterschaften ausgetragen wurden.

Besonderes

  • Während der größte Teil des Stadtwaldes erhöht liegt, befindet sich der zur früher selbstständigen Gemeinde Schwanheim gehörende Waldanteil mit dem Naturschutzgebiet Schwanheimer Wiesen in der Mainebene. Zu dem südlich anschließenden sogenannten Frankfurter Unterwald ist er durch die acht Kilometer lange Kelsterbacher Terrasse scharf abgegrenzt – eine Geländestufe aus dem Erdzeitalter Pliozän, die ein Abschnitt der südlichen Begrenzung des Urstromtales des Flusses Main ist. Oberhalb der Terrasse verläuft der uralte Grenzweg als Teil der Altstraße von Frankfurt am Main nach Mainz.

Literatur

  • Otto Fleck, Unser Stadtwald, in: Heinrich Bingemer, Wilhelm Fronemann, Rudolph Welcker, Rund um Frankfurt, Verlag Englert und Schlosser, Frankfurt am Main 1924
  • Gerd-Peter Kossler (Hrsg.) und weitere Autoren: Wald im Süden Frankfurts: Stadtwald, Gravenbruch, Mönchbruch. Selbstverlag, Frankfurt am Main 1991. ISBN 3-9800853-2-5
  • Vinz de Rouet: Ich liebe Sachsenhausen! 33 Gründe Sachsenhausen zu lieben. Berlin 2010. ISBN 978-3-86931-738-0
  • Verschiedene Autoren: Natur vor der Haustür – Stadtnatur in Frankfurt am Main. Ergebnisse der Biotopkartierung. Kleine Senckenberg-Reihe 50, E. Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung (Nägele u. Obermiller), Stuttgart 2009. ISBN 978-3-510-61393-9

Weblinks

Commons: Frankfurter Stadtwald – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Stadtwald Frankfurt
  2. Magistrat der Stadt Frankfurt am Main, Umweltamt (Hrsg.): Stadtgewässer – Seen, Teiche, Tümpel. Frankfurt am Main, 2003
  3. Königsbach/Luderbach bei frankfurt.de
  4. Seite des Heimatmuseums Schwanheim auf der Website museen-in-hessen.de (abgerufen am 3. November 2011)
  5. Stadt Frankfurt am Main, Umweltamt, Projektgruppe GrünGürtel: Faltblatt Die Schwanheimer Alteichen im Frankfurter Grüngürtel, Regionalpark RheinMain, 2. Auflage, November 2009

Koordinaten: 50° 4′ 15″ N, 8° 39′ 30″ O