Gemtuzumab-Ozogamicin


Gemtuzumab-Ozogamicin

Masse/Länge Primärstruktur 151 bis 153 kDa
Bezeichner
Externe IDs CAS-Nummer: 220578-59-6
Arzneistoffangaben
ATC-Code L01XC05
DrugBank DB00056
Wirkstoffklasse Monoklonaler Antikörper, Zytostatikum

Gemtuzumab ozogamicin (Handelsname Mylotarg® ; Hersteller Wyeth) ist ein Immunkonjugat, das aus einem humanisierten, mit einem bakteriellen Toxin verbundenen, monoklonalen Antikörper besteht. Der monoklonale Antikörper ist gegen das CD33-Antigen gerichtet und wird in der Krebsimmuntherapie verwendet. Gemtuzumab ozogamicin wird in der Behandlung der akuten myeloischen Leukämie (AML) eingesetzt. Mylotarg® war seit 2000 in den USA zugelassen, wurde jedoch 2010 vom Markt genommen; ein Zulassungsantrag für die Europäische Union wurde 2008 abgewiesen.

Klinische Angaben

Anwendungsgebiete (Indikationen)

Gemtuzumab ozogamicin wird zur Behandlung der rezidivierenden akuten myeloischen Leukämie eingesetzt. In den USA ist die Zulassung auf Patienten beschränkt, die älter als 60 Jahre sind und für eine konventionelle Chemotherapie nicht in Frage kommen. Das Mittel wird durch Infusion verabreicht. Gemtuzumab ozogamicin darf bei bekannter Überempfindlichleit gegen einen der Bestandteile nicht angewendet werden. Das Arzneimittel ist bei Schwangerschaften kontraindiziert; eine schädliche Wirkung auf den Fötus ist anzunehmen.

Unerwünschte Wirkungen (Nebenwirkungen)

Die häufigsten Nebenwirkungen sind Schüttelfrost, Fieber, Übelkeit, Erbrechen und Kopfschmerzen. Oft werden vor der eigentlichen Behandlung Arzneimittel zur Vermeidung einer Infusionsreaktion gegeben. Die Behandlung mit Gemtuzumab ozogamicin kann die normale Blutbildung negativ beeinflussen und zu langanhaltender Myelosuppression führen. Viele Patienten erleiden eine Neutropenie und/oder eine Thrombozytopenie. Auch Lebertoxizität und ein sinusoidales Obstruktionssyndrom wurden beobachtet.

Pharmakologische Eigenschaften

Der Antikörper Gemtuzumab ist gegen das CD33-Antigen gerichtet, einem Sialinsäure bindenden Lektin aus der SIGLEC-Familie, das bei zirka 80 % der AML-Patienten auf der Zelloberfläche der leukämischen Blasten nachgewiesen werden kann. Wenn Gemtuzumab ozogamicin an CD33 auf der Zelloberfläche der Blasten bindet, wird ein Komplex gebildet, der in die Zelle aufgenommen wird. Dort wird das Toxin freigesetzt und die Giftwirkung tritt ein. Die CD33 exprimierenden Zellen sollen so selektiv abgetötet werden.

Sonstige Informationen

Chemische Informationen

Der Wirkstoff ist ein Konjugat aus dem humanisierten, rekombinant hergestellten monoklonalen Antikörper Gemtuzumab vom Typ IgG4 mit dem Toxin Calicheamicin aus dem Bakterium Micromonospora echinospora. Das Toxin wird über einen bifunktionalen Linker kovalent an den Antikörper gebunden. Im Schnitt soll jedes konjugierte Antikörpermolekül vier bis sechs Toxinmoleküle tragen; allerdings sind zirka 50 % der Antikörpermoleküle gar nicht mit Toxinmolekülen beladen.

Studien

Für die Zulassung wurde die therapeutische Wirksamkeit in drei klinischen Studien der Phase II untersucht. Alle Studien waren weder kontrolliert noch verblindet. Insgesamt nahmen 277 Patienten im Alter von 20 bis 87 Jahren an diesen Studien teil. Der primäre Endpunkt der Studien war die Zahl der Patienten, die vollständige Remission zeigten; dies war bei 13 % der Patienten der Fall.

Geschichtliches

Mylotarg wurde im Mai 2000 in den USA von der Food and Drug Administration zur Behandlung der akuten myeloischen Leukämie zugelassen. Das war die erste Zulassung eines Antikörper-Toxin-Konjugates weltweit. Darüber hinaus erhielt das Arzneimittel sowohl in den USA als auch in der Europäischen Union den Status eines Orphan-Arzneimittels.

Ein Zulassungsantrag für die Europäischen Union wurde 2008 abgewiesen. Im Herbst 2007 hatte der Ausschuss für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittelagentur nach einer ungewöhnlich langen Bearbeitungszeit eine negative Beurteilung für Mylotarg abgegeben, die in einer nochmaligen Überprüfung Anfang 2008 bestätigt wurde. Auf der Grundlage dieser wissenschaftlichen Beurteilung lehnte die Europäische Kommission die Zulassung im April 2008 ab. Zur Ablehnung trugen in erster Linie die vorgelegten Daten zum Wirksamkeitsnachweis bei. Die EMEA war der Ansicht, dass mit dem gegebenen Studiendesign, der heterogenen Patientenpopulation und der geringen Zahl der Patienten mit vollständiger Remission die Wirksamkeit in der angegebenen Indikation nicht hinreichend nachgewiesen wurde; angesichts der teils schweren Nebenwirkungen sei damit auch das Nutzen-Risiko-Verhältnis ungünstig.

Literatur